Auch in diesem Jahr ist Italien an Fronleichnam in religiöser Hinsicht geteilt. Während in Mailand, dem größten Bistum des Landes, Erzbischof Mario Delpini für Donnerstagabend eine feierliche Prozession angesetzt hat, findet selbige in Rom erst am Sonntag statt. Sie wird, erstmals seit sechs Jahren, wieder von Papst Franziskus angeführt, der Bischof von Rom ist.
Außer im Erzbistum Mailand wird traditionell auch in Orvieto, wo das Fronleichnamsfest im 13. Jahrhundert entstand, die Prozession am Donnerstag abgehalten. Viele weitere Bistümer und Pfarreien halten ebenfalls am traditionellen Fronleichnamstag fest, dem Donnerstag in der zweiten Woche nach Pfingsten.
Bruttosozialprodukt ankurbeln
Der Flickenteppich beim religiösen Brauchtum ist Folge einer Entscheidung des italienischen Gesetzgebers. Der hatte 1977 entschieden, fünf kirchliche und zwei staatliche Festtage jeweils auf den darauffolgenden Sonntag zu verlegen. Damit bekam Italiens Wirtschaft sieben zusätzliche Arbeitstage geschenkt, um das Bruttosozialprodukt anzukurbeln.
Italiens Bischöfe schlossen sich der staatlichen Gesetzgebung damals vergleichsweise geräuschlos an - und verlegten die kirchlichen Hochfeste Epiphanie (6. Januar), Sankt Joseph (19. März), Peter und Paul (29. Juni) sowie die beiden beweglichen Feiertage Christi Himmelfahrt und Fronleichnam jeweils auf die darauffolgenden Sonntage.
Von Staat und Kirche unangetastet blieben hingegen die beiden großen Marienfeiertage Himmelfahrt (15. August) und Unbefleckte Empfängnis (8. Dezember). In den 2000er Jahren wurden dann einige der faktisch abgeschafften gesetzlichen Feiertage wieder in die Woche zurückverlegt, darunter auch das Fest Epiphanie (Dreikönigstag), das in Italien "Befana" heißt.
Geregeltes Durcheinander
Zu Fronleichnam herrscht hingegen auf der italienischen Halbinsel seit Jahren ein geregeltes Durcheinander. Im Vatikan ist weiterhin der traditionelle Fronleichnams-Donnerstag ein kirchlicher und staatlicher Feiertag. Der Papst führte in Rom zunächst weiter an diesem Tag die große Fronleichnamsprozession von der Lateranbasilika zur Basilika Santa Maria Maggiore.
Die römischen Pfarreien hingegen feierten das Fest bis vor kurzem drei Tage später, am Sonntag. Erst unter Papst Franziskus (seit 2013) schloss sich der Bischof von Rom der nationalen Regelung an und verlegte die von ihm geleitete Fronleichnams-Prozession ebenfalls auf den Sonntag.
Anders entwickelten sich die Dinge in Mailand. Das in liturgischen Fragen stets relativ eigenständige Erzbistum im Norden des Landes entschied 2008, wieder zur Prozession am Donnerstag zurückzukehren.
Seither feiern die Mailänder Fronleichnam am selben Tag wie auch die katholischen Bistümer nördlich der Alpen. Ein staatlicher Feiertag ist der Fronleichnamsdonnerstag aber in Mailand nicht wieder geworden.