Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki wird im Rechtsstreit gegen den Axel-Springer-Verlag vernommen. Das Landgericht Köln hatte Anfang März in einem Beweisbeschluss festgelegt, den Erzbischof als Partei in dem presserechtlichen Verfahren zu befragen.
Der Kardinal wies die Darstellung auch in Form einer eidesstattlichen Versicherung zurück: Er habe nur von einem lange zurückliegenden und nicht strafbaren sexuellen Kontakt des Priesters mit einem 16-jährigen Prostituierten sowie von "weiteren Gerüchten" gehört, also von unbewiesen gebliebenen Vorwürfen.
Laut der für Pressesachen zuständigen 28. Zivilkammer unter Vorsitz von Richter Dirk Eßer da Silva ist die persönliche Einvernahme nur zulässig, wenn alle anderen Beweismittel ausgeschöpft seien und kein vollständiger Beweis erbracht worden sei.
Zeuge erinnert sich nicht mehr
Bislang hatte das Gericht auf Antrag des beklagten Verlags zwei Zeugen vernommen: die frühere Sekretärin von Woelkis Vorgänger, Kardinal Joachim Meisner, und den früheren Missbrauchsbeauftragten des Erzbistums Köln, Oliver Vogt.
Der frühere Missbrauchsbeauftragte Vogt führte aus, er habe Woelki 2015 verschiedene Dokumente über den betreffenden Priester zukommen lassen, damit der Erzbischof über eine Anhörung des Geistlichen wegen der vielen eingegangenen Vorwürfe entscheiden könne.
Vogt kann sich nach eigenem Bekunden aber nicht mehr daran erinnern, ob in der Materialsammlung auch die beiden Dokumente aus der Personalakte enthalten waren. Er gehe aber davon aus. Auch wisse er nicht, ob Woelki die von ihm zusammengestellten Dokumente gelesen habe.
Meisner-Sekretärin sah Personalakte und Polizeiwarnung nicht
Die frühere Meisner-Sekretärin sagte aus, sie habe Woelki schon um das Jahr 2010 in seiner Zeit als Kölner Weihbischof über Saunabesuche des Priesters mit Messdienern oder den bei einer Rom-Reise erfolgten Kauf von Unterhosen mit Penis-Darstellungen informiert.
Die Personalakte des Priesters und die Polizeiwarnung habe sie aber nicht gesehen und mit Woelki daher auch nicht darüber gesprochen. Seit der Aussage der Frau ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft gegen Woelki wegen des Verdachts einer Falschaussage. Der betroffene Priester zeigte seinerseits die Sekretärin wegen uneidlicher Falschaussagen an.
Gericht hat "Bild" Aussagen über Woelki verboten
Wegen anderer "Bild"-Berichte über den Umgang Woelkis mit dem Priester hatte das Oberlandesgericht Köln kürzlich in zweiter und letzter Instanz der Zeitung vier von sechs Aussagen verboten.
So sei es unzulässig zu schreiben, Woelki habe einen "Sexualstraftäter" befördert, da nach damaligem Recht das Verhalten des Priesters nicht strafbar gewesen sei.
Dagegen zulässig gewesen sei die Überschrift "Kardinal Woelki beförderte Missbrauchs-Priester". Denn die Formulierung "Missbrauchs-Priester" umfasse neben der rechtlichen auch eine moralische Bewertung.
Auswirkungen des Urteils auf Berichterstattung noch unklar
Insgesamt geht es bei dem Verfahren darum, ob die Berichterstattung der "Bild" über Woelkis Umgang mit dem beschuldigten Priester zulässig war oder nicht. Dabei spielt auch die Frage eine Rolle, ob Woelki tatsächlich Kenntnis von belastenden Inhalten aus der Personalakte des Priesters hatte und dennoch eine Beförderung vorgenommen hat.
Es bleibt abzuwarten, wie das Gericht entscheiden wird und welche Auswirkungen das Urteil auf die Zukunft der Berichterstattung über ähnliche Fälle haben wird.