Kamerun wählt am Sonntag einen neuen Präsidenten

Wahlen inmitten der Krise

Kameruns Präsident Paul Biya stellt sich an diesem Sonntag erneut zur Wahl. Vor allem die Jugend hofft jedoch auf einen Wandel. Unterdessen spitzt sich die Lage in den englischsprachigen Landesteilen weiter zu.

Präsidentenwahl in Kamerun / © Sunday Alamba (dpa)
Präsidentenwahl in Kamerun / © Sunday Alamba ( dpa )

Elvis hockt vor dem kleinen, gelben Haus am Rande der Wirtschaftsmetropole Douala im Süden Kameruns. In zwei Zimmern lebt der 28-Jährige hier gemeinsam mit seiner Mutter, den drei Geschwistern sowie vier Nichten und Neffen. Ausreichen muss ein Gehalt. Doch das tut es nie. Elvis möchte seinen vollständigen Namen aus Sicherheitsgründen nicht nennen. Vor drei Monaten ist er aus Kumba, einer Bezirkshauptstadt der Provinz Südwest, geflüchtet. "Es war dort viel zu unsicher, und es gab auch nichts mehr zu tun", erzählt der junge Mann.

Augenzeugen sprechen von bürgerkriegsähnlichen Zuständen

In den Provinzen Südwest und Nordwest leben etwa 20 Prozent der knapp 25 Millionen Kameruner. Es sind die anglophonen Regionen, aus denen nach Schätzungen der International Crisis Group inzwischen rund 300.000 Menschen geflohen sind; die Vereinten Nationen sprechen von mindestens 180.000 Menschen. Hunderte wurden im Zuge des Konflikts getötet.

Die Krise schwelt seit Jahren. Auslöser ist ein Streit zwischen den englischsprachigen Regionen und der französischsprachigen Zentralregierung unter dem seit mehr als drei Jahrzehnten amtierenden Präsidenten Paul Biya (85). Englischsprachige Kameruner fühlen sich von der Regierung benachteiligt. Rebellengruppen fordern die Teilung des Landes und rufen dazu auf, am Sonntag nicht zur Wahl zu gehen.

Augenzeugen wie Elvis sprechen von bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Besonders gefährlich sei die Lage für junge Männer. Regierung und Militär werfen ihnen vor, den "Amba Boys", wie die Unterstützer der Separatistenbewegung "Ambazonia Fighters" genannt werden, anzugehören.

"Selbst Hochschulabsolventen müssen sich als Mopedtaxi-Fahrer durchschlagen"

In diesem angespannten Klima – auch im Norden sind rund 238.000 Menschen aus Angst vor der Terrorgruppe Boko Haram auf der Flucht – stellt sich Präsident Biya erneut zur Wahl. Er hat acht Herausforderer. Knapp 6,6 Millionen Menschen haben sich für die Wahl registriert. Binnenflüchtlinge wie Elvis können nicht wählen. Er will sich auch nicht in die Politik einmischen, hat aber eine klare Haltung zur aktuellen Krise: "Ich möchte gar keine Spaltung. Ich möchte nur, dass es Frieden gibt."

Die Entwicklung im anglophonen Teil werde für eine niedrige Wahlbeteiligung sorgen, so der Journalist Tarhyang Tabe, Präsident der Vereinigung kamerunischer Medienschaffender. Gerade bei jungen Wählern erlebe er Verdrossenheit und einen Rückzug ins Private. Junge Kameruner – fast 62 Prozent der Einwohner sind unter 25 Jahren – glaubten weder an das politische System noch an die Wirtschaft. "Selbst Hochschulabsolventen müssen sich als Mopedtaxi-Fahrer durchschlagen", sagt Tabe. Kamerun liegt auf Platz 151 von 188 im UN-Entwicklungsindex. Die Anti-Korruptionsagentur Transparency International listet das Land auf Rang 153 von 180.

Cabral Libii ist vor allem von jungen Wählern favorisiert

Junge Menschen trauen vor allem dem Kandidaten Cabral Libii den Wandel zu. Der 38-Jährige wirbt unter anderem mit der Einführung einer Krankenversicherung. In einem Land, in dem fast jeder Vierte unter der Armutsgrenze lebt und weniger als 1,9 US-Dollar pro Tag zur Verfügung hat, kann schon eine Malaria schnell zum Tod führen. Biya selbst lässt sich regelmäßig in der Schweiz behandeln, wo er sich auch sonst gern aufhält. Seine Krankenakte sei ein gut gehegtes Staatsgeheimnis, so die französischsprachige Wochenzeitung "JeuneAfrique".

Für den 27-jährigen Joel Daniel Dooh Mbella ist das nicht der einzige Grund, warum er am Sonntag für Libii stimmen wird. "Ich habe schon drei Päpste erlebt, und das ist ein Amt auf Lebenszeit. Aber nur einen Präsidenten. Das kann nicht richtig sein."

Zur Wahl steht außerdem der Unternehmer Joshua Osih. Er ist zweisprachig, stammt aber aus dem anglophonen Landesteil. Die angespannte Lage dürfte seine Chancen eher schwächen. Bekannte Kandidaten sind zudem Maurice Kamto, ehemaliger Justizminister, der auch für die Vereinten Nationen gearbeitet hat, sowie Akere Muna, früher stellvertretender Vorsitzender von Transparency International.

Da sich die Opposition jedoch erneut nicht auf einen Kandidaten einigen konnte, gilt sie schon jetzt als angeschlagen. Auch Diskussionen um mögliche Koalitionen gelten nicht als seriös. Die Ergebnisse müssen spätestens 15 Tage nach der Wahl veröffentlicht werden.

Von Katrin Gänsler


Samuel Kleda, Erzbischof von Douala / © Katrin Gänsler (KNA)
Samuel Kleda, Erzbischof von Douala / © Katrin Gänsler ( KNA )

Kameruns Präsident Paul Biya / © Julien Warnand (dpa)
Kameruns Präsident Paul Biya / © Julien Warnand ( dpa )

Kamerun, Yaounde: Anhänger der Präsidentschaftskandidaten der Opposition, Cabral Libii / © Sunday Alamba (dpa)
Kamerun, Yaounde: Anhänger der Präsidentschaftskandidaten der Opposition, Cabral Libii / © Sunday Alamba ( dpa )

 Anhänger der oppositionellen Partei der sozialdemokratischen Front in Kamerun / © Sunday Alamba (dpa)
Anhänger der oppositionellen Partei der sozialdemokratischen Front in Kamerun / © Sunday Alamba ( dpa )
Quelle:
KNA