Am Mittwoch stimmte die Bundesregierung ihrer Ernennung zu. Sie folgt Johannes-Wilhelm Rörig nach, der sein Amt Ende Februar niedergelegt hatte. Claus hatte als Journalistin ihren eigenen Fall als Opfer sexuellen Missbrauchs in der evangelischen Kirche öffentlich gemacht. Sie war in den vergangenen Jahren auch Mitglied im Betroffenenrat, der den Missbrauchsbeauftragten berät. Claus tritt ihr neues Amt am 1. April an.
Die Bundesregierung richtete das Amt eines Missbrauchsbeauftragten nach dem Bekanntwerden des Missbrauchsskandals im Jahr 2010 ein.
Bergmann und Rörig die Vorgänger
Erste Beauftragte war die frühere Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD), die sich weiter in der bundesweit tätigen Aufarbeitungskommission gegen Missbrauch engagiert. Ab 2011 hatte Rörig das Amt inne, der als politischer Beamter in das Familienministerium zurückkehrt. Rörig initiierte die unabhängige Aufarbeitungskommission und richtete den Betroffenenrat ein.
Claus hatte 2018 als erste Betroffene bei einer Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gesprochen und die Kirche zu mehr Aufarbeitung und Hinwendung zu den Opfern aufgefordert. Zudem ist sie Mitglied der Grünen und kandidierte bei der vergangenen Landtagswahl in Rheinland-Pfalz für die Partei, verpasste aber den Einzug in den Landtag.
In einem ersten Statement erklärte Claus, sie könne sich mit Blick auf den Kampf gegen sexualisierte Gewalt "keine bessere, keine wichtigere und keine lohnendere Arbeit" vorstellen. Ihre Aufgabe sei es, den Verantwortlichen "immer wieder vor Augen zu führen, was getan werden kann, was verbessert werden muss". Sexualisierte Gewalt sei in der Gesellschaft "fest verankert". Das müsse politisch und gesellschaftlich wahrgenommen werden.
"Kämpferin und wichtige Verbündete"
Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) bezeichnete Claus als "Kämpferin und wichtige Verbündete" im Kampf gegen Missbrauch.
Sie betonte zugleich, dass sie zusammen mit Claus noch in diesem Jahr eine Informations- und Sensibilisierungskampagne starten wolle.
Der religionspolitische Sprecher der SPD, Lars Castellucci, und die Vorsitzende der Kinderkommission im Bundestag, Sarah Lahrkamp (SPD), erklärten dazu, es sei gut, dass das wichtige Amt wieder besetzt werde.
"Wir werden den Kinderschutz stärken, wo wir können, denn Kinder können sich nicht selbst schützen. Wir brauchen eine Kultur des Hinsehens und eine nationale Strategie", so die Parlamentarier.
Sie kündigten an, die Stelle der Missbrauchsbeauftragten sowie der unabhängigen Aufarbeitungskommission zügig auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen.
Bischofskonferenz sichert Zusammenarbeit zu
Der Missbrauchsbeauftragte der katholischen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, sagte Claus eine weitere konstruktive Zusammenarbeit zu. Er wolle "ein verlässlicher Gesprächspartner seitens der Bischofskonferenz für Sie sein".
Auch der Betroffenenrat begrüßte die Neubesetzung. "Wir alle kennen Kerstin Claus als leidenschaftliche Mitstreiterin - immer parteiisch für die Bedürfnisse und Belange von Betroffenen", so das Gremium. Mit dieser Entscheidung würden die jahrelange Arbeit von Betroffenen sowie ihre vielfältigen Kompetenzen noch sichtbarer.