Der Regionalobere der Jesuiten im Heiligen Land, David Neuhaus, denke nicht, dass es in Israel so etwas wie "die" christliche Gemeinschaft gebe, sagte Neuhaus im Interview des Portals katholisch.de (Samstag) eine Woche nach dem Großangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel.
Hebräische und arabische Christen haben unterschiedliche Blickwinkel
"Viele Christen im Heiligen Land sind palästinensische Araber – und schauen auch als solche auf die Geschehnisse. Einige Christen sind hebräisch sprechende Israelis und haben deshalb auch einen israelischen Blickwinkel."
Die religiösen Führer des Heiligen Landes und er selbst auch hätten gerne, dass Christen mit einem besonderen Blick auf die Welt schauen: "mit mehr Feindesliebe, Gerechtigkeitssinn, Versöhnung und vor allem dem christlichen Kernwert der Vergebung", sagte Neuhaus, der in Südafrika geboren wurde und im Alter von 15 Jahren nach Jerusalem kam.
Auch Christen werden von ihren gesellschaftlichen Gruppen eingenommen
"Aber mitten in einem Kampf, in dem Menschen brutal umgebracht werden, werden Christen von ihren gesellschaftlichen Gruppen eingenommen. Sie sind Teil des Ganzen wie jeder andere normale Mensch – und das nicht immer in positiver Hinsicht."
Dabei könnten das Christentum als Religion, die Kirche und ihre Führungspersönlichkeiten eine wichtige Rolle spielen – "indem sie eine Sprache sprechen, die nicht in das Loch einer Sprache von Verachtung, Hass und Rache fällt, die von vielen politischen Führern hier und weltweit gesprochen wird", so Neuhaus.
Perspektive auf Krieg als Lösung laut Neuhaus "destruktiv"
Auch wenn sie sie nicht immer nutzten, hätten christliche Führer die Möglichkeit, dagegenzuhalten.
"Papst Franziskus hat gesagt, dass ein Krieg für alle Beteiligten eine Niederlage ist. Damit formuliert er eine Wahrheit, die in den politischen Diskurs hineingetragen werden muss. Denn momentan heißt es oft: Der Krieg ist unsere Lösung, ein Sieg ist möglich. Solche Haltungen sind sehr destruktiv", sagte Neuhaus.