Eine Altarweihe sei inzwischen ein äußerst seltenes Ereignis geworden, von daher etwas ganz Besonderes, das man im Leben vielleicht nur einmal mitfeiere. Das betonte Kardinal Woelki am Ende des festlichen Gottesdienstes, in dem er soeben den neuen Altar mit Weihwasser besprengt und mit Chrisamöl gesalbt hatte.
Außerdem gehört zu dem Weiheritual, an fünf Stellen, die für die Wundmale Christi stehen, Weihrauch anzuzünden, so dass schließlich minutenlang fünf kleine Feuerherde auf der ovalen Bronzefläche brannten, während der Kirchenchor die festliche Motette "Locus iste" von Anton Bruckner anstimmte.
Auch Reliquien der Heiligen Laurentius, Ursula und Gereon wurden – wie es schon im frühen Christentum üblich war – in den Altar eingelassen, wobei die Laurentius-Reliquie ein Geschenk aus der Reliquienkammer des Petersdoms ist und im Oktober von Jugendlichen der Pfarrei aus Rom mitgebracht worden war.
Eingeleitet hatte Woelki die Festmesse, an der mehrere hundert Gläubige teilnahmen – darunter der Bundestagsabgeordnete für Rhein-Berg, Hermann-Josef Tebroke, und Bürgermeister Frank Stein – mit der Feststellung, dass die Wiedereröffnung von St. Laurentius für die Gemeinde zu Recht ein Tag der Freude und des Dankes sei.
Denn nach einer einjährigen Sanierungsphase, in der die Kirche trotz eines großen Aufgebots an Handwerkern und fortlaufender Arbeiten immer zugänglich gewesen war und auch weiterhin die Gottesdienste gefeiert werden konnten – dafür war jeweils eine Hälfte des Gotteshauses mit Planen abgehangen worden – überrascht der Raum nicht nur mit einer neuen Beleuchtung und von daher mit sehr viel mehr Licht und Atmosphäre als früher, sondern auch mit neuen Akzenten. Unangefochtener Blickfang ist dabei zweifelsohne der in unterschiedlichen Farbnuancen schimmernde Altar samt passendem Ambo.
Neuer Altar lässt viele Assoziationen zu
In seiner Gestaltung hat sich der Düsseldorfer Künstler Thomas Schönauer, der als Sieger aus dem dafür eigens ausgelobten Wettbewerb hervorgegangen ist, stark von den Mosaiken der Apsis inspirieren lassen, so dass die gewollte Korrespondenz zwischen Wand und Inventarstücken eine wohltuende Einheit herstellt und die moderne Formensprache der beiden Kunstwerke kein Fremdkörper im Raum bleibt. Vielmehr lässt gerade der Altar viele Assoziationen zu – das räumt auch der Künstler selbst ein.
So will er damit etwa "das Universum, die Hostie, die Sonne, die Herrlichkeit, die Unbegrenztheit, die göttliche Kraft, die Vollkommenheit" andeuten. Jedenfalls sind hier möglichen Interpretationsspielräumen keine Grenzen gesetzt. Denn die Altaroberfläche, bestehend aus Bronzeblech mit einer natürlichen Patina, ist halbrund und schließt – zumindest gedanklich – einen Kreis, auch wenn der Altar nicht in der Querachse des Apsis-Halbrunds steht.
Die Idee, den kirchlichen Versammlungsort einmal neu zu denken, um ihn mit Weitsicht auch für nachfolgende Generationen nutzbar zu machen, setzt sich auch bei den weiteren Umgestaltungen fort. Denn bei den jahrelangen Planungen war Pfarrer Norbert Hörter und den Gemeindegremien wichtig: "Es soll ein Raum kreiert werden, in dem sowohl die liturgische Tradition als auch neue Feierformen ihren Platz finden." So jedenfalls hatten sie die Kriterien in der Wettbewerbsauslobung formuliert.
Einerseits sollte dafür die bereits bestehende Altarebene mit dem ursprünglichen Altar an der Rückwand sowie dem Mosaik als historisches Gefüge erhalten bleiben. Andererseits aber sollte der neu zu schaffende Altarraum und dessen Bedeutung als Versammlungsraum der Gemeinschaft die Möglichkeit eröffnen, selber tätig werden zu können und bewusst mitzufeiern. "Die Neugestaltung des Altarraums soll das spannungsvolle Zu- und Miteinander der verschiedenen Handlungsorte transparent machen und dabei deren tiefgreifende Symbolik miteinbeziehen", so sah es das Konzept vor.
Mehr Nähe zwischen Gemeinde und Pastor
Es sei angestrebt, hieß es weiter, einen nicht abgegrenzten Innenraum zu schaffen, in dem dennoch ein Versammeln in kleiner Gruppe um den Altar möglich sei. So ist mit der neuen Bestuhlung an den Altarseiten ein Raum im Raum entstanden. Nun ist die Gemeinde – an diesem Sonntag waren es vornehmlich die Familien auf der einen Seite sowie die Gremien- und Seelsorge-Vertreter aus den anderen Seelsorgebereichen der neu entstehenden pastoralen Einheit auf der anderen – näher dran am eigentlichen Geschehen, und auch der Pastor rückt ein ganzes Stück mehr an die Gläubigen heran.
Dass das eine intensivere Beteiligung und auch eine neue Nähe mit sich bringt, war in der bis auf den letzten Platz besetzten Kirche bereits deutlich zu spüren. Der Erzbischof mit den Konzelebranten, dem Kaplan, dem Diakon und der Gemeindereferentin an der Stirn dieser Formation und die vielen Messdiener an den Seiten schienen zumindest für die vorderen Reihen zum Greifen nahe.
Der Gesamtentwurf, zu dem auch neue Beichträume und sogar ein "Paradies" gehören – neueingezogene Glastüren am Ende des Eingangsbereichs, die den weltlichen vom geistlichen Raum trennen, aber auch ein Spieleangebot für die Kleinsten während der Sonntagsmesse bereit halten – ist das Ergebnis eines intensiven Prozesses und kann als überaus gelungen bezeichnet werden. Denn St. Laurentius ist kaum wiederzuerkennen, und sowohl die Gemeinde als auch Pfarrer Hörter, der von einer Kirche für das 21. Jahrhundert spricht, zeigen sich begeistert. Und so wurde zu Recht nun mit allen Beteiligten ein großes Fest gefeiert.
Dem Altar mit Ehrfurcht begegnen
Doch im Zentrum der fast zweieinhalbstündigen Liturgie stand die Altarweihe. Und so stellte auch Kardinal Woelki das Herzstück der Kirche, den Altar, von dem Tag für Tag der Auftrag Jesu "Tut dies zu meinem Gedächtnis" ausgehe, wie er sagte, in den Mittelpunkt seiner Predigt. Er betonte: "Der Altar ist das Sinnbild für Christus in unserer Mitte. Er führt uns zusammen zur Gemeinschaft des Glaubens, in die jeder durch die Sakramente Taufe, Kommunion und Firmung eingegliedert ist, somit Anteil an der göttlichen Natur hat und zum Tempel des Heiligen Geistes geworden ist."
Und was an Heiligung am Tag der Taufe geschehen sei, werde heute auch an diesem Altar vollzogen. Er werde mit Weihwasser besprengt, abgewaschen und mit Chrisam gesalbt, erklärte Woelki. "Wir taufen ihn und entziehen ihn damit jeder Profanität." Da er für Christus stehe, müsse ihm auch in Ehrfurcht begegnet werden, was der Priester mit dem Kuss – dem Bruderkuss für Christus zu Begrüßung und zum Abschied – zum Ausdruck bringe.
"Auf dem Altar sammeln wir die Gaben von Brot und Wein, empfangen von Christus selbst aber seinen Leib und sein Blut für unseren Lebensweg." Mit seinem Kreuzestod trete er für uns ein in seiner ganzen Existenz, "damit wir das Leben haben", erklärte der Erzbischof. "Er macht uns zu Gliedern seines Leibes, die die Kirche ist, damit wir in ihm eins werden." Und im vom Altar aufsteigenden Weihrauch werde augenscheinlich, "wie sehr er für uns brennt".
Jede Feier an diesem Altar sei Ausdruck der Hingabe an Gott. Woelki mahnte aber auch: "Es ist an uns, ihn gegenwärtig machen." Das bedeute, die Messe nicht nur zu feiern, sondern sie zu leben. "Unser Leben muss ein Leben von Menschen sein, die ganz zu Gott gehören." Schließlich rief er der versammelten Gemeinde entgegen: "Halten wir unseren Altar heilig und vollziehen wir an ihm immer wieder den priesterlichen Dienst zum Heil der Menschen! Denn der Herr will in unserer Mitte sein und mit uns durchs Leben gehen."