DOMRADIO.DE: Was hatte denn vor knapp 100 Jahren der preußische Staat mit dem katholischen Kirchenvermögen zu tun?
Dr. Antonius Hamers (Direktor des Katholischen Büros NRW): Als der preußische Staat vor 100 Jahren dieses Kirchenvermögensverwaltungsgesetz erlassen hatte, hat er sich an einem älteren Gesetz orientiert, was ungefähr noch einmal 50 Jahre älter war und aus der sogenannten Kulturkampfzeit kam, also aus den 1870-er Jahren des 19. Jahrhunderts.
Der Hintergrund war der, dass der Staat der Kirche – insbesondere den Geistlichen – bei der Vermögensverwaltung besonders auf die Finger schauen wollte und damals bereits bestimmte Beschränkungen bei der Verwaltung des Kirchenvermögens eingeführt hat und vor allem – und das ist dann vor 100 Jahren auch noch einmal bestätigt worden – die Beteiligung der Laien; also dass Glieder aus der Gemeinde gewählt werden, um an der Verwaltung des Kirchenvermögens beteiligt zu werden.
Das war das Interesse des Staates, damit dafür zu sorgen. Das hing natürlich auch damit zusammen, dass der Staat zum Teil der Kirche auch Vermögensgegenstände anvertraut hat. Aber insgesamt ging es vor allem darum, das Kirchenvermögen nicht allein den Geistlichen zu überlassen.
DOMRADIO.DE: An welchen Stellen hat es denn bei der Anwendung des alten Gesetzes zuletzt gehakt?
Hamers: Dass ein staatliches Gesetz da ist, das regelt, wie die Kirche ihr Vermögen zu verwalten hat, ist im Grunde antiquiert. Nordrhein-Westfalen ist das einzige Land, was sich noch an diesem alten preußischen Vermögensverwaltungsgesetz orientiert bzw. wo das in Geltung ist. In allen anderen Bundesländern sind diese staatlichen Gesetze lange durch Kirchengesetze abgelöst worden, sprich umgewandelt worden.
Wenn in diesem Kirchenvermögensverwaltungsgesetz jetzt auch angesichts der Veränderungen, die wir in unseren Kirchengemeinden vornehmen müssen, etwas geändert wird, dann muss, weil es ein staatliches Gesetz ist, jede Änderung durch den Landtag. Daran sieht man, wie absurd es ist, wenn die kirchliche Vermögensverwaltung betroffen ist, dass durch dieses staatliche Gesetz sich der Landtag damit befassen muss.
Den fünf NRW-Bistümern geht es darum, jetzt ein inhaltsgleiches kirchliches Gesetz zu erlassen, das dann auch schneller und besser an die pastoralen und an die wirklichen Herausforderungen angepasst werden kann. Nach dem jetzt geltenden Gesetz kann nicht per E-Mail eingeladen werden. Es können keine digitalen Sitzungen gemacht werden.
Es müsste alles, wenn wir das in dem bestehenden Gesetz verändern wollen, durch den Landtag. Und da haben wir gesagt, dass es jetzt höchste Zeit ist, dieses staatliche Gesetz durch ein kirchliches Gesetz abzulösen.
DOMRADIO.DE: Gucken wir mal konkreter auf die Änderungen. Da geht es unter anderem um die Bestellung eines geschäftsführenden Vorsitzenden, der dem Pfarrer Verwaltungsaufgaben abnehmen soll. So etwas gibt es ja auch schon in einigen Bistümern. Es gibt aber zum Teil auch hauptamtliche Verwaltungsleitungen in den Pfarrgemeinden. Erübrigt sich dadurch denn nicht so eine geschäftsführende Aufgabe im Ehrenamt?
Hamers: Nein, die erledigt sich dadurch nicht. Der Kirchenvorstand ist nicht nur das Aufsichtsgremium, sondern vor allem ist es das Vertretungsgremium. Der Kirchenvorstand vertritt die Kirchengemeinde nach außen in Vermögensfragen oder eben auch als Arbeitgeber.
Und das ist ganz, ganz wichtig, dass weiterhin auch qualifizierte Laien, qualifizierte Ehrenamtliche an dieser Vermögensverwaltung beteiligt werden. Sowohl als Entlastung für den Pfarrer, aber auch als Beteiligung und auch als Entlastung und in gewisser Weise natürlich auch als Kontrolle den Verwaltungsangestellten gegenüber. Insofern finde ich, dass diese demokratische Beteiligung unverzichtbar ist.
DOMRADIO.DE: Eine weitere Neuerung ist die, dass Kirchenvorstandsmitglieder nicht mehr zwingend auf dem Gebiet der jeweiligen Pfarrei ihren Wohnsitz haben müssen. Trägt damit der neue Gesetzentwurf der Entwicklung Rechnung, dass sich viele Gläubige in anderen Gemeinden heimisch fühlen da, wo sie wohnen?
Hamers: Genau. Ursprünglich war es ja ganz streng dieses Ortsprinzip, dass Sie nur den Kirchenvorstand mit wählen können und auch nur in dem Kirchenvorstand Mitglied sein können, der in der Pfarrei ist, in der Sie wohnen. Aber wenn Sie heute zum Beispiel in Großstädten die Leute fragen, in welcher Pfarrei sie wohnen, und auch gerade nach den Veränderungen, die wir vorgenommen haben, und Zusammenlegung von Pfarreien, wird das natürlich für die Leute immer schwieriger, sich da konkret zuzuordnen.
Gerade in größeren Städten, aber durchaus auch auf dem Land wählen die Leute natürlich stärker noch mal aus, zu welcher Kirchengemeinde sie sich zugehörig fühlen möchten. Das, was beim Pfarrgemeinderat bislang schon vorher möglich war, dass ich mich einer Pfarrei zugehörig fühle und dann auch da Mitglied werden kann, das wollen wir jetzt beim Kirchenvorstand auch so handhaben.
Die Leute, die sich zu der Kirchengemeinde zugehörig fühlen, sollen sowohl den Kirchenvorstand mit wählen können und vor allem auch im Kirchenvorstand mitarbeiten können, sprich in den Kirchenvorstand gewählt werden können.
DOMRADIO.DE: Bei der Aufstellung der Kandidaten und Kandidatinnen zur Wahl soll nun auch stärker darauf geachtet werden, dass Frauen und Männer gleichermaßen berücksichtigt werden. Tatsächlich scheint der Kirchenvorstand in vielen Pfarreien doch immer noch eher Männersache zu sein. Woher kommt diese Entwicklung?
Hamers: Das ist – glaube ich – eine generell schwierige Entwicklung. Das sehen Sie zum Beispiel auch in den Gemeindeparlamenten, also in den Gemeinderäten, dass es offensichtlich schwieriger ist, Frauen für solche Aufgaben zu motivieren. Aber das soll nicht heißen, dass wir das deswegen nicht tun, sondern das ist das ganz erklärte Ziel, nochmal stärker auch Frauen mit einzuladen, in diesen Gremien mitzuarbeiten und ihre Qualifikationen mit einzubringen.
Es ist interessant, dass es in vielen Bereichen nach wie vor ein Problem ist. Aber da müssen wir ran und deutlich machen, dass wenn die Frauen die Hälfte der Gemeindeglieder stellen, sie dann selbstverständlich auch zur Hälfte an der Repräsentation und an der rechtsgeschäftlichen Vertretung der Kirchengemeinde beteiligt werden.
Das Interview führte Dagmar Peters.