Das Kirchenrecht ist unerbittlich: Wenn der Prager Kardinal Dominik Duka an diesem Donnerstag 75 Jahre alt wird, muss er Papst Franziskus seinen Amtsverzicht anbieten. An ihm ist es dann, den Rücktritt anzunehmen oder den Kardinal, wie bei Leitern wichtiger Diözesen durchaus üblich, auf seinem Posten zu belassen.
Brief an Papst Franziskus
In einem Brief vom Februar forderten etwa 100 katholische Laien Franziskus auf, den Prager Erzbischof keinen Tag länger als erforderlich im Amt zu belassen. In Dukas Amtszeit sei es zu einer "zu großen Nähe von Kirche und Staat" gekommen. Sie störten sich unter anderem an einem Gottesdienst im November 2015, in dem Duka Staatspräsident Milos Zeman würdigte, wenige Tage nach einem gemeinsamen peinlichen Auftritt Zemans mit dem fremdenfeindlichen Aktivisten Martin Konvicka.
Die Autoren warfen Duka gar eine "Neigung zu Nationalismus und zu Rechtsextremen" vor. Die finde sich nicht nur in einer "unkritischen Unterstützung des islamophoben Präsidenten Zeman", sondern auch in einer "klaren Ablehnung von Solidarität mit Flüchtlingen", etwa bei der Wallfahrt für den heiligen Wenzel 2017.
Dazu komme ein Glückwunschschreiben des Kardinals an den Chef der faschistoiden Partei SPD des Tschecho-Japaners Tomio Okamura. Darin habe Duka unter anderem formuliert, dass beide eine Sorge um die Sicherheit des Landes eine. Das bedeute nichts anderes, als dass der Kardinal Okamuras ablehnende Haltung gegenüber Menschen auf der Flucht teile, so die Verfasser.
Andere Sicht auf Flüchtlingspolitik
Der Schwerpunkt des Schreibens auf der Flüchtlingspolitik kam nicht zufällig. Duka hatte selbst verschiedentlich eingeräumt, dass er in diesem Punkt eine andere Haltung als Papst Franziskus einnehme. Die Autoren meinten wohl, dem Kirchenoberhaupt mit dem Verweis darauf die Entscheidung über Duka zu erleichtern.
Wer hinter dem Brief der Laien stand, ist bis heute nicht geklärt. Eingeweihte wollen daraus aber die Handschrift des Soziologen, Theologen und Priesters Tomas Halik herausgelesen haben. Den in Tschechien und im Vatikan angesehenen Halik und Duka verbindet seit Jahren eine teils offen kommunizierte herzliche Gegnerschaft.
Duka wollte die Vorwürfe der Laien seinerzeit nicht kommentieren. Er tat dies jetzt aber auf andere, sehr eindrückliche Weise und unmittelbar vor seinem 75. Geburtstag. Anlass war die Überführung der Gebeine des von den Kommunisten ins römische Exil vertriebenen Kardinals Josef Beran (1888-1969) in die tschechische Heimat.
Duka distanziert sich von Zeman
Während eines Gedenkgottesdienstes für Beran am Samstag im Prager Veitsdom distanzierte sich der tschechische Primas nachdrücklich von Präsident Zeman. Der war der Messe demonstrativ ferngeblieben und sprach lieber zeitgleich bei einem Kongress der früheren kommunistischen Staatspartei KSCM - jener Partei, die Beran über viele Jahre interniert, schikaniert und letztlich ausgebürgert hatte.
Duka brachte dafür keinerlei Verständnis auf und "rüffelte" Zeman für seine Abwesenheit, wie eine führende tschechische Zeitung schrieb.
Für seine klaren Worte an die Adresse des Staatsoberhauptes erntete der Kardinal minutenlangen stürmischen Beifall - eine sehr ungewöhnliche Geste bei einer Messe. Die über Jahre freundschaftlichen Bande zwischen Duka und Zeman dürften damit erst einmal der Vergangenheit angehören.
Gespanntes Warten auf Papstentscheidung
Wahrscheinlich dürfte Zeman nun auch schon seinen persönlichen Einsatz für den Kardinal bereuen. Er hatte sich nach dem Brief der Laien selbst beim Papst dafür verwandt, das Mandat für Duka zu verlängern. Der sei "eine bedeutende Persönlichkeit mit einer Eigenschaft, die im katholischen Klerus nicht üblich ist: Er ist ein Patriot", schrieb der Staatspräsident damals an Franziskus.
Nun darf man gespannt sein, wie der Papst in der Causa entscheidet. Mit seinem jüngsten Auftritt hat der Kardinal jedenfalls seinen tschechischen Kritikern etwas Wind aus dem Segeln genommen.