DOMRADIO.DE: Sie haben heute die Altarweihe in der Dormitio-Abtei in Jerusalem gefeiert. Was war das für ein Augenblick für Sie?
Rainer Maria Kardinal Woelki (Erzbischof von Köln/ Präsident des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande, DVHL): Eine Altarweihe ist immer etwas ganz Besonderes, weil sie so selten stattfindet. Und für katholische Christen ist der Altar natürlich ein ganz, ganz wichtiger Ort, weil an ihm die Eucharistie gefeiert wird und weil wir vom Altar her und der Feier der Eucharistie immer als Kirche auferbaut werden.
Wir leben davon, das ist die Mitte unseres christlichen Lebens und all unserer anderen Aktivitäten in den Gemeinden. Das diakonische Tun, das verbandliche Tun und so weiter speist sich eigentlich von hier.
Unser Erzdiözesanbaumeister Martin Struck hat ihn geschaffen, er hat auch hier in den vergangenen zwölf Jahren die Bauarbeiten begleitet, weil wir mit dem Erzbistum Köln und dem Verein vom Heiligen Land natürlich in besonderer Weise verbunden sind mit der Dormitio-Abtei. Der Heiligland-Verein ist Träger und Eigentümer dieses Ortes und dieser Kirche und das Erzbistum Köln ist hier seit vielen, vielen Jahren in vielfältiger Weise engagiert.
DOMRADIO.DE: Was bedeutet Ihnen die Reise ins Heilige Land?
Woelki: Das ist natürlich für mich immer wieder eine große, große Freude. Ich war ziemlich traurig, dass ich jetzt durch diese ganzen Corona-Jahre gar nicht hierherkommen konnte.
Ich glaube, ich bin das letzte Mal vor vier Jahren hier gewesen. Im Juni, wenn wir in Köln Fronleichnam gefeiert haben, werde ich freitags mit einer Gruppe von jungen Priestern in das Heilige Land kommen, bis zum Tag vor der Priesterweihe im Kölner Dom. Und wir wollen dann hier gemeinsam gewissermaßen unsere priesterlichen Versprechen und unser priesterliches Leben erneuern.
Hier im Heiligen Land zu sein, das ist das fünfte Evangelium, so nah an den Orten zu sein, wo Jesus gestanden, gepredigt, gelebt hat, wo er Mensch geworden ist, in Bethlehem oder in Golgota, wo die Auferstehungskirche seht, erfüllt mich mit einer tiefen Freude und stärkt meinen eigenen Glauben.
DOMRADIO.DE: Welche Orte im Heiligen Land sind für Sie ganz besondere Orte?
Woelki: Das ist, glaube ich schon, in Jerusalem die Grabeskirche natürlich. Also dort, wo wir unsere Erlösung im Grunde genommen feiern und verdanken. Golgota, die Auferstehungskirche, ist für mich persönlich auch immer ein Ort der geistlichen Erneuerung. Und ich muss mir natürlich da auch immer wieder sagen, dass Jesus auch für mich, für jeden Menschen gestorben ist, für meine Schuld, für mein Versagen, für meine Sünden. Aber ich darf darauf vertrauen und darauf hoffen, dass Gott wirklich der Barmherzige ist, der ein Herz für jeden Menschen hat. Das wird mir dort in der Grabeskirche, das wird mir dort, auf Golgota, immer in einer ganz besonderen Weise wichtig und sehr, sehr nah.
DOMRADIO.DE: Was wünschen Sie dem neuen Abt der Dormitio-Abtei, Pater Nikodemus Schnabel?
Woelki: An erster Stelle wünsche ich Gottes reichen Segen und eine allzeit glückliche Hand. Heute in der Kirche, ob als Abt, als Bischof, als Pfarrer Verantwortung zu übernehmen, das ist immer schwer. Es ist nicht so einfach.
Vor allen Dingen auf einen Abt kommen in der Regel, ähnlich wie auf einen Bischof, die schwierigen Entscheidungen zu. Das andere bleibt oder erledigt sich oft von selber. Das geht eigentlich.
Aber das, was unangenehm und schwer ist, das bleibt oft an einem hängen. Ich wünsche ihm Gottvertrauen, Mut, die notwendigen Dinge anzupacken, Zuversicht und Hoffnung auch für seine Arbeit mit den Migranten, die er hier leistet und die ist sehr, sehr wichtig gerade in der gegenwärtigen Situation in Israel ist. Da wünsche ich ihm wirklich alles Gute und Gottes reichen Segen.
Das Interview führte Sonja Geus.