Jüsten wünscht Steinmeier Kraft für fünf weitere Jahre

Vor der Wahl des neuen Bundespräsidenten

Bei früheren Bundespräsidentenwahlen konnte es schon mal eng werden. Doch in diesem Jahr wird Frank-Walter Steinmeier voraussichtlich eindeutig in seinem Amt bestätigt. Die Gründe dafür nennt der Leiter des Katholischen Büros.

Schloss Bellevue, Sitz des Bundespräsidenten / © Christophe Gateau (dpa)
Schloss Bellevue, Sitz des Bundespräsidenten / © Christophe Gateau ( dpa )

DOMRADIO.DE: Welchen Eindruck haben Sie von Frank-Walter Steinmeiers bisheriger Amtsführung?

Prälat Karl Jüsten (Leiter des katholischen Büros, Berlin): Der Bundespräsident hatte ganz am Anfang seiner Amtszeit schon eine große Entscheidung herbeizuführen, nämlich dass die letzte Große Koalition zusammenkommt. Nach dem Wahlergebnis vor vier Jahren gab es ja zunächst keine Koalition. Dann hat er natürlich viele Akzente auf Reisen gesetzt. Er ist sehr viel im Ausland unterwegs gewesen, bis Corona ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Und da hat er vor allen Dingen versucht, im Inneren zu wirken.

Karl Jüsten, Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe - Katholisches Büro in Berlin / © Jannis Chavakis (KNA)
Karl Jüsten, Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe - Katholisches Büro in Berlin / © Jannis Chavakis ( KNA )

Unvergessen ist mir sein Akt, den er gemacht hat – zum Gedenken an die Toten der Corona-Pandemie und zum Dank für die vielen Menschen, die da geholfen haben. Ich glaube, dass er ein Bundespräsident ist, der versucht, sehr nah bei den Menschen zu sein, wir denken an die Hochwasserkatastrohe. Der Schwerpunkt seiner Amtszeit inhaltlicher Art war sicher die Stärkung der Demokratie im Inneren.

DOMRADIO.DE: Frank-Walter Steinmeier ist praktizierender evangelischer Christ. So ist es kein Wunder, dass es vor der Wahl einen ökumenischen Gottesdienst gibt. Welche Bedeutung hat der?

Jüsten: Den Gottesdienst feiern wir eigentlich immer aus Anlass jeder Wahl eines Bundespräsidenten. Und eigentlich haben bisher alle Bundespräsidenten gerne an diesem Gottesdienst teilgenommen und mitgefeiert, auch die Kandidatinnen und Kandidaten. Das ist eigentlich eine gute, eingeübte Tradition.

Vor großen, wichtigen Ereignissen haben wir Christen das Bedürfnis, uns bei Gott zu vergewissern. Und das ist ein großes und wichtiges Ereignis für die Kandidaten, aber natürlich auch für unser Land. Deshalb ist es gut und schön, dass die Menschen vor der Bundesversammlung in den Gottesdienst kommen.

Was man über die Wahl des Bundespräsidenten wissen muss

Die Wahl des Bundespräsidenten ist in Artikel 54 des Grundgesetzes geregelt. Zusätzlich gilt das knapp gefasste Gesetz über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung.

Die Bundesversammlung

Reichstag in Berlin vor der Wahl des Bundespräsidenten / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Reichstag in Berlin vor der Wahl des Bundespräsidenten / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sie sitzen an der Schnittstelle zwischen Politik und katholischer Kirche, kommen häufig mit der Politik ins Gespräch. Spielen Kirchenthemen und Glaubenszugehörigkeiten eine Rolle, wenn Sie sich unterhalten?

Jüsten: Kirche ist immer ein großes Thema. Im Augenblick muss ich sehr viel über die Situation der katholischen Kirche erklären, wegen der Missbrauchsfälle und der schleppenden Aufarbeitung. Da merkt man auch bei den Politikern, dass sie Sorgen um die Kirche haben, weil doch viele sagen, wir brauchen starke Kirchen, wir brauchen lebendige Kirchen, weil die Kirchen ja auch einen wichtigen Beitrag für das Gemeinwesen leisten.

Was mich dann besonders freut, ist, dass in dieser Situation die meisten Politiker, vor allen Dingen das Engagement der Gläubigen vor Ort zu schätzen wissen. Die kommen ja oftmals in ihren Wahlkreisen auch mit den Gemeinden zusammen, sehen was Kirchengemeinden, was Caritas, Diakonie auf der evangelischen Seite, unsere Jugendverbände nach wie vor zu leisten imstande sind.

Deshalb ist ihnen das wichtig. Selbst Politiker, die vielleicht gar nicht in der Kirche sind, wissen gerade diesen Beitrag für die Gesellschaft zu schätzen.

DOMRADIO.DE: Frank-Walter Steinmeier oder einer seiner Gegenkandidatinnen oder -kandidaten werden durch die Bundesversammlung gewählt. Welches Vertrauen sprechen ihm die Mitglieder da aus?

Jüsten: Es ist üblich, dass mehrere Kandidaten zu einer Bundespräsidentenwahl antreten. Ich habe auch schon erlebt, dass es sehr knapp war und dass erst nach mehreren Wahlgängen ein Kandidat gewählt wurde. Das gehört zur Demokratie selbstverständlich dazu.

Die Aufgaben des Bundespräsidenten sind vielfältig, aber gar nicht so viel, wie man meinen mag. Da ist die Ausfertigung von Gesetzen, die Repräsentation der Bundesrepublik Deutschland auch gegenüber dem Ausland und die Prüfung von Gesetzen, ob diese verfassungskonform sind. Der Bundespräsident ernennt die Ministerinnen und Minister, den Bundeskanzler, das Kabinett. Das sind seine wesentlichen Aufgaben.

Prälat Karl Jüsten (Leiter des Katholischen Büros)

Frank-Walter Steinmeier wirkt durch seine Person.

Aber das Amt wirkt, mehr durch seine Person. Alle Bundespräsidenten haben mehr durch ihr Engagement im Inneren gewirkt, durch Reden, durch Besuche von Menschen, durch Zuhören, durch Mut machen. Gerade jetzt in der Corona-Pandemie hat der Bundespräsident immer wieder auch das Wort erhoben, Menschen ermutigt bei den Lockdowns und bei den Einschränkungen durchzuhalten. Ich glaube, darauf kommt es beim Bundespräsidenten noch viel mehr an. Er hat die sehr wichtige Aufgabe, das Land im Inneren zusammenzuhalten. Deshalb ist es für ihn und für das Land gut, wenn er von den großen und wichtigen Parteien im Deutschen Bundestag unterstützt wird.

DOMRADIO.DE: Was wollen Sie Frank-Walter Steinmeier, dem mutmaßlichen Bundespräsidenten, für die nächsten fünf Jahre mit auf den Weg geben?

Jüsten: Da wir uns gut kennen, und da er ein guter Christ ist, wünsche ich ihm vor allem Gottes Segen. Ich wünsche ihm, dass er Kraft hat, dieses Amt auch noch einmal für fünf Jahre durchzustehen. Denn in den weiteren fünf Jahre noch mal neue Akzente zu setzen, das sollte man nicht unterschätzen. Und dass es ihm weiter gelingt, die Demokratie zu stabilisieren und das Land im Inneren zusammenzuhalten.

Das Interview führte Katharina Geiger.

Katholisches Büro

Das Kommissariat der deutschen Bischöfe – Katholisches Büro in Berlin – ist eine Dienststelle der Deutschen Bischofskonferenz und des Verbandes der Diözesen Deutschlands. Die Leitung hat Prälat Dr. Karl Jüsten inne.

Schloss Bellevue, Sitz des Bundespräsidenten / © Christophe Gateau (dpa)
Schloss Bellevue, Sitz des Bundespräsidenten / © Christophe Gateau ( dpa )
Quelle:
DR