Kirchentag bietet digitalen Stehtische zum Austausch

Kaffeepausen ohne Kaffee

Fragen zum besten Rezept für die Frankfurter Grüne Soße oder zur Zukunft der Kirche? An digitalen Stehtischen können sie geklärt werden. Der Ökumenische Kirchentag bietet auch abseits der großen Podien Platz zum Austausch.

Autor/in:
Annika Schmitz
Mit einem Kaffee vor dem Computer / © Marina Andrejchenko (shutterstock)
Mit einem Kaffee vor dem Computer / © Marina Andrejchenko ( shutterstock )

Eine Tasse Kaffee hält im digitalen Pausenraum des Ökumenischen Kirchentags niemand in der Hand. Stattdessen haben am Online-Stehtisch "Kaffeepause" alle Männer und Frauen, die meisten über 50, Erinnerungen an vergangene Kirchen- und Katholikentage dabei: damals in Bremen, als die Papphocker für den Abschlussgottesdienst in der Straßenbahn liegen blieben, damals in Hamburg, Stuttgart, München, als man von Veranstaltung zu Veranstaltung lief und in Turnhallen und Jugendherbergen übernachtete.

Zuhause ist es trocken

Eigentlich ist es Zuhause auch ganz bequem, sagt die ältere Dame aus dem Norden Deutschlands. Ihre Stimme schallt aus einem der sechs kleinen Videofenster, die sich am digitalen Kaffeetisch ohne Kaffee zusammengefunden haben. Nach einem Sitzplatz muss sie innerhalb der heimischen Wände nicht suchen. Andere nicken. Jaja, die Online-Veranstaltung hat viele Vorteile. Und zählen auf: Man muss das Haus nicht verlassen, es ist trocken. Das Internet wirkt für viele barrierefreier als die Frankfurter Innenstadt.

Doch dann gerät die Liste ins Stocken. "Nach einem Jahr Pandemie habe ich eigentlich keine Lust mehr auf digitale Treffen", heißt es da aus einer Küche im Westen der Republik. Die Köpfe aus den Wohnzimmern von der Nordseeküste bis Bochum nicken. Dass der Kirchentag wegen Corona digital und dezentral stattfindet, das nehmen alteingesessene Besucher hin. Die analogen Treffen früher waren trotzdem schöner.

Neues Format für Begegnung und Austausch

Weil analoge Treffen in diesem Jahr aber nicht möglich sind, haben sich die Veranstalter ein neues Format für Begegnung und Austausch überlegt. An digitalen Stehtischen werden die Besucher noch bis Samstagabend bunt zusammengewürfelt. Am Donnerstag brach die Homepage zeitweise zusammen. Am Freitag sind die Räume unterschiedlich stark genutzt. Am Kaffeepausen-Stehtisch werden die Teilnehmer auf Kleingruppen verteilt, anderswo schauen aber nur zwei Besucher vorbei. Angaben zu Gesamtzahlen konnten bisher keine gemacht werden.

Doch die Sehnsucht nach Austausch scheint da zu sein. Es sind mitunter ganz banale Themen, die angeschnitten werden - fast so, wie es in Frankfurt hätte sein können. Ein bisschen wird über Homeoffice diskutiert, ein bisschen übers Wetter. Ein bisschen darüber, wieso sie sich bei einer solchen digitalen Veranstaltung einloggen - "einfach mal ausprobieren!". Ein bisschen darüber, wie es damals war, als sie als Jugendliche die ersten Christentreffen besuchten - "wenig Schlaf und stickige Schlafsäle".

Auch Rezepte werden getauscht

In einem anderen Raum geht es um das beste Rezept für die berühmte Frankfurter Grüne Soße. "Das ist doch irgend so eine Pampe mit viel Mayonnaise", sagt der junge Mann, der die digitale Zusammenkunft als Helfer betreut. Schnell wird er eines besseren belehrt. Frische Kräuter und Joghurt gehören in die Spezialität vom Main.

An einem anderen Stehtisch geht es ernster zu. Dort wird um die Zukunft der Kirche gerungen. Es ist vor allem ein Erfahrungsaustausch. Der Mann, der vor 30 Jahren vom katholischen zum evangelischen Glauben konvertierte, erzählt von Gottesdienstformaten, die in seiner Gemeinde gut funktionieren. Allzu klassisch darf die Liturgie nicht sein, kurz und knackig kommt gut an. Er erhält viel Zustimmung. Die Andachtsformen, die die Pandemie in den Kirchen vorangebracht hat, scheinen begehrt. Die Zeiten langer Predigten vorbei.

Bleibt die Frage, auch da sind sich Männer und Frauen in den kleinen Video-Kacheln einig, wie die Jugend ins Boot geholt werden kann. Und damit stößt der digitale Stehtisch an seine Grenzen. Dort, wo über die Zukunft der Kirche diskutiert wird, sind junge Menschen nicht dabei.


Quelle:
KNA
Mehr zum Thema