DOMRADIO.DE: Ist der Herbst eine gute Zeit, um nach Lissabon zu fahren?
Christina Weise (Journalistin und Buchautorin, lebt in Lissabon): Der Herbst ist eine der besten Reisezeiten, zusammen mit dem Frühling. Zurzeit wird es zwar nochmals richtig heiß, aber normalerweise sind die Temperaturen rund um die 25 Grad.
Es ist meistens sonnig mit einer kühlen Brise. Abends wird es aber schon kühler. Also, es ist wirklich angenehm. Wer den Sommer ein bisschen verlängern möchte, der kann einfach nach Lissabon kommen.
DOMRADIO.DE: Zu Fuß lässt sich eine Stadt besonders gut erkunden. Wie gut ist Lissabon denn fürs Spazieren geeignet?
Weise: Lissabon ist tatsächlich nichts für Spazieranfänger, weil es hier unglaublich viele Hügel gibt. Die Gehwege sind nicht immer besonders gut ausgebaut. Das heißt, es gibt viele Löcher, es ist oft rutschig.
Das ist zwar teilweise anstrengend, man wird aber oft mit einer super schönen Aussicht belohnt, wenn man diese Hügel erklommen hat.
In meinem Buch sind auch Spaziergänge dabei, die beispielsweise am Fluss entlang führen und deshalb keine steilen Steigungen aufweisen.
Ein anderer einfacher Spaziergang führt durch das ehemalige Expogelände. Man kann sich also für die ersten Tage die entspannteren Spaziergänge heraussuchen oder auch welche, die oben starten und dann nur bergab gehen. Damit es nicht immer so anstrengend ist.
DOMRADIO.DE: Wie sehr prägen Kirchen und Klöster das Stadtbild? Kommt man auf jedem der Spaziergänge an einem Gottes- oder Ordenshaus vorbei?
Weise: Ja, auf fast jedem. Bei sieben der zwölf von mir beschriebenen Spaziergänge kommt man an Kirchen vorbei. Wenn man durch den Stadtwald geht, sieht man tatsächlich keine Kirche. Und auch nicht in dem eben erwähnten ehemaligen Expogelände oder einem Industrieviertel, welches jetzt so langsam hip wird. Da gibt es stattdessen Kulturzentren, Bars und Diskotheken.
Aber sonst kommt man auf jeden Fall an Kirchen vorbei. Die meisten sieht man interessanterweise auf dem Spaziergang durch das Kneipenviertel der Oberstadt. Das ist nämlich nicht nur das Kneipenviertel, sondern auch eines der ältesten Viertel der Stadt.
Da gibt es auch zwei echte Geheimtipps. Das sind zwei Klöster. Eines liegt etwas außerhalb des ganzen Treibens, wo auch noch Dominikanerinnen wohnen. Das ist der Convento dos Cardaes. Klosterladen und Kapelle sind da gratis zugänglich. Das Kloster ist sehr schön mit diesen typisch portugiesischen Kacheln.
Und das andere liegt wirklich an einer der beliebtesten Straßen Lissabons, wo sich auch ein sehr schöner Aussichtspunkt befindet, San Pedro de Alcantara, also Sankt Petrus. Da sind ganz selten Leute drin.
Es ist wirklich schön, wenn man mal aus dem Trubel aussteigen will. Da gibt es eine komplett mit Marmor ausgestaltete Kapelle und die Kirche ist auch sehr sehenswert, auch wieder mit Kacheln und goldenen Ornamenten.
Und dann gehen wir weiter und kommen direkt zur Kirche Sao Roque, die in meinem Empfinden eine der pompösesten Kirchen Lissabons ist, mit einem neuen Seitenaltar aus komplett blauem Marmor.
Danach gelangt man zur Kirchenruine des Convento do Carmo, die bei dem Erdbeben im 17. Jahrhundert zerstört wurde und nie wieder komplett aufgebaut wurde. Besonders schön ist das Skelett von dem Gewölbe. Das steht komplett in weiß vor dem immer sehr blauen Himmel. Das ist dann auch ein persönliches Highlight, eine ganz andere Kirchenbesichtigung.
DOMRADIO.DE: Dass die Pasteis de Nata ziemlich lecker sind, hat sich längst auch außerhalb Portugals herumgesprochen. Diese kleinen Törtchen haben einen kirchlichen Hintergrund, der auf einem der Spaziergänge am Wegesrand liegt.
Weise: Die Pasteis de Nata kommen aus Belem. Das war früher eine eigenständige Vorstadt von Lissabon, heute ist es ein Stadtteil von Lissabon. Da liegt das berühmte Hieronymitenkloster.
Es ranken sich viele Legenden um die Pasteis de Belem. Eine, die sich besonders hartnäckig hält, ist eben, dass sie wirklich aus diesem Kloster kommen, weil die Mönche von Gläubigen oft Eier und Milch geschenkt bekommen haben.
Dazu kamen dann noch Zucker, Vanille und Zimt aus den Überseegebieten. Denn die Schiffe der portugiesischen Seefahrer kamen in Belem an und das Eiweiß wurde zum Stärken der Roben benutzt.
Deswegen wurden hauptsächlich Eigelb und Milch für die Nachtische verwendet. Aus diesen Zutaten wurden daher verschiedene Törtchen und Nachtische kreiert, unter anderem die Pasteis de Nata. Bis heute werden diese nach diesem alten Rezept hergestellt und gebacken. Mittlerweile sind sie weltweit total beliebt.
Das Interview führte Hilde Regeniter.
Information der Redaktion: Der Reiseführer "Zu Fuß durch Lisssabon - 12 Spaziergänge" ist im Droste Verlag erschienen: https://www.droste-verlag.de/buecher/titel/zu-fuss-durch-lissabon.html