Die katholischen Bischöfe und kirchliche Verbände haben sich zum Welttag gegen Gewalt an Frauen am Samstag für mehr Schutz ausgesprochen. "Die Kirche verurteilt jede Form von Gewalt gegen Frauen", sagte der Vorsitzende der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz, Franz-Josef Bode, am Donnerstag in Bonn. Weibliche Genitalverstümmelung sei Ausdruck von weltweit verbreiteter Diskriminierung und Gewalt gegen das weibliche Geschlecht, beklagte der Osnabrücker Bischof.
Besonderer Schutz für Geflüchtete
Weibliche Genitalverstümmelung sei eine Menschenrechtsverletzung. Sie müsse weltweit abgeschafft und geächtet werden. Im Zuge der internationalen Migrationsbewegungen werde die Verstümmelung auch zunehmend in Europa ein drängendes Problem, hieß es. "Geflüchtete Mädchen und Frauen brauchen besonderen Schutz, gezielte Beratung und geschlechtsspezifische Unterstützung", so Bode.
Personen aus Risikogruppen sollen den Angaben zufolge über die juristische Lage und Hilfsangebote in Deutschland, sowie medizinische Fakten zur Genitalverstümmelung informiert werden. Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation sind weltweit mehr als 200 Millionen Mädchen und Frauen von Genitalverstümmelung betroffen. In Deutschland leben laut Bundesministeriums für Familie und Frauen knapp 50.000 von genitalverstümmelte Frauen.
Hohe Müttersterblichkeit in Burkina Faso
Das katholische Hilfswerk missio und die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfg) weisen speziell auf Probleme in Burkina Faso hin. Dort werden den Angaben zufolge jährlich tausende Mädchen zwangsverheiratet, manche schon im Alter von elf oder zwölf Jahren. Frauen werden den Angaben zufolge dort teilweise der sogenannten Hexerei verdächtigt und müssen aus ihren Heimatorten fliehen. Trotz gesetzlichen Verbots sei Genitalverstümmelung verbreitet und die Müttersterblichkeit sei eine der höchsten der Welt.
Die Diakonie kritisierte, dass immer häufiger von Gewalt betroffene Frauen in Deutschland keinen Schutz in Frauenhäusern finden. "Nicht nur in Ballungsgebieten ist die Suche nach einem freien Platz geradezu aussichtslos", sagte der Vorstand Sozialpolitik, Maria Loheide. Auch im ländlichen Raum habe sich die Versorgungssituation drastisch verschlechtert. Das sei kein neues Problem. "Der Bund muss endlich die Initiative ergreifen und mit Länder und Kommunen für tragfähige Lösungen sorgen", forderte Loheide.
Blick auf die Lebenssituationen der Frauen
Der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) verlangte effektivere Maßnahmen zum Schutz für von Gewalt betroffene Frauen. Die Bekämpfung jeder Form von körperlicher, sexueller oder seelischer Gewalt müsse im Vordergrund stehen und auch rechtlich geahndet werden, hieß es. "Es ist notwendig, die Interessen und Lebenssituation der betroffenen Frauen zu betrachten, ihnen mehr Schutz und Rechte zukommen zu lassen und sie zu stärken", erklärt KDFB-Präsidentin Maria Flachsbarth.
Der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) verwies auf das Fehlen von Plätzen in Frauenhäusern, so dass immer wieder Frauen nicht aufgenommen werden könnten. "Zunehmend ist es für Frauen, die Zuflucht gefunden haben, schwierig, anschließend eine geeignete Wohnung zu finden", so der SkF weiter.
Angst- und Schamgefühle der Opfer
Aus Sicht des Opferhilfevereins Weißer Ring ist Gewalt gegen Frauen in Deutschland nach wie vor ein großes Problem. "Es ist leider traurige Realität, dass Frauen gerade auch zu Hause immer wieder geschlagen, gedemütigt und sexuell bedrängt werden", erklärte Bundesgeschäftsführerin Bianca Biwer in Mainz. Opfer verspürten Angst und Scham "häufig sehr intensiv". Der Weiße Ring geht von einer hohen Dunkelziffer aus, denn häusliche Gewalt passiere hinter verschlossenen Türen.
Die Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser (ZIF) forderte einen stärkeren Schutz für alle von Gewalt betroffenen Frauen und Kinder. Unterstützung müsse schneller, unbürokratischer und bedarfsgerechter gewährt werden, teilte die ZIF mit. Dringend notwendig sei es, zusätzliche Plätze in den Frauenhäusern zu schaffen und die Einrichtungen öffentlich zu finanzieren. 2016 wurden in Deutschland den Angaben zufolge 475 Frauen getötet, 165 davon von ihrem Ehemann oder (Ex-)Partner. Die in der Gesellschaft verankerten Denk- und Handlungsweisen, die zu Gewalt gegen Frauen führten, seien zu bekämpfen.
Politik stellt Fünf-Punkte-Plan vor
Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat einen entsprechenden Fünf-Punkte-Plan vorgestellt. Gerade in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern herrschten teils dramatische Zustände; Frauen und Mädchen verlören Lebensperspektiven, sagte Müller am Donnerstag bei einer Fachtagung zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen in Berlin. Er kritisierte zudem, dass Vergewaltigungen als Kriegswaffe eingesetzt würden. "Hinzu kommen tausende Frauen, die verkauft, versklavt oder versteigert wurden."
Der Fünf-Punkte-Plan sieht den Angaben zufolge vor, Programme zum Schutz von Flüchtlingen um einen geschlechtsspezifischen Schutz von Frauen und Mädchen zu erweitern. Der Minister kündigte zudem ein neues Projekt zur Prävention von Gewalt in Südafrika, Lesotho und Sambia an.
Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) rief zur Beteiligung an der Mitmachaktion "Wir brechen das Schweigen" zugunsten von Gewaltopfern hierzulande auf. "Betroffene sollen wissen, dass sie auf dem Weg aus der Gewalt nicht allein sind und dass es Unterstützungsangebote wie das bundesweite Hilfetelefon gibt", sagte Barley in Berlin. Ziel sei es, das Hilfetelefon bekannter zu machen.