Katholische Kirche will keine Widerspruchslösung bei Organspende

"Grundsätzlicher Systemwechsel nicht weiterführend"

Die katholische Kirche hält die von zahlreichen Parlamentariern angestrebte Widerspruchslösung bei Organspenden für den falschen Weg. Es gebe noch genug andere Stellschrauben beim aktuellen System, so die Argumentation.

Ausfüllen eines Organspendeausweises / © Julia Steinbrecht (KNA)
Ausfüllen eines Organspendeausweises / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Von höchster Ebene in der katholischen Kirche in Deutschland kommt Gegenwind gegen eine geplante Widerspruchslösung bei Organspenden. 

Der Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Prälat Karl Jüsten, bekräftigte am Freitag, dass die vorgestellte Lösung nicht der richtige Weg sei. Die Bereitschaft zur Organspende verdiene als Akt der Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft über den Tod hinaus höchste Anerkennung. "Zugleich ist die Entscheidung für oder gegen eine Organspende eine höchstpersönliche Frage. Das sollte sie auch bleiben", betonte Jüsten.

Karl Jüsten / © Jannis Chavakis (KNA)
Karl Jüsten / © Jannis Chavakis ( KNA )

Der Bundestag hatte am Donnerstagabend in Erster Lesung über einen interfraktionellen Antrag zur Organspende beraten. Die darin angestrebte Widerspruchslösung ist das Gegenmodell zur bestehenden Regelung. Bisher braucht es ausdrücklich die Erlaubnis von Patienten - etwa durch einen Organspendeausweis -, damit ihre Organe im Falle des Todes, speziell des Hirntodes, für Transplantationen entnommen werden können. 

Bei der Widerspruchslösung gilt dagegen: Wer nicht ausdrücklich widersprochen hat, kommt als Spender infrage. Die Bundesärztekammer befürwortet den sogenannten Systemwechsel.

Entscheidungen über Lebensgestaltung

Jüsten betonte, das christlich geprägte Menschenbild beinhalte, dass der Einzelne Entscheidungen über seine Lebensgestaltung und seinen Leib frei in Verantwortung gegenüber Gott und Anderen treffen dürfe.

"Eine gesellschaftliche Grundentscheidung, dass jeder Mensch grundsätzlich als Organspender anzusehen ist, sofern er nicht ausdrücklich widerspricht, passt nicht gut zu dieser Sicht des Menschen", so Jüsten. Darüber hinaus erscheine es aktuellen Studien zufolge zweifelhaft, ob eine solche Regelung eine "automatische" Erhöhung der Organspendezahlen bringe.

Organspendeausweis / © Julia Steinbrecht (KNA)
Organspendeausweis / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Daher bleibe die katholische Kirche bei ihrer Haltung: "Nicht ein grundsätzlicher Systemwechsel ist in dieser Frage weiterführend, sondern weiterführend sind ganz praktische Maßnahmen und Anstrengungen von Staat und Gesellschaft, die die strukturellen und organisatorischen Probleme im Transplantationsverfahren zielgerichtet und engagiert angehen." Dazu gehörten etwa ausreichend Entnahmekrankenhäuser, Vertrauensaufbau und allgemeine Aufklärungs- und Informationskampagnen.

In einer jüngst vom Max-Planck-Institut veröffentlichten Analyse unter allen Mitgliedsländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zur Organspende ergab sich kein signifikanter Unterschied zwischen Ländern mit Zustimmungs- und Widerspruchslösung. Die Umstellung führt laut Analyse nicht zur Zunahme der Spenden.

Katholisches Büro

Das Kommissariat der deutschen Bischöfe – Katholisches Büro in Berlin – ist eine Dienststelle der Deutschen Bischofskonferenz und des Verbandes der Diözesen Deutschlands. Die Leitung hat Prälat Dr. Karl Jüsten inne.

Schloss Bellevue, Sitz des Bundespräsidenten / © Christophe Gateau (dpa)
Schloss Bellevue, Sitz des Bundespräsidenten / © Christophe Gateau ( dpa )
Quelle:
KNA