Kinderrechtsorganisation zu mutmaßlichem Giftgasangriff in Syrien

"Entsetzlicher Vorfall"

War es ein Giftgasanschlag, der in Syrien mindestens 72 Zivilisten, darunter 20 Kindern, das Leben kostete? Die Kinderrechtsorganisation "Save the children" reagiert entsetzt und fordert im Interview eine unabhängige Aufklärung.

Mutmaßlicher Giftgasangriff in Syrien / © Uncredited (dpa)
Mutmaßlicher Giftgasangriff in Syrien / © Uncredited ( dpa )

domradio.de: Ein Giftgasangriff ist sicher einer der heimtückischsten Wege, in einem Krieg gegen die Menschen vorzugehen. Was sagen Sie als Hilfsorganisation dazu?

Jacqueline Dürre (Kinderrechtsorganisation Save the Children): Wir sind entsetzt über die Vorfälle und Berichte, die wir hören. Das zeigt die schrecklichen Ausmaße, die dieser Konflikt angenommen hat. Menschen, die oft schon wiederholt innerhalb Syriens geflohen sind, wurden erneut Opfer von Anschlägen. Kinder und Familien sind einfach nirgendwo mehr sicher.

domradio.de: Wo genau hat dieser Angriff stattgefunden? Welche Menschen waren betroffen?

Dürre: Der Angriff hat in Chan Scheichun stattgefunden, das liegt im südlichen Idlib. Dorthin sind auch innerhalb Syriens viele Menschen geflohen, um Sicherheit zu finden – auch Menschen, die aus Aleppo kommen.

domradio.de: Sie stehen in engem Kontakt mit Ärzten in der Region. Was berichten die?

Dürre: Die Ärzte berichten von Kindern mit schwerer Atemnot. Sie sind teilweise apathisch oder gar bewusstlos. Die Symptome deuten auf einen Giftgasangriff hin.

domradio.de: Wenn man an Syrien denkt, das seit sechs Jahren im Bürgerkrieg versinkt, befällt viele ein Gefühl der Ohnmacht. Sie stellen aber konkrete Forderungen. Welche?

Dürre: Es muss einfach eine sofortige Einhaltung der Waffenruhe geben. Zivile Einrichtungen müssen geschützt sein, Kinder müssen sicher zur Schule gehen können und Krankenhäuser müssen sichere Orte sein. Natürlich muss der Vorfall von einer unabhängigen Kommission untersucht werden. Vor allem aber muss eine politische Lösung gefunden werden. Nach mehr als sechs Jahren Grauen muss der Krieg enden.

Das Interview führte Hilde Regeniter.


Quelle:
DR