Theologe fordert Muslime auf Weihnachten zu würdigen

"Jesus geht Muslime sehr viel an"

Sechs Millionen Muslime gibt es in Deutschland. Können oder sollten sie sich am Weihnachtsfest beteiligen? Der islamische Theologe Mouhanad Khorchide geht sogar noch weiter, schließlich werde Jesus im Koran stärker gewürdigt als Mohammed. 

Weihnachten kann auch für Muslime eine Rolle spielen / © Zurijeta (shutterstock)
Weihnachten kann auch für Muslime eine Rolle spielen / © Zurijeta ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Kann man Ihnen als Muslim denn "Frohe Weihnachten" wünschen?

Prof. Dr. Mouhanad Khorchide (Professor für Islamische Religionspädagogik, Universität Münster): Ich finde man kann und man sollte auch. Muslime glauben ja an Jesus und seine Geburt. In der 19. Sure des Korans – die übrigens den Namen Maria trägt – wird die Geburt Jesu ausführlich dargelegt. Sehr ähnlich, wie es auch in der Bibel dargelegt ist. Das heißt, Jesus geht Muslime sehr viel an.

Das ist die theologische Auslegung. In der Lebenspraxis geht es um eine soziale Identität. Und gerade in der Situation der Migration merken wir, dass manche doch auf Ab- und Ausgrenzung abzielen und diskutieren: Darf ich überhaupt dem christlichen Nachbarn zu Weihnachten gratulieren oder nicht?

Dürfen wir Muslime Weihnachten feiern? Da gibt es einige, die sagen, das dürfen wir nicht. Wir dürfen nichts annehmen, das christlich ist. Das wird in der islamischen Welt sehr kontrovers Welt diskutiert - auch, ob man überhaupt einen Weihnachtsbaum haben darf. Da kenne ich solche und solche Muslime.

DOMRADIO.DE: Aber Sie sehen das Thema persönlich eher entspannt?

Khorchide: Ich sehe es nicht nur entspannt, sondern ich sehe es sogar als Brücke. Also Jesus dient als Brücke zwischen Islam und Christentum. Er ist eine Figur, die im Christentum sowieso im Zentrum steht, aber im Koran genau so.

Im Koran wird Jesus viel stärker gewürdigt, steht viel mehr im Zentrum, als Mohammed selbst. Das wissen die wenigsten. Jesus wird im Koran als das Wort Gottes, Geist Gottes bezeichnet. Die Wunder Jesu werden auch im Koran beschrieben.

Deshalb finde ich: Muslime sollten auch diesen Tag würdigen. Wenn ich sage, man gratuliert sich, oder feiert sogar Weihnachten, dann heißt das nicht, dass Muslime Christen werden, aber sie rufen diese Würdigung in Erinnerung.   

DOMRADIO.DE: Wie sieht es denn mit der Feier und den Traditionen der Weihnacht aus? Gibt es da etwas, das in der islamischen Welt auch stattfindet? Oder ähnliche Anlässe?

Khorchide: Ich kenne Familien, die an Weihnachten die Jesus-Geschichte aus dem Koran den Kindern erzählen. Das sind dann aber Familien, die eher in Europa oder anderen christlichen Ländern leben.

Ansonsten haben wir ja unsere muslimischen Feste, wie das sogenannte Zuckerfest, den Ramadan, oder auch das Opferfest. Das sind die muslimischen Feste, die auch Tage der Besinnlichkeit sind. Tage, an denen man in sich hinein geht, an denen die Spiritualität eine Rolle spielt. Das sind dann für Muslime ähnliche Anlässe, wie für Christen das Weihnachtsfest.

Das Gespräch führte Renardo Schlegelmilch.


Mouhanad Khorchide, Leiter des Zentrums für Islamische Theologie  / © Lars Berg (KNA)
Mouhanad Khorchide, Leiter des Zentrums für Islamische Theologie / © Lars Berg ( KNA )
Quelle:
DR
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