DOMRADIO.DE: Was fasten denn die meisten Menschen in der Fastenzeit? Immer noch das Essen?
Nora Klar (Katholische Ehe-, Familien- und Lebensberatung Wuppertal): Viele Menschen fasten Süßigkeiten oder essen weniger Fleisch. Aber folgenden Gedanken hatte ich selbst letztens erst: Es muss ja in der Fastenzeit auch nicht immer direkt um den Verzicht gehen. Also ich bekomme auch mit, dass viele Menschen schauen, dass man Dinge bewusster in der Fastenzeit machen kann. Ich meine, dass man einfach Schnelllebigkeit fastet, man nimmt sich für bestimmte Dinge mehr Zeit. Zum Beispiel kann ich mir mehr Zeit nehmen – mit meinen Kindern oder mehr Zeit für die Partnerschaft, mehr Zeit für Zweisamkeit. Der Anspruch ist, den Blick bewusst auf etwas zu legen. Das kann ja auch ein ganz spannender Gedanke in der Fastenzeit sein.
DOMRADIO.DE: Es gibt ja auch immer mehr Podcasts, die sich mit dem Thema Fasten und Fastenzeit beschäftigen. Auch Videos, bei Instagram sieht man Fastenimpulse. Was halten Sie davon? Hat das auch etwas mit Fasten zu tun?
Klar: Erst mal finde ich es spannend, dass sich so viele Menschen irgendwie Gedanken darum machen und sich da vielleicht auch Anregungen oder Impulse holen. Ich finde, das kann auch was mit Fasten zu tun haben. Das ist ja ganz individuell und man entscheidet, wie es für einen selbst stimmig ist. Denn es ist wichtig, auch wenn es um Selbstdisziplin geht, dass das immer auf einen selbst passt.
DOMRADIO.DE: Was kann ich denn tun, wenn sich bei mir der "Schlendrian" einschleicht?
Klar: Wenn das passiert, ist das ganz normal. Ich glaube, das passiert den Besten. Die meisten haben irgendwie so einen Punkt, wo sie sich fragen, ob sie das das überhaupt schaffen, ob sie das noch schaffen möchten. Da gibt es ein paar Punkte, die am Anfang helfen, um mehr Durchhaltevermögen zu haben. Da ist es ganz wichtig, dass man sich vorher wirklich konkrete Ziele steckt. Je konkreter das Ziel ist, desto mehr kann ich mich in solchen Momenten, in denen der innere Schweinehund kommt, wieder an das ursprüngliche Ziel zurückerinnern. Da ist die Sinnhaftigkeit dahinter wichtig, man muss diesem konkreten Ziel einen Sinn verleihen. Denn das ist gerade in den Momenten, wo man einknickt, wichtig, sich wieder in Erinnerung zu rufen, wofür ich das hier eigentlich mache. Das kann sehr helfen.
Das würde ich den Menschen mit an die Hand geben wollen, dass man seine Ziele an Gewohnheiten knüpft. Wir kennen das: Dinge, die zur Gewohnheit werden, fallen auch leichter. Das ist natürlich auch in der Fastenzeit super, wenn man die Dinge direkt zur Gewohnheit werden lässt.
Ich gebe ein Beispiel: Wenn ich mir vornehme, mehr Wasser zu trinken, mehr Flüssigkeit am Tag zu mir zu nehmen, dann macht es Sinn. Nun haben wir bestimmte Vorgänge am Tag mit gewissen Handlungen verknüpft. Wenn ich gegessen habe, putze ich mir die Zähne. Und das mit dem Wasser trinken könnte man so zur Routine werden lassen, dass jedes Mal, wenn ich meinen Laptop aufklappe, ich ein großes Glas Wasser trinke. Oder jedes Mal, wenn ich in die Küche gehe, trinke ich ein großes Glas Wasser.
DOMRADIO.DE: Ich versuche gerade mehr Obst zu essen und klebe Smileys mit meinem Namen auf das Obst. Ist das eine gute Idee?
Klar: Ja, das ist eine total schöne Idee, das ist super. Genau mit solchen kleinen Hilfsmittelchen kann man sich da wirklich unterstützen. Versuchen Sie auch das öffentliche "Commitment" zu stärken, also Ihren Kollegen und ihrer Familie von ihrem Vorhaben zu erzählen. Damit sorgen Sie für eine leichte Kontrolle von außen.
DOMRADIO.DE: Dürfte ich denn, wenn das nach zwei Wochen mit dem Obst nicht klappt, eine andere Idee vornehmen für die restlichen Wochen, die wir noch vor uns haben in der Fastenzeit?
Klar: Selbstverständlich! Auf jeden Fall, das darf nicht so streng gesehen werden. Vor allen Dingen ist es wichtig, dass man nett zu sich selbst ist und sich selbst im Blick hat. Es soll ja nicht alles mit Druck und Zwang verbunden sein. Wenn ich merke, das ist nicht das Ziel oder das tut mir nicht gut, es ist nicht das Richtige für mich, bin ich ja auch derjenige, der sich das Ziel gesteckt hat und dann kann ich das auch verändern. Also das ist vollkommen legitim. Man sollte sich natürlich fragen, warum ich das jetzt verändern will. Liegt es nur am inneren Schweinehund? Kann ich mich vielleicht unterstützen, das durchzuziehen? Aber wenn es sich wirklich nicht stimmig anfühlt oder nicht gut oder nicht richtig, kann man auch nach zwei Wochen sagen: Ich breche das Ganze ab.
Also dann darf man nicht zu hart mit sich sein.
DOMRADIO.DE: Alle, die sich jetzt denken, ich habe noch nicht angefangen, aber jetzt leg ich mal los – was können Sie denen mitgeben?
Klar: Die Grundlage von Selbstdisziplin ist, einfach loszulegen. Egal zu welchem Zeitpunkt. Am Aschermittwoch starten ja die meisten, da geht die Fastenzeit los. Aber man kann auch heute loslegen und sich einfach überlegen, was wird mir guttun und worauf möchte ich vielleicht verzichten? Was möchte ich vielleicht auch bewusster in den Blick nehmen? Also schauen Sie, was Ihnen guttut und worauf Sie Lust haben? Dann loslegen, einfach machen.
Das Interview führte Oliver Kelch.