Anlass war eine Veranstaltung des Erzbistums München und Freising zum Thema "Betroffene hören" im Münchener Künstlerhaus. Er wolle sich als Bischof nicht aus der Verantwortung ziehen, dennoch müsse sich "die Kirche als Ganze dem Thema stellen" und nach den systemischen Ursachen fragen.
"Haben wir überall zugehört?"
Marx regte an, "weitere Formate zu finden, bei denen Betroffenen wirklich zugehört wird, auch bei den unangenehmen Themen" und dankte dem Betroffenenbeirat der Erzdiözese "für die Möglichkeit, dass wir das zu einem weiteren Weg machen". 2010 sei für ihn ein Einschnitt gewesen und habe seinen "Glauben in Frage gestellt, bis heute", so der Kardinal.
"Natürlich frage ich mich zu Recht: Haben wir überall zugehört? Nein. Wollten wir alles wissen? Nein." Es sei viel zu lange vernachlässigt worden, "Betroffenen wirklich zuzuhören und das auch stehen zu lassen".
Die Kirche werde sich nur verändern, so der Kardinal, wenn alle begriffen: "Wir sind Teil des Systems gewesen." Deshalb gelte es, gemeinsam den Betroffenen zuzuhören. Bei seiner 2020 eingerichteten Stiftung zugunsten von Missbrauchsbetroffenen sei eine Überlegung gewesen, die Betroffenen sollten selber definieren, was sie brauchten. Ob das gelinge, werde sich zeigen.
Diskussion um Anerkennungszahlungen
Kai Christian Moritz, Schauspieler und Mitglied im Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz, entgegnete, dass dies auch ein "vergiftetes Angebot" sein könne. Denn Betroffene würden so wieder in die Position gesetzt zu entscheiden, was gemacht werden solle. "Aber die Verantwortung, die liegt auf der anderen Seite", sagte Moritz.
Als Beispiel nannte er die Diskussion um Anerkennungszahlungen. Da blieben Fragen im Raum: "Was ist denn genug? Wann sind sie denn zufrieden? Wir machen ja, was sie wollen." Das alles sei sehr delikat. Guter Wille allein reiche jedoch nicht aus.