Kirche von England will Frauen im Bischofsamt zulassen - Vatikan not amused

"Bruch mit der apostolischen Tradition"

Die Kirche von England will Frauen den Zugang zum Bischofsamt ermöglichen. Bis es soweit ist, können aber noch Jahre vergehen. Dennoch werden mit der Entscheidung die Differenzen in der anglikanischen Weltkirche weiter vertieft, die über die Themen weibliche Bischöfe und homosexuelle Priester tief zerstritten ist. Der Vatikan reagierte umgehend und spricht von einem "Bruch mit der apostolischen Tradition". Der anglikanische Priester für Köln, Rev. Simon Hobbs, beschreibt im domradio-Interview die Betroffenheit aller Anglikaner angesichts einer drohenden Spaltung.

 (DR)

Simon Hobbs ist aber zuversichtlich, dass doch noch ein Weg gefunden werde "alle unter einem Dach zu halten". Die Anglikaner hätten sich über Jahrhunderte hinweg "immer durchschlagen können." Der jetzt folgende Gesprächsprozess werde noch ein paar Jahre dauern. Da könne noch eine Lösung gefunden werden.

Auch in seiner Gemeinde gäbe es unterschiedliche Ansichten zu der Ordination von Frauen ins Bischofsamt. Aber: "Wir sind fest entschlossen, zusammenzuhalten und mit Respekt miteinander umzugehen", beschreibt Hopps die Stimmung in seiner Gemeinde.

Deutliche Mehrheit
Die Abstimmung zur Ordination weiblicher Bischöfe erfolgte am Montag in allen drei Kammern der Generalsynode mit großer Mehrheit. Bei den Bischöfen stimmten 28 von 40 Teilnehmern für Frauen im Bischofsamt, bei den Geistlichen waren es 124 zu 44 Stimmen und bei den Vertretern der Laien 111 zu 68 Stimmen, berichten britischen Medien.

In einer sieben Stunden dauernden emotionalen Debatte stimmte die Generalsynode aber gegen die Einführung separater Strukturen und sogenannter "Superbischöfe" für Gemeinden, die sich nicht unter die Obhut eines weiblichen Bischofs begeben wollen. Dieser Vorschlag zur Güte, den die beiden Archbishops Rowan Williams und John Sentamu eingebracht hatten, erreichte nicht die nötige Zweidrittelmehrheit. Er wurde als Beitrag zur "institutionalisierten Diskriminierung" zurückgewiesen, schreibt der britische "Guardian".

Kompromisslos
Statt den Gegnern weiblicher Bischöfe mit einer rechtsverbindlichen Regel entgegen zu kommen, zeigten sich die progressiven Vertreter der Synode kompromisslos. Sie beschlossen, ausschließlich freiwillige Sonderregeln zu erarbeiten, einen "statutory Code of Practice", in denen auf die besonderen Belange der Traditionalisten eingegangen werden soll.

Bis tatsächlich eine Frau ordiniert werden kann, wird daher noch einige Zeit vergehen. Zunächst müssen noch die einzelnen Diözesen dem Antrag der Generalsynode zustimmen und dann bis Februar den "Code of Practice" entwickeln. Diese Vorschriften müssen später von der Generalsynode mit Zweidrittelmehrheit bestätigt werden, schreibt der Guardian.

Konservative drohen mit Austritt
1.300 konservative Geistliche der Kirche von England, der Mutterkirche der Anglikaner, hatten im Vorfeld der Generalkonferenz angekündigt, die Kirche im Fall einer Zulassung von Frauen zum Bischofsamt zu verlassen. Offizielle Reaktionen gibt es noch nicht.

Bereits in den Neunzigern waren mehrere hundert Geistliche zum Katholizismus übergetreten. Damals hatte die Kirche von England Frauen zum geistlichen Amt zugelassen.

Entfremdet
Die Kontroversen um Frauen und Homosexuelle im Bischofsamt gelten auch als zentrales Thema der anglikanischen Lambeth-Konferenz, die am 16. Juli in Kent beginnt. Unter dieser Bezeichnung findet alle zehn Jahre die Vollversammlung aller anglikanischen Bischöfe weltweit statt. Sie stellt das höchste Beschlussgremium der anglikanischen Weltgemeinschaft dar. 200 konservative Bischöfe, vor allem aus Afrika, wollen die Konferenz boykottieren.

Dabei hatte Erzbischof Williams von Canterbury mit Rücksicht auf die Konservativen schon darauf verzichtet, den homosexuellen US-amerikanischen Bischof Gene Robinson zu dieser Konferenz einzuladen. Die Weihe Robinsons zum Bischof von New Hampshire 2003 hatte die derzeitigen massiven Spannungen ausgelöst. Einige Kirchenprovinzen drohen seitdem mit Abspaltung. Progressive Bischöfe haben Williams die Ausladung Gene Robinsons übel genommen.

Rund drei Viertel der rund 80 Millionen Anglikaner weltweit stammen aus Afrika. Die betont theologisch konservativen Kirchenführungen des Kontinents fühlen sich seit mehr als einem Jahrzehnt stark von der englischen Mutterkirche entfremdet.

Theologischer Substanzverlust?
Das Ökumene-Institut der evangelischen Kirche hat den gegenwärtigen Kurs der Anglikaner skeptisch bewertet. Der seit Jahren schwelende Streit innerhalb der anglikanischen Weltgemeinschaft über weibliche Bischöfe und Homosexualität und berge die Gefahr «eines gefährlichen Substanzverlustes anglikanischer Theologie», sagte Martin Schuck vom Ökumene-Institut im südhessischen Bensheim.

Der Blick werde von den eigentlichen theologischen Themen abgelenkt. Die Fokussierung habe bereits zu einer konservativen Verhärtung geführt. Auf der liberalen Seite unterbleibe zugleich die theologische Reflexion über den Weg der Kirche in den demokratischen Gesellschaften Großbritanniens und den USA. Dies habe eine reine «Abwehrschlacht gegen die Konservativen aus den ehemaligen englischen Kolonien in Afrika» zur Folge.

Letztlich ginge es hier um ein kulturelles Problem, das nicht gelöst werden könne: In den traditionellen Gesellschaften Afrikas können die Positionen der Engländer und Amerikaner nicht vermittelt werden. Für die Ökumene bedeute dies, «dass die Fiktion einer anglikanischen Weltkirche vermutlich keine Zukunft mehr hat». Eine mögliche Lösung sieht der Lutheraner in einer Art «anglikanischem Weltbund». «Selbstständige Kirchen, die sich einer gemeinsamen Tradition verpflichtet fühlen, aber ansonsten jeweils selbst über ihre Ordnung entscheiden.»

Gespannt auf die erste Kollegin
In Deutschland hat Bischöfin Käßmann erfreut auf die Entscheidung der Kirche von England reagiert. Sie sei «gespannt auf die erste Kollegin in der Kirche von England, andernorts gibt es ja bereits anglikanische Bischöfinnen», sagte die Bischöfin der mit mehr als drei Millionen Mitgliedern größten evangelischen Landeskirche in Deutschland am Dienstag dem epd. Käßmann: «Nach meiner persönlichen Erfahrung wächst mit der Präsenz von Frauen im bischöflichen Amt schlicht auch die Akzeptanz.»

Ihre eigene lutherische Kirche sehe ja erklärtermaßen keine theologischen Gründe, die gegen die Ordination von Frauen und damit auch ihre Berufung ins bischöfliche Amt sprechen. «Sehr oft spielen bei der Ablehnung nicht-theologische Faktoren eine dominante Rolle», sagte Käßmann.

Im Bereich des Lutherischen Weltbundes gebe es inzwischen einige Frauen im bischöflichen Amt und in den Landeskirchen seien Pastorinnen längst Normalität, unterstrich Käßmann: «Das wäre ja auch vor 50 Jahren kaum vorstellbar gewesen.» 1999 wurde Margot Käßmann zur Landesbischöfin der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers gewählt. Weltweit erste lutherische Bischöfin wurde 1992 die Hamburgerin Maria Jepsen.

Vatikan beklagt Votum
Die Öffnung der anglikanischen Kirche für Frauen im Bischofsamt wird nach Einschätzung des Vatikan eine Versöhnung zwischen den Kirchen erschweren. Es handele sich um einen «Bruch mit der apostolischen Tradition», erklärte laut Radio Vatikan am Dienstag der Päpstliche Rat für die Förderung der Einheit der Christen. Das Abrücken von einer Praxis, die alle Kirchen des ersten Jahrtausends beachteten, sei «ein weiteres Hindernis für die Versöhnung zwischen der katholischen Kirche und der Kirche von England».

Die Entscheidung der Anglikaner werde Konsequenzen für den ökumenischen Dialog haben, der bisher «gute Früchte» gebracht habe, hieß es weiter. Der Einheitsrat verwies in der Frage der Bischofsweihe für Frauen weiter auf Aussagen von Paul VI. und Johannes Paul II. Diese hätten die katholische Position «klar ausgedrückt».

Mehr zum Thema