Kanzler des deutschen Zweigs zum Konflikt im Malteserorden

"Es gibt keine deutsche Seilschaft"

Die deutsche Assoziation des Malteserordens sieht sich nach den Worten seines Kanzlers nicht als Opfer einer Kampagne.

Papst forderte Großmeister Robert Festing (l.) zum Rücktritt auf  / © Gabriel Bouys / Pool (dpa)
Papst forderte Großmeister Robert Festing (l.) zum Rücktritt auf / © Gabriel Bouys / Pool ( dpa )

Es gebe aber "Leute, die glauben, dass wir zu viel Einfluss haben", sagte Stephan Freiherr Spies von Büllesheim im Interview.

KNA: Was bedeutet der Konflikt im Malteserorden für die konkrete Arbeit in Deutschland. Spüren Sie Verunsicherung?

Spies: Der Konflikt ist unnütz und hätte sicher anders gelöst werden können. An unserer Arbeit in Deutschland ändert sich nichts. Wir spüren aber eine gewisse Irritation. Eine kleine Zahl von Förderern des Malteser Hilfsdienstes - im zweistelligen Bereich - hat wegen des Konflikts ihren Rückzug erklärt. Die Betroffenen erhalten von uns einen Brief, in dem wir ihnen erläutern, dass die Arbeit in Deutschland nicht betroffen ist und dass wir eine schnelle Lösung erwarten.

KNA: In manchen Berichten ist von einer deutschen Seilschaft die Rede, die den Orden verändern will...

Spies: Es gibt keine "deutsche Seilschaft" in Rom, neben Herrn von Boeselager gehört nur ein weiteres Mitglied des Regierungsrates des Malteserordens der deutschen Assoziation an. Wegen seiner Größe ist die deutsche Assoziation aber nicht ganz unbedeutend für den Gesamtorden.

KNA: Gibt es eine Kampagne gegen den deutschen Zweig?

Spies: Wie überall hat das Wesen der Deutschen nicht nur Freunde. Es gibt offenbar Personen, die glauben, dass wir zu viel Einfluss haben. Eine Kampagne ist uns aber nicht bekannt, gegen was denn auch? Die Mitglieder der Gremien in Rom sind gewählt, man hätte ja andere Personen wählen können.

KNA: Zu hören ist, dass die Deutschen die Ziele des Ordens in Richtung einer Liberalisierung verändern wollten...

Spies: Wir haben solche Ziele nicht. Für die Identität des Ordens ist beides gleich wichtig: die Verteidigung des Glaubens und die Werke der Nächstenliebe.

KNA: Geht es nicht in Wirklichkeit um den kirchenpolitischen Kurs und damit um einen Angriff einer ultrakonservativen Clique gegen den Papst, wie der Präsident der deutschen Assoziation, Erich von Lobkowicz, gesagt hat?

Spies: Dazu kann ich nichts Konkretes sagen. Es geht jedenfalls nach meiner Meinung nicht um die Verteilung von Kondomen oder Fehler von Herrn von Boeselager.

KNA: Ihm wurde vorgeworfen, er habe den Einsatz von Kondomen zur Aidsverhütung in einem Programm von Malteser International in Myanmar nicht verhindert...

Spies: Es geht offenbar um unterschiedliche Interessen und Konflikte zwischen Personen. In solche Umstände sind wir aber als Deutsche Assoziation nicht involviert. Ich kann dazu nichts sagen.

KNA: Hat der deutsche Zweig des Ordens in dem Konflikt konkret beim Papst interveniert?

Spies: Seitens der Deutschen Assoziation gab es keine Intervention bei Papst Franziskus.

KNA: Bedeutet der Rücktritt des Großmeisters Festing, dass Großkanzler von Boeselager wieder im Amt ist?

Spies: Die Causa Boeselager ist vom Rücktritt Festings getrennt zu betrachten. Es gibt ein Gerichtsverfahren vor dem innerhalb des Ordens zuständigen Gericht. Der Papst hat Herrn von Boeselager aber in Schreiben weiterhin als Großkanzler bezeichnet - und nicht als ehemaligen Großkanzler.

KNA: Was muss sich im Orden ändern, damit ähnliche Konflikte nicht wieder entstehen?

Spies: Die ein oder andere Regel in der Verfassung könnte präzisiert werden. Etwa, wenn es um die Frage Wahl oder Ernennung bei bestimmten Ämtern geht, oder wer wen aus welchen Ämtern entlassen kann. Eigentlich sind die vorhandenen Regeln aber ausreichend. Ich setze da stark auf das Ordensgericht. Es wird nach meiner Einschätzung entscheiden, dass geltende Regeln nicht beachtet wurden. Damit sind aber die Verfahren nicht schlecht.

KNA: Unabhängig davon, wie man zum Fall Boeselager steht: Ist es für die Unabhängigkeit des Ordens gut, dass der Papst jetzt einen solchen Einfluss ausübt?

Spies: Wir sind überaus dankbar, dass der Heilige Stuhl dem Orden in dieser Verfassungskrise so schnell und sicher geholfen hat.

KNA: Ist Kardinal Raymond Leo Burke als Kardinalpatron des Malteserordens noch haltbar?

Spies: Der Papst hat ihn in dieses Amt eingesetzt. Er muss auch über das weitere Vorgehen entscheiden.

Das Interview führte Christoph Arens.

 

Quelle:
KNA