Ob Bergbau-Konflikt in Panama, Wirtschaftskrise oder bewaffneter Konflikt in Kolumbien. In kaum einer Region der Welt ist die katholische Kirche als Vermittler so aktiv wie in Lateinamerika. Und auch im gerade begonnenen Jahr sind die Herausforderungen wieder immens.
In Kolumbien sitzt Prälat Hector Fabio Henao mit am Tisch, wenn die Guerilla mit der Regierung des linksgerichteten Präsidenten Gustavo Petro über den Frieden verhandelt. Die Kirche ist dabei so etwas wie
ein unabhängiger Zeuge: "Im Rahmen eines Überwachungsmechanismus haben wir vor allem die Aufgabe zu beobachten. Wenn wir zum Beispiel aus den Diözesen die Meldung erhalten: Es gibt eine sehr ernste humanitäre Situation in einer Region, dann kümmern wir uns darum", sagte Henao der KNA in der kolumbianischen Hauptstadt Bogota.
Bei Einführungen eine Brücke schlagen
"Wenn sich zum Beispiel die Gemeinden aus der Unruheprovinz El Choco beschweren, weil einige Menschen entführt wurden oder weil die Armeecetwas getan hat, können wir eine Brücke schlagen. Wir untersuchen zwar nicht, was passiert ist, aber wir nehmen auf, was die Gemeinden uns sagen und können es dann am Verhandlungstisch zur Sprache bringen." In Kolumbien verhandelt die Regierung derzeit unter anderem mit der ELN-Guerilla und den FARC-Rebellen, die sich dem 2016 abgeschlossenen Friedensprozess verweigern.
Im Nachbarland Panama hat der wochenlange Streit um einen Bergbau-Vertrag tiefe Wunden in der Gesellschaft aufgerissen. Die Bischöfe des mittelamerikanischen Landes traten als "Anwälte" der Bürgerschaft auf: Die Bürgerinnen und Bürger hätten nicht nur das Recht, auf klare, einfache und transparente Weise informiert zu werden, sondern sie müssten auch auf breiter Basis an den Verhandlungen über die Schließung der Minen beteiligt werden, ohne dass wirtschaftlicher oder politischer Druck ausgeübt werde, erklärten die Bischöfe.
Zuvor hatte die Bürgerbewegung einen juristischen Erfolg gegen den Bergbau erzielt, und ein Vertrag mit dem Minenbetreiber wurde für ungültig erklärt. Nun aber muss sich das Land neu organisieren und vor allem die im Bergbau tätigen Menschen auffangen. Auch hier ist die Kirche gefragt.
Es kommt auf Fingerspitzengefühl an
In Argentinien kommt es im angespannten Verhältnis zwischen der neuen libertär-konservativen Regierung und der Ortskirche auf Fingerspitzengefühl an. Zwischen dem Papst aus Argentinien und dem neuen Präsidenten Javier Milei gab es ein verbales Fernduell im Wahlkampf.
Franziskus rief aber nach dem Wahlsieg den libertären Ökonomen an und gratulierte zum Wahlsieg. Damit war das Eis erst einmal gebrochen. Im linken Flügel der Kirche, bei den traditionell dem Peronismus nahestehenden Armenpriestern, gab es enttäuschte Reaktionen auf das Ergebnis.
"Das widerspricht allem, was Jesus gepredigt hat"
Francisco "Paco" Olveira empfahl Wählern des sozialismuskritischen Milei erst gar nicht die Armenspeisungen seiner Stiftung "Fundacion Isla Maciel" aufzusuchen oder um Hilfe zu bitten. Er vermutet: Die Kapazitäten würden wegen des von ihm erwarteten wirtschaftlichen Absturzes nicht ausreichen. Kaum war seine Aufforderung in den sozialen Netzwerken veröffentlicht war die Aufregung groß. Ein Nutzer warf Olveira vor, die Bibel nicht richtig gelesen zu haben: "Das widerspricht buchstäblich allem, was Jesus gepredigt hat."
Die Kirchenspitze reagierte und fing Olveira wieder ein. Das Bistum Merlo-Moreno distanzierte sich von den Äußerungen Olveiras: "Die Aufmerksamkeit unserer Gemeinden, Suppenküchen, für die Bedürftigsten
wird normalerweise mit der Anstrengung vieler Freiwilliger durchgeführt, und wir werden weiterhin all jene Menschen und Familien empfangen, die sich in ihrer Not an sie wenden."
Inzwischen gab es ein Treffen zwischen der Schwester des Präsidenten und dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Bischof Oscar Ojea aus San Isidro. Beide Seiten versuchen eine Basis zu finden, aufeinander zuzugehen. Angesichts ihres harten Sparkurses zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise wird die neue Regierung auch das soziale Engagement Kirche brauchen.