Jürgen Becker hält Karneval trotz Krieges für verantwortbar

"Mit Bedacht kann man das machen"

Schon 1991 wurde der Rosenmontagszug wegen des Golfkriegs abgesagt. Doch Jürgen Becker schuf damals zu einer Stunksitzung eine Alternative und hält auch heute ein Feiern im Karneval für richtig und angemessen.

Karnevalisten in Köln / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Karnevalisten in Köln / © Rolf Vennenbernd ( dpa )
Kabarettist Jürgen Becker / © Jörg Loeffke (KNA)
Kabarettist Jürgen Becker / © Jörg Loeffke ( KNA )

DOMRADIO.DE: Als es 1991 vom Festkomitee eine offizielle Absage für den Rosenmontagszug gegeben hat, da hat sich etwas anderes entwickelt, an dem Sie maßgeblich mit beteiligt waren. Was war das?

Jürgen Becker (Kabarettist, Autor und Fernsehmoderator): Es gab diesen wilden Zug, diesen anarchistischen Rosenmontagszug, der sich entwickelt hat. Wir haben dann zu einer Stunksitzung damals aus einem großen Rübenanhänger schnell einen Wagen gebastelt, wo eine Band draufpasste und ein Traktor davor.

Und dann sind wir quasi als einziger Wagen im Rosenmontagszug gefahren, der dann aber wild und anarchistisch war. Und es haben sich viele Gruppen getroffen, auch vom traditionellen Karneval. Die Roten Funken waren dabei, Gisbert Brovot, der Festkomiteepräsident, der damals im Amt war.

EU-Spitzen verurteilen russischen Angriff auf die Ukraine scharf

Die EU-Spitzen Charles Michel und Ursula von der Leyen haben den russischen Angriff auf die Ukraine scharf verurteilt und mit weiteren Sanktionen gedroht. "Wir verurteilen den ungerechtfertigten Angriff Russlands auf die Ukraine aufs Schärfste", schrieben der Ratschef und die Kommissionspräsidentin am Donnerstagmorgen gleichlautend auf Twitter. Zugleich kündigten sie an: "Wir werden den Kreml dafür zur Rechenschaft ziehen."

Ihre Gedanken seien in diesen dunklen Stunden bei der Ukraine und den unschuldigen Frauen, Männern und Kindern, die um ihr Leben fürchteten.

Ukrainer warten an einem Grenzübergang vom prorussischen Separatistengebiet zum Gebiet der ukrainischen Regierung / © Vadim Ghirda/AP (dpa)
Ukrainer warten an einem Grenzübergang vom prorussischen Separatistengebiet zum Gebiet der ukrainischen Regierung / © Vadim Ghirda/AP ( dpa )

Ich habe ihn dann auf dem Alter Markt getroffen und ihn gefragt, wo denn der Zug lang geht. Keiner wusste, wo der Rosenmontagszug eigentlich normalerweise her geht. So genau kannten wir das alle nicht und selbst er wusste es nicht. Aber die Polizei, die hat uns dann geleitet.

DOMRADIO.DE: Es gab letzten Endes dann ungefähr sieben Rosenmontagszüge in diesem Jahr 1991. Was war die Motivation dahinter?

Becker: Es ist genau wie jetzt eben auch: Wenn Putin meint, er müsste da Kultur zerstören, dann dürfen wir ja unsere eigene Kultur nicht aufgeben. Und Karneval ist Volkskultur, vergleichbar - würde ich sagen - mit Fußball, wo jeder mitmachen kann, wo jeder willkommen ist. Und das ist gut, dass es das gibt.

Deswegen würde ich auch jetzt im Moment keine großen Paraden machen. Aber ich finde, im Kleinen kann man ruhig zeigen, dass man noch da ist.

DOMRADIO.DE: Viele Radiosender haben ihr Programm komplett umgeworfen und den Karneval aus dem Programm genommen vor dem Hintergrund, dass jetzt die Panzer rollen und Menschen sterben. Was sagen Sie denn dazu?

Jürgen Becker

"Aber deswegen nützt ihnen das ja nichts, wenn wir jetzt alle wieder nach Hause fahren. Das bringt der Ukraine nichts. Insofern würde ich sagen, mit Bedacht kann man das machen."

Becker: Ja, das ist richtig. Das hätte ich auch gemacht, wenn ich Redakteur wäre. Aber was die Leute privat machen, das - finde ich - ist eine andere Sache als eine Radiosendung zu gestalten, die auch Leute hören, die das gar nicht unbedingt hören wollen. Also, wenn jetzt Karnevalsmusik im Radio läuft und man ist auf der Autobahn und hört dann die Nachrichten aus der Ukraine, dann passt das nicht. Das ist richtig. Dass auch das DOMRADIO so entschieden hat, finde ich gut. Würde ich auch so machen.

Dennoch kann man sagen, wenn sich Leute vorher schon verabredet haben, das lässt sich jetzt nicht mehr stoppen. Viele sitzen in den Zügen, zehntausende Leute sind auf dem Weg nach Köln. Das kriegt man jetzt gar nicht mehr reguliert. Das ist einfach jetzt im Gange und das finde ich auch gut. Das kann man machen. Man denkt an die Menschen in der Ukraine. Das ist eigentlich nicht egal, überhaupt nicht.

Aber deswegen nützt ihnen das ja nichts, wenn wir jetzt alle wieder nach Hause fahren. Das bringt der Ukraine nichts. Insofern würde ich sagen, mit Bedacht kann man das machen.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Quelle:
DR