Kirche in Wülfrath engagiert sich für queere Menschen

Das Feld nicht "den alten weißen Männern überlassen"

Als Zeichen, dass queere Menschen willkommen sind, sieht man an der St. Joseph-Kirche in Wülfrath, nördlich von Wuppertal, eine Regenbogenfahne. Emily Birkner von der Arbeitsgruppe Regenbogenkirche ist stolz auf das sichtbare Zeichen.

Eine Regenbogenfahne weht im Wind / © Mia2you (shutterstock)
Eine Regenbogenfahne weht im Wind / © Mia2you ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Sie treten für eine bunte, vielfältige Kirche ein. Was sind denn genau die Ziele?

Emily Birkner (Arbeitsgruppe Regenbogenkirche bei der katholischen Kirchengemeinde St. Joseph in Wülfrath): Wir haben die Ziele, die schon existierende Diversität aller Christ*innen in den Gemeinden zu zeigen und vor allen Dingen auch das Recht von Frauen und queeren Menschen zu stärken. Wir glauben fundamental, dass vor Gott alle Menschen gleich sind und die Kirche auch alle gleich behandeln muss.

DOMRADIO.DE: Ihre Arbeitsgruppe hat sich im Frühjahr 2022 gegründet. Hat die viel beachtete Dokumentation "Out in Church" etwas damit zu tun, in der sich Mitarbeitende der Kirche in der Öffentlichkeit geoutet haben?

Birkner: Zum Teil. Damals hatte unser Pastor ein Gesprächsforum ins Leben gerufen, in dem es aktiv darum ging, dass die Gemeinde ihre Sorgen und Wünsche hervorbringen kann. Daraus hat sich aus der Gemeinde heraus, aus dem Wunsch, etwas zu verändern, die Arbeitsgruppe Regenbogenkirche entwickelt

Emily Birkner, Arbeitsgruppe Regenbogen-Kirche

"Menschen wie wir sind der Grund sind, warum einige nicht aus der Kirche austreten"

DOMRADIO.DE: Viele Mitglieder kehren der katholischen Kirche den Rücken zu. Merken Sie auch, dass es großen Gesprächsbedarf zu den Themen Diskriminierung und Teilhabe von Frauen gibt?

Birkner: Definitiv. Immer wenn ich über die Arbeitsgruppe rede, bekomme ich das Feedback, dass Menschen wie wir, dass die Arbeitsgruppe vielen Hoffnung gibt.

Ich habe auch schon aktiv die Rückmeldungen bekommen, dass Menschen wie wir der Grund sind, warum einige nicht aus der Kirche austreten. So eine Veränderung, dass Menschen sich einsetzen und etwas gegen die Diskriminierung der Kirche tun, gibt wahnsinnig viel Mut.

Denn das muss man sagen: Wir werden diskriminiert. Und es ist super wichtig, dass wir uns auf den christlichen Grundsatz "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" berufen.

DOMRADIO.DE: Deswegen engagieren Sie sich auch?

Birkner: Genau.

DOMRADIO.DE: Frauen können keine Priesterinnen werden. Sie dürfen eigentlich auch nicht in der katholischen Kirche predigen. Aber Letzteres wollen sie einführen. Frauen sollen, wenn es nach Ihnen geht, auch Taufen und Beerdigungen durchführen. Geht das denn so ohne Weiteres?

Birkner: Das Bistum Essen hat gezeigt, dass es auf jeden Fall durchführbar ist. Wir haben den Wunsch, dass Frauen oder generell Laien taufen und beerdigen dürfen. Und da tut sich bei uns in der Gemeinde auch was. Der Prozess, dass das möglich gemacht wird, ist schon im Gange.

DOMRADIO.DE: Sie streben viele Veränderungen an, wie zum Beispiel diese, die auch die Teilnehmenden des Synodalen Weg formulieren. Haben Sie denn Hoffnung, dass sich durch diesen Reformprozess wirklich etwas verändert?

Emily Birkner, Arbeitsgruppe Regenbogen-Kirche

"Wir dürfen den Kampf nicht den alten weißen Männern überlassen, wir müssen dafür kämpfen, dass wir Mitspracherecht haben"

Birkner: Ja, da glaube ich ganz fest daran. Ich denke, diese Hoffnung ist auch wahnsinnig wichtig. Wir dürfen den Kampf nicht einfach, wie man so schön sagt, den alten weißen Männern überlassen, wir müssen dafür kämpfen, dass wir Mitspracherecht haben.

Allein, dass wir in der Gemeinde den Raum bekommen, um zum Beispiel eine Informationsveranstaltung zum Thema "Queer sein" und "Queer sein in der Kirche" zu machen oder einen Gottesdienst für alle sich liebenden Paare anzubieten zeigt, dass an der Basis total viel passiert.

Wenn die Basis nicht genug kriegt, dann knicken die da oben auch irgendwann ein. Und das muss passieren.

DOMRADIO.DE: Bekommen Sie viel Unterstützung für Ihre Arbeitsgruppe oder gibt es umgekehrt auch Anfeindungen?

Birkner: Ich persönlich habe noch keine negativen Rückmeldungen bekommen. Ich denke, dass viele Vorurteile aufgrund von Unwissenheit und von nicht existierenden Berührungspunkten kommen. Deswegen ist es so wichtig, dass wir Informationsveranstaltungen geben.

DOMRADIO.DE: Wann gibt es die nächste Informationsveranstaltung? Und kann man bei Ihnen vielleicht auch mitmischen?

Birkner: Unser Segnungsgottesdienst für alle sich liebende Paare wird am 26. März in Mettmann stattfinden. Dazu sind natürlich alle Paare eingeladen. Im Vorfeld werden wir eine Informationsveranstaltung geben, bei der es um das Thema "Queer sein in der Kirche" geht, bei der wir mit Vorurteilen und falschen Gerüchten aufräumen möchten.

Die werden jeweils am 18. und 19. März stattfinden. Dazu wird aber noch Näheres bekanntgegeben. Aber das wird dann auf den Gemeindeseiten verkündet werden.

Das Interview führte Katharina Geiger.

Katholische Verbände solidarisieren sich mit katholischer queerer Initiative

Rund 20 katholische Verbände und Organisationen solidarisieren sich mit queeren Katholikinnen und Katholiken. "Es darf nicht länger hingenommen werden, dass Menschen in kirchlichen Kontexten aus Angst gegenüber Kirchenvertreter*innen ein Schattendasein führen müssen, wenn sie nicht dem von der Kirche normierten Geschlechterbild entsprechen", heißt es in einer am Montag veröffentlichten gemeinsamen Erklärung. Anlass sind Äußerungen der Betroffenen zu ihrer Sexualität beziehungsweise ihrer Geschlechteridentität im Rahmen einer bundesweiten Kampagne.

Homosexuelles Paar mit Armbändern in Regenbogenfarben / © chayanuphol (shutterstock)
Homosexuelles Paar mit Armbändern in Regenbogenfarben / © chayanuphol ( shutterstock )
Quelle:
DR