Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR warnt vor nationalen Alleingängen in der Asylpolitik. In einer aktuellen Umfrage spricht sich die Mehrheit der Deutschen für einen härteren Kurs in der Asylpolitik aus."Deutschland ist verpflichtet, bei Schutzsuchenden, die an der Grenze um Asyl nachsuchen, zu prüfen, welches Land zuständig ist", sagte Dominik Bartsch, Leiter des UNHCR in Deutschland, der "Welt" am Freitag: "Jedenfalls für die Dauer dieser Prüfung muss die betreffende Person auch bleiben dürfen."
Lösung auf europäischer Ebene
Laut Bartsch schadet ein einseitiges Vorgehen nicht nur den Flüchtlingen, sondern letztlich Europa selbst. Bei einer Zurückweisung an der Grenze werde das Problem lediglich an andere Länder weitergereicht. Die Bundesregierung müsse daher nach einer Lösung auf europäischer Ebene suchen. Denn Probleme, die mehrere Staaten betreffen, könnten nur gemeinsam gelöst werden.
Die CDU-Führung schlägt Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) als Vermittler vor. Am Freitagnachmittag wird der Bundestag in einer von der FDP beantragten Aktuellen Stunde über das Thema diskutieren. Zahlreiche Politiker beklagen zudem, dass der von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) ausgearbeitete "Masterplan Migration" mit seinen 63 Punkten bisher nicht bekannt ist.
Söder stützt Seehofers Masterplan
In mehreren Interviews ließ Bayerns Ministerpräsident Markus Söder keinen Zweifel an der Entschlossenheit der CSU, die deutschen Grenzen für bereits in anderen EU-Staaten registrierte Asylsuchende zu schließen. Es gelte jetzt, "alte Fehler" zu beheben und den "Asyltourismus" zu beenden. Dazu gehöre es, deutsches und europäisches Recht wieder anzuwenden und die Grenzen zu sichern.
Die von Merkel geforderte europäische Lösung überzeuge ihn nicht, so Söder. Denn seit drei Jahren würden Gespräche geführt ohne sichtbare Erfolge. Die CSU werde Seehofer Rückendeckung geben und dieser könne eine Zurückweisung auch "in seiner Verantwortung" anordnen.
Zwischen CDU und CSU kriselt es wegen der geplanten und verschobenen Präsentation des "Masterplans Migration" von Seehofer. Uneinigkeit herrscht besonders über die Frage möglicher Zurückweisungen an der Grenze von bereits in der EU registrierten Asylbewerbern. Auch abgelehnte Asylbewerber und Schutzsuchende ohne Papiere will Seehofer zurückweisen.
Mehrheit der Deutschen für härtere Asylpolitik
Merkel setzt sich weiter für eine europäische Lösung ein, die sie bis zum EU-Gipfel in zwei Wochen auch in bilateralen Gesprächen mit Ländern wie Italien und Griechenland ausloten will.
Laut einer neuen ARD-Umfrage ist die Mehrheit der Deutschen für einen härteren Kurs in der Asylpolitik. 62 Prozent der Befragten sprechen sich dafür aus, dass Flüchtlinge ohne Papiere nicht einreisen dürfen. Für eine konsequentere Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern sind 86 Prozent der Befragten, die Einrichtung von Ankerzentren zur Erstaufnahme von Flüchtlingen bezeichnen 61 Prozent als richtig.
Die Bundespolizei teilte unterdessen auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit, dass es von Januar bis April 2018 insgesamt 14.731 unerlaubte Einreisen gegeben habe. Dabei sei es zu 3.900 Zurückweisungen gekommen. Diese seien nur möglich, wo Grenzkontrollen stattfänden. Das sei gegenwärtig nur an der deutsch-österreichischen Landgrenze sowie bei den Kontrollen an den Flug- und Seehäfen der Fall. Die Bundespolizei könne feststellen, ob ein Migrant, der bereits um Asyl nachgesucht habe, in der Eurodac-Datenbank registriert ist.