Sie war ein entschiedenes Plädoyer wider den religiösen Relativismus, wonach jeder Glaube gleich gut zum Heil führt: die Erklärung "Dominus Jesus. Über die Einzigkeit und die Heilsuniversalität Jesu Christi und der Kirche" erschien am 5. September 2000. Das dichte und kurze Papier wandte sich gegen eine pluralistische Religionstheologie, die Jesus Christus auf eine Stufe mit anderen Religionsstiftern stellt und die universale Bedeutung des Christentums und der Kirche anzweifelt.
"Bombe aus Rom"
Das Dokument der Glaubenskongregation, von manchem als "Bombe aus Rom" etikettiert, führte zu Irritationen innerhalb der katholischen Kirche, in der Ökumene, in den Beziehungen zum Judentum und zu weiteren Dialog-Partnern.
Eigentlich wollten Johannes Paul II. und sein oberster theologischer Berater, Kardinal Joseph Ratzinger, zum Höhepunkt des Heiligen Jahres ein feierliches Bekenntnis zu Christus ablegen, dem sich die Gläubigen neu anschließen sollten. Aber nach der glanzvollen ökumenischen Eröffnung der Heiligen Pforte in der Pauls-Basilika und einem gemeinsamen Märtyrergedenken im Kolosseum löste das Papier massive Verstimmungen aus.
Drei Kernaussagen eckten an
Besonders drei Kernaussagen eckten an: Das Christentum sei nicht eine Religion unter vielen, sondern die wahre Religion. Es gebe eine einzige Kirche Christi, die in der katholischen, vom Papst und den Bischöfen geleiteten Kirche verwirklicht ist. Die aus der Reformation hervorgegangenen Gemeinschaften (Protestanten und Anglikaner) seien "nicht Kirchen im eigentlichen Sinne", weil sie nicht den gültigen Episkopat im Weihesakrament und die vollständige Wirklichkeit der Eucharistie bewahrt hätten.
Angesichts eines wachsenden theologischen Pluralismus, der den Dialog gleichsam zum Dogma erhebe und damit Mission und Bekehrung verdränge, sah die Glaubenskongregation Klärungsbedarf. Für Ratzinger gehörte der Text zu seinem Kampf gegen eine Mentalität des Relativismus.
Um Schadensbegrenzung bemüht
Von der massiven Kritik, die vor allem den zwei Seiten über die "Einzigkeit und Einheit der Kirche" galt, war der Vatikan sichtlich überrascht und bemühte sich bald um Schadensbegrenzung. Der Text enthalte nichts Neues und ändere somit auch nichts am ökumenischen Dialog, verlautete aus der Glaubenskongregation.
Papst Johannes Paul II. schaltete sich persönlich ein, beklagte "zahlreiche Fehlinterpretationen". Dominus Iesus" sei eine Einladung an alle Christen, ihre Bindung an Christus als den einzigen Sohn und Mittler Gottes zu erneuern. Dies bedeute keine "Arroganz, die andere Religionen abwertet". Und der Text habe dieselbe "ökumenische Leidenschaft" wie die Ökumene-Enzyklika "Ut unum sint" (1995).
Vor allem der damalige Ökumene-Chef, Kardinal Edward Cassidy, und sein Vize, Bischof Walter Kasper, versuchten, die gröbsten Missverständnisse auszuräumen - letztlich mit Erfolg; der Dialog ging weiter.
Freilich gab es auch intern manche Kritik: Die Sprache des Textes sei zu abstrakt, abgrenzend, missverständlich, schwierig zu vermitteln. Er stehe voll hinter den Grundaussagen des Dokuments, erklärte Kasper, hätte aber manches anders formuliert.
"Auf andere Weise Kirche"
Das Dokument sage ja nicht, die evangelischen Kirchen seien keine Kirchen, sondern sie seien keine Kirchen in dem Sinn, wie die katholische Kirche sich als Kirche versteht. Die evangelischen Kirchen wollten auch gar nicht Kirche in diesem Sinn sein; sie legten Wert darauf, ein anderes Kirchen- und Amtsverständnis zu haben, das Katholiken wiederum nicht für das eigentliche halten. Sie seien "Kirchen anderen Typs", so Kasper. Und auch Benedikt XVI. präzisierte später im Interviewbuch "Licht der Welt", sie seien "auf andere Weise Kirche".
"Dominus Jesus" hat Verstimmungen ausgelöst, die aber spätestens mit dem Reformationsgedenken 2017 und dem katholisch-lutherischen Gipfeltreffen von Lund überwunden wurden. Allerdings hat das Papier klargemacht, dass es in der Ökumene nicht nur Gemeinsames und nur Erfolge gibt, sondern auch Trennendes, das in der ökumenischen Euphorie nicht übersehen, sondern klar benannt werden sollte.