"Wir können in unserem Land, in dem so viele Menschen verschiedenen Ursprungs leben, deutsch nicht mehr nach Herkunft definieren, sondern müssen neue, zukunftsweisende Wege dafür finden", so die Botschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann im Gespräch mit der rechtskonservativen Zeitung "Junge Freiheit".
Austausch über "Neue Deutsche"
Käßmann kritisierte ein AfD-Wahlplakat, auf dem eine weiße Schwangere zu sehen ist und darunter der Spruch "Neue Deutsche? Machen wir selber." Sie verstehe das so, dass "da Volk über die Blutsabstammung definiert wird und alle, die nicht dazugehören, ausgeschlossen werden sollen". Darüber würde sie gerne mit der AfD diskutieren. "Aber nur bei gegenseitigem Respekt", fügte die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende in dem am Donnerstag vorab veröffentlichen Interview hinzu.
Käßmann wies den Vorwurf zurück, die evangelische Kirche unterstütze Positionen von Grünen und SPD. "Wenn die Kirche etwa für die Bewahrung der Schöpfung eintritt und das mit den ökologischen Forderungen von Parteien übereinstimmt, heißt das nicht, dass sie Parteipolitik vertritt", sagte sie.
Leute verlieren Sehnsucht nach Gott
Selbstkritisch räumte die EKD-Repräsentantin ein, dass sich die Kirche fragen müsse, warum sich die meisten Menschen in seelischer Not lieber an die Psychologie, fernöstliche Lehren oder alternative Medizin wenden statt an ihre Kirche. Es tue ihr "manchmal beinahe weh", dass die Kirche nicht mehr in dem Maße wie früher Trost, Zuversicht und Lebenskraft geben könne.
"Die meisten Leute haben die Sehnsucht nach dem Gottesdienst verloren", sagte Käßmann: "Das mag auch an den Kirchen liegen - aber auch am Lebensgefühl der Menschen."