Josef Schuster kann Corona-Pandemie helle Seite abgewinnen

Neue Wahrnehmung kann zu "höherer Lebensqualität" führen

Das Leben mit dem Coronavirus habe deutlich gemacht, dass viele Dinge nicht selbstverständlich seien, so der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster. Darunter Urlaubsreisen, aber auch Familienfeste und Gemeindebesuche.

Jüdisches Neujahrsfest mit Mund-Nasenschutz und Desinfektionsmittel / © tomertu (shutterstock)
Jüdisches Neujahrsfest mit Mund-Nasenschutz und Desinfektionsmittel / © tomertu ( shutterstock )

Vor dem jüdischen Neujahrsfest Rosch Haschana hat der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, dazu aufgerufen, auch die helle Seite der aktuellen Corona-Pandemie zu sehen. "Wir können uns zum Beispiel bewusst machen, wie viel wir inzwischen gelernt haben.

Wir haben eine neue Sensibilität für Hygiene entwickelt. Wir haben verstanden, dass wir auch dann im Laden an die Reihe kommen, wenn wir nicht drängeln, sondern mit Abstand in der Schlange warten", schreibt Schuster in einem Gastbeitrag für die "Jüdische Allgemeine" (Donnerstag). Rosch Haschana beginnt an diesem Freitagabend und dauert bis Sonntag.

Schuster: "Annehmlichkeiten bewusst genießen"

Auch dürfe man nicht alle Annehmlichkeiten selbstverständlich nehmen, sondern schätze sie wieder mehr: "das Zusammensein mit Familie und Freunden, die Urlaubsreise, unsere Gesundheit, der Besuch eines Restaurants oder eines kleinen Konzerts". Dazu gehörten auch der Besuch von Gemeindezentren und Gottesdiensten.

"Diese Annehmlichkeiten bewusst zu genießen, weil sie eben nicht mehr selbstverständlich sind, kann trotz aller Beschränkungen zu einer höheren Lebensqualität führen", schreibt Schuster.

Selbst mit Blick auf den Anschlag auf die Synagoge in Halle lasse sich eine helle Seite ausmachen, auch wenn es viel schwieriger sei, betonte Schuster. "Ich erinnere mich nicht, je so viel solidarische Schreiben erhalten zu haben wie nach dem Anschlag." Auch sei der Zusammenhalt in der Gemeinde in Halle offenbar noch gewachsen.

"Als eine Art Zusammenrücken habe auch ich insgesamt die Stimmung in unserer Gemeinschaft nach Halle empfunden." Zudem sei ein starkes Selbstbewusstsein zu spüren: "Das Selbstbewusstsein, dass wir uns von einem Attentäter nicht vertreiben lassen. Dass wir uns nicht einschüchtern lassen." 

Josef Schuster

Josef Schuster wurde am 20. März 1954 in der israelischen Hafenstadt Haifa geboren. Er kam als Kleinkind nach Unterfranken, wo seine Familie jahrhundertelang gelebt hatte. Sein Vater David stammte aus Bad Brückenau. 1938 zwangen die Nazis die Familie dazu, Deutschland zu verlassen, 1956 kehrten sie zurück nach Würzburg.

Josef Schuster studierte nach dem Abitur Medizin in Würzburg und ließ sich dort 1988 als Internist mit einer eigenen Praxis nieder, die der zweifache Vater bis 2020 führte. Er ist bis heute hin und wieder als Notarzt tätig.

Josef Schuster / © Harald Oppitz (KNA)
Josef Schuster / © Harald Oppitz ( KNA )

 

Josef Schuster / © Harald Oppitz (KNA)
Josef Schuster / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA
Mehr zum Thema