Sicherheitsgesetz in Hongkong in Kraft - Kritik und Proteste

Katholiken fürchten um Religionsfreiheit

In Hongkong ist das neue Sicherheitsgesetz in Kraft. Es sieht etwa für Terrorismus und Einmischung von außen lange Haftstrafen vor. Katholiken fürchten um die Religionsfreiheit. Hunderte Demonstranten wurden verhaftet.

Autor/in:
Michael Lenz
Proteste in Hongkong / © Vincent Yu/AP (dpa)
Proteste in Hongkong / © Vincent Yu/AP ( dpa )

In Hongkong ist am Mittwoch das umstrittene Sicherheitsgesetz in Kraft getreten, das unter anderem china- und regierungskritische Demonstrationen als "Terrorismus" unter Strafe stellt. Der Widerstand ist groß; bei ersten Protesten wurden bereits am Mittwoch zahlreiche Menschen verhaftet. Die Polizei ging gewaltsam gegen die Demonstranten vor.

Bedeutung für die katholiesche Kirche in Hongkong

Zu den Gegnern des neuen Gesetzes gehört der emeritierte Bischof von Hongkong, Kardinal Joseph Zen (88), der für seine Kritik an China und der China-Politik des Vatikan bekannt ist. In einer Videobotschaft auf Facebook fand er klare Worte für die kommunistische Führung in Peking: "Vielleicht ist sie wirklich verrückt ... Heißt es nicht 'Wen Gott zerstören will, den macht er erst verrückt'?"

Zen, ein Unterstützer der Demokratiebewegung, sieht die Religionsfreiheit in der chinesischen Sonderverwaltungszone durch das Sicherheitsgesetz in Gefahr - und befindet sich damit im Widerspruch zu seinem Nachfolger Kardinal John Tong Hon (80). Der als chinafreundlich geltende Apostolische Administrator des Bistums sagte jüngst dem Bistumsblatt "Kung Kau Po", die in der Verfassung garantierte Religionsfreiheit werde nicht in Frage gestellt.

Viele Katholiken stimmen nicht mit Tong überein. "Durch dieses Gesetz könnten Geistliche aus Hongkong wie Kardinal Joseph Zen und Weihbischof Joseph Ha Chi-shing, die die Demokratiebewegung unterstützt haben, an das chinesische Festland ausgeliefert und dort vor Gericht gestellt werden, weil Peking sie als Bedrohung des Regimes ansieht", warnt die ökumenische Gruppe International Christian Concern.

Kritik am Sicherheitsgesetz

Die Opposition in Hongkong, aber auch die USA und die EU sehen das Sicherheitsgesetz als Eingriff in das 1997 bei der Rückgabe der Stadt an China durch Großbritannien nach dem Prinzip "ein Land, zwei Systeme" vereinbarte Selbstbestimmungsrecht. Der durch das Gesetz kriminalisierte Einfluss "ausländischer Mächte" auf Hongkong scheint auch Kardinal Tong mit Sorge zu erfüllen. Er hoffe, so der Kardinal, dass der Vatikan nicht als fremde Macht im Sinne des Sicherheitsgesetzes angesehen werde.

Besonders im Visier der Machthaber in Peking sind jene Katholiken und katholischen Einrichtungen, die die Demokratiebewegung unterstützen. Dazu gehören die Bischofskommission für Frieden und Gerechtigkeit, die unter den 89 Unterzeichnern eines Protestbriefes gegen das Sicherheitsgesetz war; aber auch die katholischen Schulen und Universitäten, die die Protestbewegung 2019 aktiv unterstützten. Artikel 9 des Gesetzes besagt, dass die Regierung von Hongkong "die notwendigen Maßnahmen" zur Regulierung der öffentlichen Kommunikation, der Schulen, sozialen Organisationen, der Medien und des Internets ergreifen wird.

Wenig Gutes verheißt auch die Ernennung von Xia Baolong zum Leiter der chinesischen Behörde für Hongkong und Macao. 2018 setzte Xia als Parteisekretär der Provinz Zhejiang die Kampagne zum Abriss von Kreuzen auf Kirchen in Gang, die inzwischen auf weitere Provinzen ausgeweitet wurde.

Was sind die Auswirkungen auf die Beziehungen zum Vatikan?

Das Sicherheitsgesetz dürfte auch Auswirkungen auf die künftige Führung des Bistums Hongkong sowie die diplomatischen Beziehungen zwischen der Volksrepublik China und dem Vatikan haben. Im September läuft das 2018 geschlossene, bislang unveröffentlichte provisorische Abkommen zwischen dem Vatikan und China über Bischofsernennungen aus. Die Verhandlungen über ein Folgeabkommen sollen dem Vernehmen nach in diesem Monat beginnen.

Papst Franziskus soll bereits zu Jahresbeginn Peter Choy Wai-man (61) als neuen Bischof von Hongkong benannt haben. "Der Vatikan hat die Ankündigung seiner Ernennung jedoch verzögert, da diese als Kritik an den in Hongkong anhaltenden politischen Protesten gegen China angesehen werden könnte", schrieb der asiatische Pressedienst Ucanews im Januar. Der Generalvikar des Bistums gilt als Unterstützer Pekings. Der Bischofsstuhl ist seit dem Tod von Bischof Michael Yeung Ming-cheung im Januar 2019 vakant.

Kardinal Zen lässt sich unterdessen vom neuen Sicherheitsgesetz nicht mundtot machen. In seiner Facebook-Botschaft heißt es: "Wenn richtige und angemessene Worte als Gesetzesverstoß angesehen werden, dann will ich alle Anklagen, Verfahren und Verhaftungen erdulden."


Proteste in Hongkong: Polizisten laufen bei einer Demonstration eine Einkaufsstraße entlang / © Keith Tsuji/ZUMA Wire (dpa)
Proteste in Hongkong: Polizisten laufen bei einer Demonstration eine Einkaufsstraße entlang / © Keith Tsuji/ZUMA Wire ( dpa )

Hongkongs Kardinal Joseph Zen Ze-kiun / © Jörg Loeffke (KNA)
Hongkongs Kardinal Joseph Zen Ze-kiun / © Jörg Loeffke ( KNA )
Quelle:
KNA