DOMRADIO.DE: Sie haben eine Sprechstunde zum Kirchenvorstand über Videokonferenz angeboten mit etwa 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Da gab es Interessierte, Fragende, kritische Stimmen. Viele interessiert jetzt natürlich, wo stehen wir eigentlich? Der Bischof ist ein halbes Jahr in einer Auszeit, der Pastorale Zukunftsweg pausiert schon länger. Was soll man jetzt von all dem halten?
Domkapitular Msgr. Markus Bosbach (Leiter der Hauptabteilung Entwicklung Pastorale Einheiten): Sie haben völlig recht, wir sind im Erzbistum Köln in einer schwierigen, herausfordernden Lage. Aber dennoch bleibt das Leben nicht stehen. Vor allen Dingen auch das Leben in den Gemeinden geht weiter und jetzt nach Corona hoffentlich sehr rege. Vieles geht jetzt wieder los und da werden Männer und Frauen gebraucht, die das vor Ort durch ihr ehrenamtliches Engagement auch in den verantwortlichen Gremien mitgestalten.
Ich fände es sehr schade, wenn man sich jetzt zurückzieht, weil man sagt, da oben stimmt irgendetwas nicht oder im Bistum grundsätzlich stimmt irgendetwas nicht. Dann leidet vor Ort die kirchliche Arbeit, die aber vielen gerade am Herzen liegt.
DOMRADIO.DE: Der Kirchenvorstand kümmert sich um die Finanzen einer Gemeinde und das bedeutet aber nicht nur Buchhaltung, sondern auch ernst zu nehmende Mitbestimmung. Es kann also ganz attraktiv sein...
Bosbach: Der Kirchenvorstand ist ein wichtiges Gremium, das auch Entscheidungskompetenzen hat im Hinblick auf die Ressourcen, also auf Finanzen, auf Personal, auf die Gebäude. Und damit können wichtige Voraussetzungen für eine gute seelsorgliche Arbeit geschaffen werden. Wichtig ist, dass die Kirchenvorstandsarbeit immer in Verbindung bleibt, auch mit den pastoralen Akzenten, mit den pastoralen Planungen einer konkreten Gemeinde.
DOMRADIO.DE: Es braucht also Engagierte, die mitmachen, es braucht aber auch mal Nachwuchs für den Kirchenvorstand. Wie kann das gelingen?
Bosbach: Es gelingt nicht, wenn man immer nur sozusagen im gleichen Teich fischt. Das ist manchmal eine Versuchung, stelle ich in Gesprächen fest, dass man immer auf die guckt, die man schon kennt. Ich ermuntere immer, mal den Blick etwas zu weiten, mal zu schauen: Welche Eltern sind denn im Kindergarten aktiv? Wer ist vielleicht über diese Schiene bereit, sich auch noch weiter für die Gemeinde zu engagieren?
Oder mal bei den Anmeldungen zur Taufe gucken, wenn man denkt, da ist einer auch mit seiner beruflichen Profession interessant - den könnten wir eigentlich gut im Kirchenvorstand brauchen. Einfach mal sich einladen, hingehen, ansprechen. Ich selber war als Pastor in der Gemeinde immer sehr überrascht, wie erfreut viele Menschen waren und überrascht, dass man sie überhaupt mal angesprochen hat. Das ist schon etwas sehr Gutes.
DOMRADIO.DE: Gibt es eigentlich Voraussetzungen, die man für die Kandidatur erfüllen muss? Also, gibt es da auch so eine 3G-Regelung? Getauft, gefirmt, Gemeindemitglied?
Bosbach: Ja, das ist schon nicht schlecht, aber nicht ganz richtig. Getauft ist richtig, katholisch, also Mitglied der katholischen Kirche. Leider schreibt das staatliche Gesetz auch nach wie vor vor, dass man in der besagten Kirchengemeinde seinen Wohnsitz haben muss. Wir arbeiten in der Erneuerung des Rechts daran, dass das wegfällt, weil viele Menschen sich ihre Gemeinde heute nicht nach dem Wohnsitz, sondern nach anderen Kriterien aussuchen.
DOMRADIO.DE: Es gibt Gemeinden, in denen sich am Ende nicht genügend Kandidaten finden werden, wo nicht genügend für die Kirchenvorstandswahl aufgestellt werden. Was dann?
Bosbach: Gott sei Dank sind es weniger Gemeinden, als ich für dieses Jahr befürchtet hätte. Aber es gibt natürlich die Fälle. Dann wird die Wahl erst einmal auf den Mai des kommenden Jahres verschoben. Dann ist nochmal Zeit, intensiver in eine Kandidatensuche einzusteigen, vielleicht nochmal den befragten Kreis zu erweitern.
Und wenn das dann auch beim zweiten Mal nicht funktioniert, dann wird ein Vermögensverwalter bestellt, normalerweise der Pfarrer, dem wir aber immer raten, dann wenigstens einen beratenden Ausschuss zu bilden, damit auf keinen Fall das passiert, dass der Pfarrer jetzt alleine entscheiden muss. Denn das ist, glaube ich, nicht mehr ein Bild, das in unsere Zeit passt.
Das Interview führte Tobias Fricke.