Zum Abschluss des Treffens vor dem Katholikentag in Stuttgart tauschten sich die Teilnehmer am Mittwoch mit der neuen Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Kerstin Claus, aus.
Dabei bedauerte sie den angekündigten Rückzug von Bischof Stephan Ackermann vom Amt des Missbrauchsbeauftragten der Deutschen Bischofskonferenz. Noch sei unklar, wie die katholischen Bischöfe die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch ab Herbst organisieren wollten, sagte Claus. Zudem drohe die Gefahr eines Vakuums in den kommenden Monaten.
Wer folgt auf Bischof Ackermann?
Ähnlich äußerte sich der Sprecher des Betroffenenbeirats bei der Deutschen Bischofskonferenz, Johannes Norpoth. "Wir wissen auch noch nicht, wo die Reise hingeht." Voraussichtlich Mitte Juli werde es ein Gespräch zwischen den Betroffenen und dem Bischofskonferenz-Vorsitzenden, Bischof Georg Bätzing, geben.
Ackermann hatte Mitte des Monats mitgeteilt, dass er nach zwölf Jahren das Amt des Missbrauchsbeauftragten zur Herbstvollversammlung der Bischöfe in Fulda im September abgeben werde. Zugleich kündigte die Bischofskonferenz an, die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in kirchlichen Zusammenhängen neu aufzustellen.
Zustimmung aus den USA zum Synodalen Weg
In einer Videobotschaft nahm der prominente US-Jesuit James Martin den Synodalen Weg gegen Kritik unter anderem aus seinem Heimatland in Schutz. Die katholische Kirche in Deutschland mache "einen guten Job und geht voran beim Ruf des Papstes nach einer synodaleren Kirche".
Bereits am Dienstag hatte das ZdK grundlegende Änderungen in der Kirche angemahnt. Dafür will das höchste repräsentative Gremium der katholischen Laien in Deutschland nach den Worten von Vizepräsident Thomas Söding "Ideenschmiede und Motor" sein. Präsidentin Irme Stetter-Karp ergänzte, eine große Mehrheit der Katholiken in Deutschland befürworte grundlegende Änderungen in der Kirche.
Wichtiger Katholikentag
"Der Katholikentag ist wichtig - gerade in diesen Zeiten", erklärte die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp. "Wenn er seinem Anspruch, Zeitansage zu sein, gerecht werden will, muss er sich den Krisen dieser Zeit stellen. Das tut er nicht, indem er verzagt."
Nach zwei Jahren Corona-Pandemie wolle das Treffen endlich wieder "echte Begegnung" möglich machen. Zentrale Themen seien der russische Krieg in der Ukraine, die sozialen Folgen der Pandemie und Reformen in der katholischen Kirche. Außerdem gehe es um Glaubensfragen, um Lösungen für die Klimakrise und um gerechteres Wirtschaften. In einer zerrütteten Welt müssten Christen auch "gegen Rechtspopulismus und Verschwörungsdenken auf Solidarität und Geschwisterlichkeit setzen. Wir können das! Und wir tun es!"
Der Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst sagte, das Treffen wolle die Menschen in der Ukraine besonders in den Blick nehmen: "Dieser Katholikentag soll ein starkes Zeichen für den Frieden aussenden." Fürst lud zu einer Friedenskundgebung am Freitagmittag ein.
Vollversammlung verabschiedet zwei Anträge
Auf ihrer Vollversammlung verabschiedeten die Teilnehmer zwei Anträge. Zum einen fordern sie angesichts der Corona-Pandemie mehr Unterstützung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Zum anderen sprechen sie sich für ein starkes europäisches Lieferkettengesetz aus, das Unternehmen dazu verpflichten soll, in der gesamten Lieferkette Umweltstandards sowie fundamentale Arbeits- und Menschenrechte einzuhalten.
In einer persönlichen Erklärung kritisierte der Bundesvorsitzende des Jugenddachverbandes BDKJ, Gregor Podschun, die Debattenkultur bei den ZdK-Treffen. Beispielhaft verwies er auf die aus seiner Sicht oft intransparent verlaufenden Beratungen von Anträgen.
Deutlich weniger Teilnehmer
Unmittelbar nach der Vollversammlung beginnt in Stuttgart der Katholikentag. Das ZdK ist Veranstalter der bis Sonntag andauernden Großveranstaltung, zu dem nach aktuellem Stand bis zu 30.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet werden. Ein beherrschendes Thema wird der Krieg in der Ukraine sein. ZdK-Präsidentin Stetter-Karp äußerte sich besorgt. Schon jetzt zeigten sich weltweit erhebliche Konsequenzen, zum Beispiel für die Ernährungssicherheit. Das Treffen dauert bis Sonntag und steht unter dem Motto "leben teilen". Erwartet werden auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Kanzler Olaf Scholz (SPD).