Katholische Erzieherinnen und Erzieher dringend gesucht

"Der Mangel ist schon recht groß"

Nicht nur die katholischen Träger suchen dringend nach mehr Fachkräften im Erziehungsbereich. Die Düsseldorfer Initiative "Mach was mit Sinn und Zukunft" versucht deshalb zu vernetzen und auch auf Wünsche der Bewerber einzugehen.

Kinder im Sandkasten / © Harald Oppitz (KNA)
Kinder im Sandkasten / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie groß ist denn der Mangel bei den Erzieherinnen und Erziehern?

Stefanie Kaule (Initiative "Mach was mit Sinn und Zukunft"): Der Mangel ist schon recht groß. Die Träger sind sich einig, dass die Mindestbesetzung in vielen Einrichtungen zwar gerade so gewährleistet werden kann. Aber eigentlich könnten in jeder Einrichtung noch ein bis zwei Fachkräfte zusätzlich eingestellt werden. Also wenn alle gesund sind und keiner schwanger ist oder ausfällt, dann klappt es mit der Betreuung der Kinder. Aber es wird in dem Moment schwierig, wenn jemand ausfällt und dann umdisponiert werden muss.

Männer als Kita-Erzieher sind noch eine kleine Minderheit / © Patrick Pleul (dpa)
Männer als Kita-Erzieher sind noch eine kleine Minderheit / © Patrick Pleul ( dpa )

DOMRADIO.DE: Also alles Spitz auf Knopf genäht.

Kaule: Richtig. Einzelne Einrichtungen mussten auch schon die Betreuungszahl der Kinder heruntersetzen, die Gruppengröße ein bisschen absenken, damit eine gute Betreuung noch gewährleistet ist. Es gibt auch ein paar Gruppen, die voll besetzt sind. Es ist immer ein bisschen unterschiedlich.

DOMRADIO.DE: Was hält denn Menschen davon ab, die Ausbildung zur Erzieherin oder zum Erzieher zu beschreiten?

Kaule: Na ja, die, die zu mir kommen, wollen natürlich. Und die, die sich beraten lassen, können sich das grundsätzlich schon mal vorstellen. Ich glaube aber, dass es einfach in vielen Köpfen gar nicht drin ist und auch noch nicht erlebt wurde, was es heißt, Erzieher zu sein. Oder wie es ist, mit Kindern zu arbeiten.

Eigentlich setzen wir auch genau da bei dem Thema Aufklärung und das Thema erlebbar machen an, indem wir Praktika anbieten. Wir ermöglichen zum Beispiel schon Schülern ab der achten Klasse über die Berufsorientierungstage einen Tag einfach nur in einer Einrichtung zu schnuppern und zu gucken: Ist das was für mich?

Dieses Erleben ist viel wichtiger als das, was ich denen erzählen kann.

DOMRADIO.DE: Bei Ihnen gibt es dann die persönliche Beratung. Wie versuchen Sie Leute zu gewinnen?

Kaule: Wir gucken uns die Wünsche von den Bewerbern natürlich an und erzählen auch noch mal von den Rückmeldungen, die uns andere Auszubildende schon öfter gegeben haben, die zeigen, warum sie in diesem Beruf glücklich sind.

Wir fragen, warum sie glauben, dass sie den richtigen Beruf ergreifen? Sie antworten, dass die Kinder so unvoreingenommen sind . Es ist so schön zu sehen, wie Kinder sich entwickeln. Und wenn ich da einen Beitrag zu leisten kann, dann fühle ich mich damit glücklich und habe eine Erfüllung in meinem Leben. Ich habe nicht nur irgendwas produziert oder irgendwas auf dem Schreibtisch liegen und das abgearbeitet, sondern ich habe wirklich was Sinnvolles gemacht. Über diese Schiene gehen wir dann.

Stefanie Kaule

"Es sind mehr Frauen, die sich bewerben, aber Männer sind keine Seltenheit mehr."

DOMRADIO.DE: Wie ist das Verhältnis von Frauen und Männern, die sich bei Ihnen melden?

Kaule: Es sind mehr Frauen, die sich bewerben, aber Männer sind keine Seltenheit mehr. Und auch das erzähle ich den Jungen oder den erwachsenen Männern, je nachdem, wer sich meldet, dass es Kitas gibt, wo auch mehrere männliche Fachkräfte arbeiten, und dass man sich da nicht mehr als Einzelgänger fühlen muss oder denkt, man ist was ganz Besonderes.

Ich glaube, das ist auch wichtig für die jungen Männer; zu wissen, ich bin da nicht allein auf weiter Flur, sondern habe da auch jemanden, der genauso wie ich als Mann diesen Beruf gewählt hat.

DOMRADIO.DE: Gibt es ganz spezielle Problemfelder von männlichen Interessenten?

Kaule: Bisher tatsächlich nicht. Ich glaube, weil es in den Kitas selbst zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Auch in meinem Blick ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Männer diesen Beruf ergreifen. Eigentlich wollen sie nur wissen: Bin ich da allein oder nicht? Aber ansonsten habe ich noch keine spezielle Frage dazu gehört.

DOMRADIO.DE: Sie achten auch auf individuelle Wünsche. Oder wie machen Sie das?

Kaule: Wir sind ja ein Zusammenschluss von fünf katholischen Trägern. Wir haben insgesamt 73 Kitas und 23 offene Ganztagsschulen. Viele kennen wir davon schon persönlich. Die anderen lernen wir demnächst noch kennen. Mit allen Trägern sind wir in ganz engem Kontakt.

Wenn die Bewerber ankommen, fragen wir, was sie für Wünsche haben, wo der Wohnort ist, ob die vielleicht im sozialen Brennpunkt arbeiten möchten. Dann sagt der nächste vielleicht: Ich möchte die Montessori-Pädagogik kennenlernen. Dann gucken wir einfach in den Fundus: Wo haben wir diese Einrichtungen? Was ist gut erreichbar? Ist da eine Stelle frei, halten kurz Rücksprache und können dann die Vermittlung dorthin machen.

DOMRADIO.DE: Und wenn Sie jemanden gefunden haben, geht doch bestimmt unter den fünf katholischen Verbänden der Ärger los, wer die kriegt oder nicht?

Kaule: Nein, wir gucken schon, dass es ausgeglichen ist, dass jeder ein Stück vom Kuchen abbekommt. Aber natürlich steht an erster Stelle: Was ist passgenau? Wir schicken niemanden eine Stunde durch Düsseldorf, nur damit der Verband XY den bekommt, weil der jetzt dran wäre, sondern wir gucken, was wirklich machbar ist. Auch das ist wichtig, um die Leute zu halten. Sie müssen sich wohlfühlen, aber es muss auch eine Erreichbarkeit geben. Ansonsten sind die irgendwann auch wieder weg und suchen sich was anderes.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Studie: In Deutschland fehlen mehr als eine halbe Million Fachkräfte

In Deutschland fehlen nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) mehr als eine halbe Million Fachkräfte. Besonders groß sei die Personalnot in der Sozialarbeit, der Erziehung, der Pflege, dem Handwerk und der Informationstechnik, berichtete das IW am Freitag in Köln. Zuvor hatten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe darüber berichtet.

Einwanderungsgesetz soll Fachkräfte anlocken / © Christoph Schmidt (dpa)
Einwanderungsgesetz soll Fachkräfte anlocken / © Christoph Schmidt ( dpa )
Quelle:
DR
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