DOMRADIO.DE: Elli Betz ist Krankenschwester, kommt aus Bayern und ist zurzeit in Uganda unterwegs. Nicht um Urlaub zu machen, sondern um in einer Gemeinde ehrenamtlich zu helfen und auch zu lernen. Sie unterstützt damit mit ihrem Engagement den Verein Hilfe für Kiwoko in Uganda im katholischen Krankenhaus vor Ort. Felix Flachenecker ist Mitgründer vom Verein und ebenfalls vor Ort. Wie haben die Menschen Sie in Uganda empfangen?
Felix Flachenecker (Arzt und Mitgründer vom Verein "Hilfe für Kiwoko Uganda"): Egal, wo wir hinkommen: Man wird mit offenen Armen empfangen. Es macht Spaß, mit den Leuten in Kontakt zu kommen. Man findet recht schnell eine Basis, aufgrund derer man dann doch kommunizieren kann, auch wenn das mit der Sprache manchmal ein bisschen schwierig ist.
Elli Betz (Krankenschwester): Die Menschen hier legen eine Herzlichkeit an den Tag – das ist unfassbar.
DOMRADIO.DE: In Ihrem Blog schreiben Sie, dass die Menschen vor Ort Kraft im Glauben finden. Wie unterscheidet der sich generell von dem Glauben, den wir hier in Deutschland kennen?
Betz: Der Glaube trägt die Menschen komplett. Also ich glaube, der Lebensinhalt oder die Lebenskraft ist wirklich aus dem Glauben an Gott gezogen. Und das erlebt man eben im Gottesdienst. Diese Gottesdienstformen kannte ich vorher überhaupt nicht. Ich war auch noch nie im Ausland und es hat mich überwältigt. Diese Liebe, die da zu spüren ist – da weiß man, dass das die Menschen definitiv trägt.
Gerade morgens im Gottesdienst. Es ist eine ganz andere Basis für die Arbeit, wenn vormittags die Ärzte, die Krankenschwestern, der Chefarzt, alles an Personal, miteinander erst mal Gott für alles dankt, Lobpreis macht, Predigten hält. Das prägt die Menschen definitiv.
DOMRADIO.DE: Sie sind vor Ort um zu helfen. Hilfe wird in Uganda, auch in Kiwoko benötigt. Was für eine Hilfe ist das?
Flachenecker: Wir unterstützen das Krankenhaus vor allem medizinisch. Wir haben den Verein vor vier Jahren gegründet, haben einige Anschaffungen gemacht, um die Diagnostik und damit letztendlich die Therapie der Menschen vor Ort zu verbessern. Wir konnten mit diversen Geräten unterstützen, zum Beispiel zur Analyse vom Blut. Ein Röntgengerät wird gerade digitalisiert. Wir haben auch schon kleinere Geräte wie EKG-Geräte aus Deutschland geschickt.
Und wir sind jetzt vor Ort zum einen, um uns das Ganze mal anzuschauen und zum anderen, um im Rahmen des sogenannten Expert Exchange Program, das wir seit einiger Zeit haben, mit den Leuten in Kontakt zu kommen, den Alltag zu teilen und um in den verschiedenen Berufsgruppen, die wir haben, mit den Leuten über die Therapie zu diskutieren und gemeinsam voneinander zu lernen.
DOMRADIO.DE: Aber Sind sind nicht nur da, um zu diskutieren, Sie packen auch mit an, oder?
Flachenecker: Genau so ist es. Der Tag beginnt für mich mit dem Doktor-Meeting, wo die verschiedenen Fälle, die am Vortag aufgenommen wurden, präsentiert werden. Danach geht es auf Station und da sind wir vollwertige Mitglieder des Teams. Das heißt, wir sind bei den Visiten dabei, die Kolleg:innen messen Blutdruck und nehmen die Vitalzeichen, so wie es die einheimischen Krankenschwestern machen.
Und wir machen eben die Untersuchungen und stellen die Therapiepläne für die Patienten auf. Und das machen wir natürlich gemeinsam mit den einheimischen Ärzten, damit das auch möglichst nachhaltig ist und langfristig den Leuten vor Ort zu Gute kommt – länger als die drei Wochen, die wir jetzt vor Ort sind.
DOMRADIO.DE: Wir in Europa beschäftigen uns immer noch viel mit Corona. Was ist das Problem in Uganda außer Corona?
Flachenecker: Corona hat hier natürlich die letzten zwei Jahre auch sehr viel Einfluss gehabt auf die Therapie. Es mussten viele Mitarbeiter entlassen werden, weil die Finanzen vom Staat gekürzt wurden. Ansonsten hat man viele Tropenerkrankungen. Tuberkulose ist ein großes Problem, auch mit verschiedenen Organmanifestationen – es ist nicht nur die klassische Lungentuberkulose, wie wir sie kennen. Infektionserkrankungen wie Malaria sind eigentlich überall gegenwärtig.
Ansonsten gibt es ähnliche Erkrankungen wie die, die wir haben: neben Verkehrsunfällen Bluthochdruck, Diabetes, Schlaganfälle. Das nimmt in Uganda genauso zu wie bei uns.
DOMRADIO.DE: Stichwort Verkehrsunfälle. Ich habe in einem Video gesehen, dass man für eine 20 Kilometer-Strecke mehr als zwei Stunden braucht. Ein großes Problem ist, glaube ich, die schnelle, zeitnahe Versorgung von kranken Menschen. Wie kann man sich das in Afrika vorstellen?
Flachenecker: Schnelle Hilfe ist erst gar nicht möglich. Die Straßen kann man nicht Straßen nennen. Das ist eine Katastrophe. Diese Wege sind voller Schlaglöcher, es gibt Rinnen, die sind vom Regen ausgespült. Dann wechselt das Wetter auch ziemlich häufig. Wenn der Regen einsetzt, ist alles überflutet und matschig. Die Autos bleiben stecken und dann ist auf den Straßen trotzdem extremer Verkehr durch diese ganzen Boda Bodas, die hier fahren. Das sind kleine Motorräder, mit denen man noch am schnellsten vorankommt.
Dass der Rettungswagen in einer Viertelstunde da ist wie wir es kennen, ist hier nicht möglich. Die Distanzen sind für die medizinische Versorgung ein großes Problem. Weniger, dass es wirklich weite Kilometerstrecken sind, sondern wirklich die Zeit, die man dafür benötigt. Das Krankenhaus hat deswegen auch ein Projekt mit kleinen Teams, die täglich in verschiedene Regionen fahren, insgesamt über 20, sodass sie in jedem Gebiet einmal im Monat sind.
Wir selber waren gestern Teil eines Teams, das dann geimpft hat. Junge Mütter werden untersucht, deren Babys; Schwangere bekommen sowohl Impfungen als auch Folsäure, was enorm wichtig ist, damit sich das Kind gut entwickelt. Das ist eine wichtige Arbeit, weil – wie wir gestern selber erleben durften – es so schwierig ist, von A nach B zu kommen. Und wenn man sich vorstellt, dass die Leute sehr arm sind, ein Transport schwierig zu bekommen ist und dieser – auch wenn es für unsere Verhältnisse relativ günstig ist – eben Geld kostet, dann ist es eine enorm wichtige Arbeit vom Krankenhaus, dass man mit einem kleinen Bus in die Regionen fährt, um dort medizinische Hilfe anzubieten.
DOMRADIO.DE: Drei Wochen sind Sie vor Ort. Die Hälfte der Zeit ist rum, was kommt noch auf Sie zu?
Betz: Wir werden jeden Tag nutzen, um in die verschiedenen Abteilungen rein zu schauen. Das Krankenhaus an sich ist von den Fachdisziplinen ziemlich gut aufgestellt, muss man sagen. Interessant für uns natürlich sind die Neugeborenen oder Frühgeborenen auf Intensivstation, weil wir die in unserem Krankenhaus zu Hause nicht haben. Das auch mal zu sehen und einfach die ganzen Strukturen mit kennenzulernen und ja, einfach zu lernen.
Das Interview führte Oliver Kelch.