DOMRADIO.DE: Man kann nicht mehr sagen, dass immer der Mann arbeiten geht und die Frau den Haushalt macht, oder?
Nora Klar (Katholische Ehe-, Familien- und Lebensberaterin in Wuppertal): Nein, die Gesellschaft hat sich schon verändert. Mittlerweile ist es so, dass die Erwerbsarbeit von Müttern deutlich gestiegen ist. Immer mehr Frauen gehen arbeiten und gehen auch früher arbeiten.
Trotzdem ist es so, dass bei vielen Frauen die Sorgearbeit trotz der Erwerbsarbeit noch sehr hoch und ungleich verteilt ist.
DOMRADIO.DE: Woran liegt das? Liegt das auch an der Elternzeit, die doch noch meistens und länger von Frauen genommen wird?
Klar: Ja, tatsächlich ist das ein Grund, der auf jeden Fall sehr präsent ist. In vielen Beziehungen läuft es so ab, dass die Frau einen längeren Zeitraum in Elternzeit geht. Dadurch entwickeln sich Handlungsmuster und auch Zuständigkeitsbereiche. Das heißt, die Frau übernimmt bestimmte Aufgaben, die der Mann dann vielleicht nicht übernimmt.
Wenn es dann so ist, dass die Frau wieder arbeiten geht oder wieder mehr arbeiten geht, dann bleiben diese Zuständigkeitsbereiche häufig bestehen. Das heißt, das Paar bleibt in den alten Mustern. Plötzlich ist es dann so, dass die Frau arbeitet und Sorgearbeit leistet – und das auch ziemlich viel. Es gibt dann ein ganz schönes Ungleichgewicht.
DOMRADIO.DE: Heißt das, die Elternzeit sollte der Partner machen, damit sich solche Muster nicht einschleifen?
Klar: Es ist schon so, dass Paare den Blickwinkel verändern und schauen, wie sie das mit der Elternzeit machen können. Vielleicht ist es auch attraktiv, dass der eine Teil die Hälfte der Elternzeit zu Hause bleibt und der andere Teil die andere Zeit übernimmt. Die Gedanken dahin sind schon offener geworden.
Allerdings ist es auch schwierig, weil man schauen muss, wie man das mit dem Geld macht, das für die Familie dann zur Verfügung steht. Häufig ist es leider so, dass nicht nur die Sorgearbeit ungleich verteilt wird, sondern auch das verdiente Geld, da Männer meist mehr Geld verdienen und die Familien dann schauen müssen, wie sie sich das finanziell leisten können.
DOMRADIO.DE: Gibt es noch gesellschaftliche Rollenbilder wie zum Beispiel einer "Rabenmutter", wenn man nach der Geburt schnell wieder arbeiten geht?
Klar: Ja, bei uns in Beratung haben wir häufig mit Frauen zu tun, die aufgrund dieser vielen Rollenbilder hilflos sind. Dann hört man vielleicht von der einen Person: "Du musst ganz schnell wieder arbeiten gehen, sonst bist du die totale Glucke und kannst dich von deinem Kind nicht trennen." Und: "Wie, du stillst noch, dein Kind ist doch schon ein Jahr alt?!"
Solche Sätze oder auch das Gegenteil gibt es auch: "Wie, du willst nach einem halben Jahr wieder arbeiten gehen? Du bist eine totale Rabenmutter." Mit denen werden Mütter konfrontiert und das ist natürlich schwierig. Da ist es auch wichtig, mal hinzugucken und Frauen zu entlasten.
DOMRADIO.DE: Was kann denn der Mann Sinnvolles zum Muttertag machen, was er nicht besser jeden Tag täte?
Klar: Das ist eine spannende Frage. In vielen Regionen ist es so, dass sich am Vatertag die Männer Zeit für sich selbst nehmen und mit ihren Kumpels zum Beispiel auf Bollerwagen-Tour gehen.
Der Muttertag sieht dann häufig so aus, dass die Mama sich vielleicht über ein Frühstück ans Bett noch freut und dann Zeit mit dem Kind oder mit der Familie verbringt. Vielleicht sollte man auch mal überlegen, dass das auch ein Tag sein könnte, an dem die Mama, wenn sie möchte, Zeit für sich hat und das tun kann, worauf sie Lust hat.
Sie kann sich vielleicht auch mal aus dem Familienalltag herausnehmen. Das wäre ein spannender Gedanke.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.