DOMRADIO.DE: Was ist Ihre schönste Erinnerung an die vergangenen Tage?
Jugendbischof Stefan Oster: Am meisten freut mich, dass die Panamesen solche Freude haben, junge Menschen aus der ganzen Welt zu beherbergen. Wir hören von überall, von allen Teilen des Landes - auch aus Costa Rica - dass die Jugendlichen mit überschwänglicher Freude aufgenommen worden sind, die Gastfreundschaft unglaublich ist und die Panamesen praktisch ihr letztes Hemd geben und alles machen, damit die Jugendlichen eine gute Zeit haben. Die Menschen identifizieren sich sehr mit dem Weltjugendtag. Sie sind sehr stolz und nicht peinlich berührt, wenn es nicht klappt, weil sie wollen, dass alles klappt. Das ist das Erste.
Das Zweite ist natürlich die große Freude der Jugendlichen. Auch das Miteinander der Jugendlichen aus so vielen Nationen, die Selbstverständlichkeit mit der sie voller Freude ihren Glauben leben. Das Motto ist ja jetzt nicht so naheliegend für einen deutschen gläubigen Jugendlichen - ein Zitat der Muttergottes. Aber hier gibt es mit einer Selbstverständlichkeit die Reaktion: Ja, wir wollen zu Jesus das "JA" sprechen wie Maria es gesagt hat. Das ist echt schön.
Dann vielleicht noch ein dritter Aspekt: Der Papst ist sehr, sehr nah und sehr aktiv. Man merkt, dasss er - auch wenn die Jugendlichen räumlich weit weg sind - er ganz gut mit ihnen in den Dialog kommt. Er fordert sie auf, Protagonisten einer Kultur der Liebe und der Begegnung zu sein. Was sich für unsere deutsche Jugendlichen jetzt auch noch einmal darin zeigt, dass sie sehr intensiv mit Adveniat in die Projekte gegangen sind und davon auch sehr bewegt zurückkommen. Die Jugendlichen merken: Glaube und Engagement für die Welt gehören zusammen. Das sind so Dinge, die mich sehr beschäftigen und bewegen.
DOMRADIO.DE: Der Papst hat am Freitag beim Kreuzweg auch das Thema Missbrauch thematisiert und gesagt, unter den "skrupellosen Menschen" seien auch Kirchenleute. Was nehmen Sie als Botschaft für die Kirche in Deutschland und ihr Bischofskollegium mit?
Oster: Der Papst hat den Jugendlichen ein schönes Wort gesagt. Er sagte, sie sollen Protagonisten und Künstler einer Kultur der Begegnung sein. Und er meinte damit keine oberflächlichen Social-Media Freundschaften. Er meint damit, den Anderen auf Augenhöhe zu begegnen. Wo das geschieht, auch bei uns Amtsträgern und Verantwortlichen der Kirche - wo wir mit den Jugendlichen unterwegs sind, nicht paternalistisch und aus einer Machtposition heraus, sondern wo wir in der ehrlichen Offenheit und dem Interesse für sie da sind - da gelingt das, was der Papst sich wünscht. Und ich hoffe, das gelingt auch in der deutschen Kirche immer mehr.
DOMRADIO.DE: Sie haben im Interview gesagt, dass Sie viel von den Jugendlichen lernen können. Was haben Sie denn gelernt in den letzten Tagen in ihrer Begegnung mit den jungen Menschen?
Oster: Ich staune immer wieder, wie sehr Gott ein Künstler ist. Es sind so viele Jugendliche da, dann kommt man mit Einzelnen ins Gespräch und stellt fest: Jeder ist nochmal anders, jeder ist ein Unikat und ein kleines Kunstwerk Gottes. Ich bin über 50 und da lebt man in seiner eigenen Lebenswelt. Wenn dann ein Jugendlicher Herz und Tür zu seinem Leben aufmacht und sich da hineinschauen lässt, ist das immer wieder eine neue Erfahrung. Ich habe zum Beispiel gelernt, Instagram zu benutzen. Das ist das Medium von ganz vielen Jugendlichen. Und ich lerne nach und nach wie das geht, und die jungen Leute bringen es mir auch bei.
DOMRADIO.DE: Was bleibt von diesem Weltjugendtag? Was sollten die Jugendlichen im besten Fall mitnehmen - außer einem Haufen Erinnerungsfotos und vielleicht einem Koffer voller Wäsche?
Oster: Das, was der Papst gesagt hat, wozu er sie aufgefordert hat: Protagonisten einer Kultur der Begegnung und der Liebe zu sein. Ich glaube, wer hier weggeht, kann nicht nach Hause kommen und ein strenger Nationalist werden oder womöglich sogar Rassist. Wer sich auf diesen Ort der Begegnung mit jungen Menschen aus über 150 Ländern eingelassen hat, der wird auch ein Apostel der Völkerverständigung und ein Brückenbauer sein. Ich wünsche den jungen Leuten, dass sie das zu Hause werden.
Das Gespräch führte Ina Rottscheidt.