kfd-Vertreterin wirft Papst veraltetes Frauenbild vor

"Nicht nur Erdbeeren auf der Sahnetorte"

Papst Franziskus hat sich erneut gegen ein Frauenpriestertum ausgesprochen. Die Frauen-Frage sei ein theologisches Problem und zu sehr auf Weiheämter fokussiert. Agnes Wuckelt hat für diese Sichtweise kein Verständnis.

Papst Franziskus begrüßt zwei junge Frauen / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus begrüßt zwei junge Frauen / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was bedeutet die erneute deutliche Absage durch Papst Franziskus an das Frauenpriestertum?

Agnes Wuckelt / © Kay Herschelmann (kfd)
Agnes Wuckelt / © Kay Herschelmann ( kfd )

Professorin Agnes Wuckelt (stellv. Bundesvorsitzende der Katholische Frauengemeinschaft, kfd): Sie bedeutet, dass der Papst nicht Willens oder fähig ist, in neuen Kategorien zu denken, was Frauen angeht. Er hält an der Theologie des 19. Jahrhunderts fest, die festlegt, wo die Rolle von Frauen und Männern anzusiedeln sei. Davon geht er nicht ab. Daher ist es nicht überraschend, dass er der Frauenweihe wieder eine Absage erteilt.

DOMRADIO.DE: Verstehen Sie seine Begründung? Der Papst sagt, dass die Ablehnung kein Nachteil ist, sondern über die Würde der Frau erklärt werden müsse.

Wuckelt: Ich verstehe es nur, wenn ich in die Theologiegeschichte hineinschaue und die dortigen Argumentationsstränge verfolge. Aus heutiger Sicht verstehe ich es nicht. Ich verstehe auch nicht, dass sich der Papst zu Wirtschaftsfragen in der Welt und im Vatikan, zu globalen Krisen, dem Klimawandel und auch zu politischem kritisch äußert und dort sehr wohl moderne Perspektiven einnimmt, aber sich beim Punkt der Frau keinen Deut verändern kann.

DOMRADIO.DE: Der Papst weist auf einen dritten Weg hin, den administrativen. Dieser sei nicht theologisch und in diesem Bereich müsse Frauen mehr Platz gegeben werden. Der Vatikan sei da schon sehr weit, fast revolutionär weit attestiert sich der Papst selbst. Was sagen Sie dazu?

Prof. Dr. Agnes Wuckelt, stellv. kfd-Vorsitzende

"In seinem Frauenbild dient die Frau der Ergänzung von männlicher Arbeit."

Kirchen und Frauenordination

Bis ins 20. Jahrhundert stimmten die Kirchen darin überein, dass das geistliche Amt gemäß der Bibel und der Tradition Männern vorbehalten ist. Die römisch-katholische Kirche sowie alle orthodoxen Kirchen halten bis heute daran fest. In den reformatorischen Kirchen wurde diese Sicht in den vergangenen Jahrzehnten revidiert. Vorläufer gab es bereits Mitte des 18. Jahrhunderts vereinzelt in der Herrnhuter Brüdergemeine, in methodistischen Kirchen sowie im 19. Jahrhundert in der Heilsarmee.

 V.l.: Kantorin KMD Marie-Luise Schneider, der katholische Dompropst Praelat Tobias Przytarski, die Pfarrerin der Kirche St. Petri - St. Marien, Corinna Zisselsberger / © Christian Ditsch (epd)
V.l.: Kantorin KMD Marie-Luise Schneider, der katholische Dompropst Praelat Tobias Przytarski, die Pfarrerin der Kirche St. Petri - St. Marien, Corinna Zisselsberger / © Christian Ditsch ( epd )

Wuckelt: Da muss ich ihm recht geben. Der Papst vertritt immer dort, wo es – wie er selbst sagt – nicht theologisch ist, ein neues Frauenbild. Das heißt, in seinem Frauenbild dient die Frau der Ergänzung von männlicher Arbeit. Er betont immer wieder, dass Frauen eine andere Atmosphäre einbringen und dass Frauen einen anderen Leitungsstil haben. Das verbindet er mit typisch weiblichen Kategorien wie Kraft, Zärtlichkeit, Einfühlung und Aufnahmefähigkeit.

Das Interessante ist, dass der Papst diese Leitungsfunktionen im Vatikan, die sicherlich eine hohe Bedeutung haben, selten mit Theologinnen besetzt. Er beruft meist Frauen aus den Wirtschaftswissenschaften, dem Finanzwesen oder aus dem juristischen Bereich. In diesen Richtungen kann er dieses neue Frauenbild vertragen. Ihm machen wohl Theologinnen zu schaffen, weil sie kirchliche Frage wie die Beteiligung von Männern und Frauen eben auch theologisch betrachten und so eine andere Theologie einbringen.

Der Papst wertet Theologinnen sogar ab. In einem Interview sagte er einmal, dass Theologinnen nur die Erdbeeren auf der Sahnetorte wären. Also ein nettes Schmuckstück, aber für die Sahnetorte unerheblich.

Das ist das große Dilemma. Der Papst hat ein neues Frauenbild im administrativen Bereich, aus dem er keine Konsequenzen auf sein theologisches Denken hin ableitet, sondern verstärkt ein Frauenbild des 19. Jahrhunderts vertritt, das heute nicht mehr tragbar ist.

DOMRADIO.DE: Als kfd vertreten Sie die katholischen Frauen in Deutschland, von jung bis alt. Wie wirkt diese Einlassungen des Papstes auf die jungen Frauen?

Prof. Dr. Agnes Wuckelt, stellv. kfd-Vorsitzende

"Auf solche Äußerungen des Papstes reagieren jüngere Frauen nur noch mit einem Schulterzucken, zumindest wenn Sie die Kirche nicht schon verlassen haben."

Wuckelt: Das wird die jüngere Generation noch stärker abschreckend als auf die ältere oder mittlere Generation. Viele junge Frauen haben mittlerweile sowieso mit der Kirche abgeschlossen und erwarten wirklich überhaupt nichts mehr. Auf solche Äußerungen des Papstes reagieren jüngere Frauen nur noch mit einem Schulterzucken, zumindest wenn Sie die Kirche nicht schon verlassen haben.

Solche Aussagen führen dann dazu, dass sie sicher noch stärker mit dem Gedanken spielen, sich aus dieser Kirche zurückzuziehen, die sie in all ihren Vorstellungen, in ihren Lebensplanungen, als Theologinnen überhaupt nicht ernst nimmt, nicht sieht und sie in eine antiquierte Frauenrolle hineinpressen will, die dann auch noch mit Gott und göttlicher Schöpfung begründet wird.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Quelle:
DR