Katholische Familie baut Seniorenheim für Priester

"Wir wollen eine Lücke schließen, die die Kirche lässt"

In Kempten im Süden Bayerns entsteht ein Alterswohnsitz nur für Geistliche. 27 Apartments beherbergt der Bau, der kurz vor der Eröffnung steht. Doch es gibt mehr darin als nur Wohnungen: Eine Kapelle für das geistliche Leben.

Autor/in:
Christopher Beschnitt
Ärztin Birgit Heigl und ihr Sohn Julian Heigl, zusammen Geschäftsführer der GmbH hinter Haus Simeon, einer Seniorenresidenz für Geistliche im Ruhestand, im Park von Haus Simeon in Kempten. / © Christopher Beschnitt (KNA)
Ärztin Birgit Heigl und ihr Sohn Julian Heigl, zusammen Geschäftsführer der GmbH hinter Haus Simeon, einer Seniorenresidenz für Geistliche im Ruhestand, im Park von Haus Simeon in Kempten. / © Christopher Beschnitt ( KNA )

Mal plätschert der Bach sacht, mal saust sein Wasser eine Stromschnelle hinab, mal sammelt sich's an einer Staustelle. Am Ende mündet er in einen Teich. Das Ganze lässt sich als Sinnbild sehen, ähnelt der Lauf des Wassers doch dem des Lebens. Und wie der Bach verschwindet auch das Leben irgendwann, geht in etwas anderes über. Dieses andere, den Teich also, hat man hier im Garten des Hauses Simeon stets vor Augen. Das passt, denn die Einrichtung in Kempten im Allgäu richtet sich an Menschen am Lebensabend. Anspezielle Menschen.

"Wir bauen eine Seniorenresidenz für Priester im Ruhestand", sagt Julian Heigl. Zwar gibt es etwa im oberbayerischen Siegsdorf ein ähnliches Ordenshaus. "Doch eine solche Einrichtung auf privater Basis ist deutschlandweit einzigartig", so Heigl weiter. Der 31-Jährige führt mit seiner Mutter Birgit (63) die Geschäfte der gemeinnützigen GmbH, die hinter dem Haus Simeon steht.

Die Ärztin erklärt die Motivation für das Projekt. Ihr Mann - ebenfalls Arzt, er betreibt nebenan ein medizinisches Versorgungszentrum - habe immer wieder Priester als Patienten und erlebt, wie diese im Ruhestand unter Vereinsamung und Verwahrlosung litten. Dann habe sie selbst bei zwei Pfarrern in einem Heim gesehen, wie diese dort "abgestellt" worden seien. "Einfach im Rollstuhl vordem Fernseher." Heigl holt Luft. "Da hat's mich so getroffen! So ist doch kein geistliches Leben mehr möglich!"

Papst-Appell im Fernsehen

2015 war das, wie Heigl erzählt. Damals entschloss sie sich, selbst etwas gegen den von ihr empfundenen Missstand zu tun. Allein: "Ich wusste zunächst nicht, ob auch Gott dafür ist." Dann, 2016, sah sie im Fernsehen den Papst. Er habe die Gläubigen zu Barmherzigkeit aufgerufen: "Baut Altenheime! Baut Krankenhäuser!" Damit war für Birgit Heigl alles klar.

Inzwischen steht die Ruhestandspriester-Residenz, genannt Haus Simeon. Der Name erinnert an jenen biblischen Greis, dem Maria und Josef begegneten, als sie Jesus nach seiner Geburt zum Tempel brachten, und der hernach befand, dank dieser Begegnung in Frieden sterben zu können.

Das Simeon-Haus bietet Platz für 27 Priester und zölibatär lebende Diakone. Die Zwei-Zimmer-Wohnungen sind um die 50 Quadratmeter groß und mit Küche, Bad und Balkon ausgestattet. Die Monatsmiete beträgt ungefähr 2.000 Euro inklusive Grundservice wie Reinigungsdienst. Einen zweistelligen Millionenbetrag hat seine Familie dafür investiert, wie Julian Heigl sagt. Neben der Miete will er Spenden generieren, die Mitarbeiter etwa für Rezeptionsaufgaben finanzieren sollen.

Kapellen-Weihe mit Bischof

Insgesamt misst das Haus 3.000 Quadratmeter, die Hälfte davon entfällt auf Gemeinschaftsräume wie Bibliothek, Restaurant, Fitnessraum und Sauna. Auch ein ambulanter Pflegedienst ist eingeplant. Ganz oben gibt es eine Kapelle. Zu deren Weihe wird am 5. Juli der Augsburger Bischof Bertram Meier erwartet, in dessen Bistum Kempten liegt.

Meier vertritt die katholische Kirche, der die Heigls sehr verbunden sind. Birgit Heigl ist etwa im Pfarrgemeinderat engagiert. Sie sagt im Blick aufs Haus Simeon aber auch: "Wir wollen eine Lückeschließen, die die Kirche lässt." Denn sie lege Priestern zum Ruhestand oft nahe, ihren bisherigen Wirkungsort zu verlassen, um den Nachfolger nicht zu behindern. Dazu befragt, verweist das Bistum Augsburg auf seinen Sozialdienst für emeritierte Priester und deren Pfarrhausfrauen. Zudem heißt es, man begrüße die Initiative der Heigls.

Bisher eine feste Zusage

Wenn demnächst wiederum der Bischof in Kempten begrüßt werden wird, wird er wohl auch den Blick von der Dachterrasse neben der Kapelle genießen. Über den 4.000-Quadratmeter-Park geht er bis in die Alpen. Vor dieser Kulisse sagt Heigl: "Die Priester haben ihr Leben lang anderen gedient, zum Ende sollen sie zulassen dürfen, dass Gott von ihnen nicht nur Opfer und Verzicht verlangt."

Bisher gibt es einen Mann, der unterschrieben hat, das versuchen zu wollen. Im August soll er einziehen. Wann er Nachbarn bekommt? Jeden Tag erhalte er zwei, drei Anfragen, sagt Julian Heigl, die weitere Entwicklung bleibe abzuwarten. Es ist also noch manches im Fluss beim Haus Simeon. Nicht nur der Bach im Garten.

Quelle:
KNA