Katholische Bischöfe appellieren zu Fronleichnam an die Gläubigen

Mehr Selbstkritik und Glaube im Alltag

Die katholischen Bischöfe haben in Festgottesdiensten zu Fronleichnam an die Gläubigen appelliert. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, rief die Katholiken in seiner Predigt zur Selbstkritik auf.

Kardinal Marx predigt / © Harald Oppitz (KNA)
Kardinal Marx predigt / © Harald Oppitz ( KNA )

Wenn es um den Missbrauch der Religion gehe, sollten sie nicht nur auf den Islam schauen, sondern auch auf sich selber, sagte Marx am Donnerstag vor rund 5.000 Gläubigen bei der Festmesse auf dem Münchner Marienplatz. Auch Christen hätten Gott für wirtschaftliche und politische Interessen benutzt, das habe viele Menschen das Leben gekostet. Deshalb müssten Katholiken und Protestanten 2017 beim Gedenken an 500 Jahre Reformation einander vergeben und bekennen, dass sie Schuld auf sich geladen hätten.

Der Münchner Erzbischof rief in seiner Predigt in Erinnerung, dass der Kult im Zentrum des christlichen Glaubens stehe. Dies bedeute, dass das Handeln Gottes allem menschlichen Handeln vorausgehe. "Wir können Glaube und Religion nicht machen, sondern uns nur öffnen für die Initiative Gottes, die er durch Jesus von Nazareth in diese Welt hineingebracht hat", sagte Marx. Dessen barmherziges Antlitz gelte es in die Gesellschaft hineinzutragen, ohne Gegenleistungen zu erwarten.

Immer am zweiten Donnerstag nach Pfingsten feiert die katholische Kirche das Fest Fronleichnam. Dabei bekundet sie ihre Überzeugung, dass Christus in der geweihten Hostie gegenwärtig ist. Ein solches Stück Brot wird bei der Fronleichnamsprozession in einem Schaugefäß, einer Monstranz, mitgeführt.

Erzbischof Becker "Der Glaube stärkt im Alltag"

Der christliche Glaube gibt nach Überzeugung des Paderborner Erzbischofs Hans-Josef Becker Kraft für das tägliche Leben. "In der Gewissheit der Nähe des Herrn können wir im Auf und Ab unserer Alltagserfahrungen stets neu 'Ja' zum Leben sagen".

Das sagte er im Fronleichnamsgottesdienst am Donnerstag im Paderborner Dom. Die Prozession an Fronleichnam sei ein Bekenntnis zu dieser Überzeugung und die öffentliche Proklamation des Glaubens. "Jesus Christus ist das Brot für das Leben der Welt", so der Erzbischof.

Durch Jesus leiblichen und seelischen Hunger stillen

Durch die Eucharistie habe Jesus über seinen gewaltsamen Tod hinaus bei den Menschen sein wollen, um ihren tiefen Hunger nach erfülltem, unzerstörbar endgültigem Leben zu sättigen, sagte Becker. "Als katholische Christen vertrauen wir darauf, dass uns dieses Brot, welches der Herr uns schenkt und in dem er selbst in unserer Mitte gegenwärtig ist, langsam aber sicher verwandeln wird." Jesus befähige dazu, den leiblichen und seelischen Hunger zu stillen. "Denn alle materiellen und ideellen Güter könnten letztlich nie ausreichen, um den Hunger zu stillen, der in jedem Menschen vorhanden sei", sagte der Erzbischof.

Jesus gebe so viel, dass der Vorrat an Liebe, Vertrauen, Lebenskraft und Hoffnung niemals aufgebraucht werden könne. "Er ist das Brot des Lebens für einen jeden von uns mit all unserem Hunger, mit all unseren Sorgen, in unserer Not und in unserer Angst", sagte Becker.

Kardinal Woelki fordert mehr Einsatz für Notleidende

Auf dem Katholikentag in Leipzig ermunterte der Berliner Erzbischof Heiner Koch die Gottesdienstbesucher dazu, das Leben stärker an Gott auszurichten als an Äußerlichkeit. "Wagen Sie es doch einmal, mit diesem Gott zu leben!", rief er aus. Die Beziehung zu Gott sei "eine große Liebesgeschichte mit Höhen und Tiefen, mit Stunden der Erfüllung und des Hungers nach mehr".

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki forderte eindringlich zu mehr Einsatz für Menschen in Not auf. Beim Gottesdienst auf dem Roncalliplatz neben dem Kölner Dom diente ein sieben Meter langes Flüchtlingsboot aus Malta als Altar. "Wer Menschen im Mittelmeer ertrinken lässt, lässt Gott ertrinken - jeden Tag, tausendfach", sagte der Erzbischof.

Bischof Algermissen: Messbesuch feiner Gradmesser

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick sagte, in jeder Messe müsse bei den Mitfeiernden der Wunsch vorhanden sein, so Mensch zu werden wie Jesus Christus. Dann könnten durch die Eucharistie gütige Menschen geformt werden.

Der Augsburger Bischof Konrad Zdarsa erklärte, der Empfang der heiligen Kommunion sei nicht nur Stärkung auf dem Lebensweg der Gläubigen, die empfangene Liebe Gottes gelte es weiterzugeben "bis hin zu unseren ärmsten Brüdern und Schwestern".

Der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen bezeichnete den Besuch der sonntäglichen Eucharistiefeier als "feinen Gradmesser für die Teilnahme am kirchlichen Leben". Der Rückgang der Besucherzahlen in der Sonntagsmesse treffe die Kirche in ihrem Wesenskern mehr, als einem das heute klar sei. Die eigene Beziehung zu Gott müsse sichtbaren Ausdruck und eine "geradezu politische Öffentlichkeit" finden, forderte Algermissen.

Wiener Kardinal Schönborn ruft zu Mitleid mit Flüchtlingen auf

Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn hat die Österreicher zu echtem Mitleid mit Flüchtlingen aufgerufen. In seiner Fronleichnamspredigt kritisierte er Tendenzen, das Leid der Flüchtlinge zu verdrängen. Die entsprechende Stimmung im Land umschrieb Schönborn mit den Worten: "Hauptsache, sie leiden nicht mehr vor unserer Haustür, damit wir es nicht sehen müssen." Dazu habe aber niemand das Recht.

Bei der Flüchtlingsfrage gehe es nicht darum, "das Problem zu lösen, das wir mit den Flüchtlingen haben, sondern darum, das Problem zu lösen, das die Flüchtlinge haben", sagte Schönborn. Jeder im Land sollte zumindest einem Flüchtling persönlich zuhören und dessen Schicksal erfahren, riet der Kardinal. Generell kritisierte er eine "Selbstbezogenheit, an der wir kranken und die für unser Land eine Gefahr ist".


Erzbischof Becker predigt beim Pontifikalamt  (DR)
Erzbischof Becker predigt beim Pontifikalamt / ( DR )

Christoph Kardinal Schönborn (KNA)
Christoph Kardinal Schönborn / ( KNA )
Quelle:
KNA