DOMRADIO.DE: Was erhoffen Sie sich von dem diesjährigen Weltjugendtag?
Weihbischof Johannes Wübbe (Diözesanadministrator von Osnabrück und Vorsitzender der Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz): Ich erhoffe mir, dass in Erfüllung geht, was sich die Jugendlichen von diesen Tagen wünschen. Sie freuen sich auf ein neues Land und auf viele Jugendliche aus anderen Ländern und Kontinenten, die sie noch nicht kennen.
Für viele ist auch wichtig, dass es neben dem Fest, dem miteinander Singen, dem gemeinsamen Erleben auch ein Fest des Glaubens wird. Viele sind hier, weil sie eine Stärkung für den Glauben suchen. Sie freuen sich auf schöne, auch große Gottesdienste. Und sie freuen sich natürlich auf den Heiligen Vater.
DOMRADIO.DE: Sie waren mit 40 Jugendlichen unterwegs und waren bei den "Tagen der Begegnung" als Pilger dabei. Was sind Ihre Eindrücke?
Wübbe: Die Gastfreundschaft war überwältigend. Wie die Menschen uns aufgenommen haben, wie sie Platz gemacht haben, damit wir Platz finden, war enorm. Die Bereitschaft, mit uns gemeinsam diese Tage zu erleben und uns zu fragen, wie die Arbeit in der Gemeinde bei uns aussieht, wie wir sie gestalten, wie wir miteinander ins Gespräch gekommen sind, war großartig.
Jetzt sagen wir schon, dass es schade ist, dass diese Tage schon wieder vorbei sind.
DOMRADIO.DE: Die katholische Kirche steckt in einer Krise. Es gibt Skandale und die Säkularisierung. Viel weniger Jugendliche wissen Bescheid über das Christentum und christliche Werte. Wie kann Kirche junge Menschen heute noch erreichen?
Wübbe: Indem wir erst mal auf diese jungen Menschen zugehen, ohne schon genau zu wissen, was für sie gut ist. Wir müssen sie einladen, bei uns Erfahrungen zu machen, die ihnen und ihrem Leben guttun. Das können wir.
Das geschieht aber auch dadurch, dass andere Leute junge Menschen ansprechen. Das kann die Gruppenleiterin genauso sein wie der Kaplan oder die hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen in der Pastoral.
Unser Pfund ist unsere Botschaft, die lebenstauglich ist. Unsere Herausforderung ist, sie in einer Art und Weise den jungen Menschen nahezubringen, dass sie das Gefühl haben, dass ihnen nichts übergestülpt wird.
Als Jugendlicher darf und kann man prüfen, wie einem das trotz der großen Krise, die wir in der katholischen Kirche haben, helfen kann.
DOMRADIO.DE: Ein Faktor sind die Missbrauchsskandale. Auch in Portugal wurde im Frühjahr eine Studie veröffentlicht. Welche Konsequenzen hatte das für die Konzeptionierung und Vorbereitung der Veranstaltung aus der Sicht der Deutschen Bischofskonferenz?
Wübbe: Wir haben das natürlich wahrgenommen. Wir haben auch die Reaktion in Portugal wahrgenommen. Zum Teil haben das auch die Jugendlichen wahrgenommen.
Was die Konsequenzen betrifft: Wir wollten natürlich sensibel in diese Veranstaltung gehen, genauso wie wir es vorhatten. Gleichzeitig wollen wir in Deutschland alles dafür tun, dass Betroffenen geholfen wird, dass sie gute Anlaufstellen haben und dass wir über die Prävention, gerade in der Kinder- und Jugendarbeit, viel dafür tun, Leute dafür zu sensibilisieren, wie ein Miteinander gut gelingen kann und die Kirche ein vertrauensvoller Raum bleibt.
DOMRADIO.DE: Wir in Deutschland machen diesen Prozess auch gerade durch. Gucken Sie da auch kritisch auf das, was die Kollegen hier in Portugal machen?
Wübbe: Das steht uns gar nicht zu. Also ich würde eher sagen, wir nehmen es natürlich wahr, wir reden miteinander, wir fragen wo sie stehen, was sie machen. Das ist für alle ein schwieriges und dunkles Kapitel in der Kirche. Da hilft nur Transparenz und Aufarbeitung.
Vor allem müssen wir uns die Thematik aus Sicht der Betroffenen ansehen und verstehen lernen. Gleichzeitig müssen wir Hilfen anbieten und eine Kirche entwickeln, über die auch die Betroffenen sagen, dass es eine gute Kirche ist, die für Menschen als lebenshelfend und als ein guter Raum des Glaubens erfahrbar werden kann.
DOMRADIO.DE: Es werden anderthalb Millionen Pilger und Pilgerinnen erwartet. Kann bei der Abschlussmesse eines so großen Massenevents überhaupt bei dem Einzelnen eine geistliche Botschaft ankommen?
Wübbe: Um das zu sagen, müssen wir erst mal den Sonntag abwarten. Dann müsste man die fragen, die an der Messe teilgenommen haben.
Ich kann nur von vergangenen Weltjugendtagen und großen Gottesdiensten sprechen. Das ist möglich. Das entscheidend nicht allein die Zahl der Teilnehmer. Wenn so viele Menschen kommen, ist das ein wahnsinnig großer Gottesdienst. Ich vertraue auf den Heiligen Geist, dass der das Seine dazu beitragen wird.
Und ich hoffe, dass die jungen Menschen noch wach und fit genug sind, diesen Gottesdienst mitzufeiern und aufzunehmen.
Das Interview führte Elena Hong.