Er äußert sich gerne langatmig und kompliziert und liebt vor allem eins: Fakten, Fakten, Fakten. Den jovialen "Landesvater", den er auf entsprechend betitelten Wahlplakaten mit Pullover über der Schulter geben wollte, haben die Wähler ihm wohl eher nicht abgenommen. Reiner Haseloff hat nichts Altväterliches an sich. Er ist der eher spröde, nüchterne Typ. Für ihn spricht, dass er sich nicht verstellt und dass er seinen Job als Sachsen-Anhalts Ministerpräsident so schlecht nicht gemacht hat: Die Arbeitslosigkeit sank, der Haushalt stabilisierte sich.
Am Sonntag erzielte der 62-jährige Politiker ein schwächeres Ergebnis für seine Partei als bei der letzten Wahl 2011 - was für die Regierungsbildung voraussichtlich reichen wird, wegen der Schwäche der SPD aber nicht für eine Fortführung der schwarz-roten Koalition: 29,8 Prozent entschieden sich nach dem vorläufigen Endergebnis für die CDU und damit für ihn.
Katholischer Glaube als Konstante
"Hasi" nennt ihn das politische Magdeburg nachsichtig-spöttelnd. Der zärtliche Kosename steht jedoch in deutlichem Gegensatz zu seiner Prinzipentreue, für die er auch berüchtigt ist. Entsprechend sein Motto, auf seiner Homepage einsehbar: "Streng in der Sache, milde in der Form, treu sich selbst." Treue zu sich selbst belegt auch sein Lebenslauf, der kein Brüche aufweist und vor allem zwei Konstanten hat: Die CDU, in die er 1976 bereits zu DDR-Zeiten eintrat, und sein katholischer Glaube. Selbst seine Erstkommunion von 1962 hat er im Netz dokumentiert.
Nach der Wende stieg Haseloff zur Parteispitze auf: So gehört er seit 1990 dem CDU-Landesvorstand an, von 2004 bis 2012 war er stellvertretender Landesvorsitzender. 2002 holte ihn sein Vorgänger Wolfgang Böhmer in die Landesregierung, als Staatssekretär im Wirtschaftsministerium - dessen Leitung er 2006 als Minister übernahm. Praktische Erfahrungen brachte er als langjähriger Direktor des Arbeitsamtes Wittenberg mit. Im CDU-Bundesvorstand sitzt er seit acht Jahren.
Katholiken sind rar
Im April 2011 wurde der geborene Sachsen-Anhalter erstmals zum Ministerpräsidenten gewählt. Damit war er der erste ostdeutsche Katholik an der Spitze des Bundeslandes. Der Glaube spielt für ihn eine große Rolle: Seine Frau sucht ihm täglich ein Bibelzitat zum Start in den Tag heraus, der Besuch der Messe ist für ihn so selbstverständlich wie "alle drei Sekunden zu atmen", so schildert er es selbst. Dies war auch schon zu DDR-Zeiten so, während denen er nach eigener Aussage - wenn nötig auch heimlich - den Gottesdienst besuchte. In Sachsen-Anhalt gehört Haseloff mit seiner Konfession indes einer Minderheit an. Nur etwa 3,5 Prozent der Bevölkerung sind katholisch.
Sein Verhältnis zu den Kirchen ist grundsätzlich gut: Von Anfang an unterstützte der Vater von zwei Söhnen das Netzwerk Leben, das die Diözese Magdeburg 2001 für bedürftige Familien aufbaute. Auch das Reformationsgedenken 2017 fördert er als Landeschef finanziell und ideell nach Kräften, bietet es ihm doch eine willkommene Gelegenheit, das Image seines Bundeslandes aufzupolieren. Gerne verweist Haseloff bei Veranstaltungen auch darauf, dass Sachsen-Anhalt die höchste Klöster- und Kirchendichte bundesweit aufweist. Er will die vergessenen religiösen Wurzeln der Region wieder in Erinnerung rufen.
Auch Kritik aus der katholischen Kirche
Dem widerspricht nicht, dass Haseloff die Kirchen mitunter auch kritisiert: Sie müssten sich mehr auf das besinnen, wofür sie einmal ins Leben gerufen worden seien, findet Haseloff: die Verkündigung des ewigen Lebens. Hier habe die Kirche ein Alleinstellungsmerkmal, während etwa im karitativen Bereich auch genügend andere Organisationen engagiert seien.
Bei aller Verbundenheit im Glauben sind auch die Kirchen nicht immer mit dem Ministerpräsidenten einverstanden. Seine jüngste Forderung nach Obergrenzen für Flüchtlinge, mit der er sich von der Politik der Kanzlerin distanzierte, sieht der katholische Magdeburger Bischof Gerhard Feige dem Wahlkampf geschuldet: "Da wünschte ich mir nicht nur politischen Pragmatismus, sondern stärkere Orientierung an ethischen Werten", kommentierte Feige die Forderung.