Schavan kritisiert Passivität der katholischen Kirche

"Kirchen müssen sich endlich um die Suchenden kümmern"

Die ehemalige Bundesministerin und Vatikanbotschafterin Annette Schavan bemängelt eine Passivität der katholischen Kirche angesichts weitreichender Krisen. Schockiert blickt Schavan auch auf die jüngsten Vatikanskandale.

Annette Schavan / © Julia Steinbrecht (KNA)
Annette Schavan / © Julia Steinbrecht ( KNA )

"Am meisten ärgere ich mich über verpasste Chancen in der Weltkirche und auch vor Ort", sagte die Politikerin der "Zeit" (Donnerstag). "Wenn die Pandemie nicht zum Aufbruch führt, gibt es gar keinen Aufbruch. Wir erleben jetzt, wie Sicherheiten sich verflüchtigen." Hinzu komme, dass zwar alle Menschen zugleich von der Pandemie betroffen seien, aber höchst ungleich. Schavan forderte: "Jetzt müssen die Kirchen sich endlich um die Suchenden kümmern."

Fehler und Skandale

Die Kirche mache den klassischen Fehler von Institutionen, "in der Krise nicht sich selber infrage zu stellen, sondern immer nur den anderen als Problem zu sehen". Das seien hier die Gläubigen und die Ausgetretenen. Die Kirche solle aufhören zu jammern.

Mit Blick auf die jüngsten Vatikanskandale um die Kardinäle Angelo Becciu und George Pell erklärte die CDU-Politikerin: "Schlimmer geht es nicht mehr, denke ich oft. Aber es geht dann immer noch schlimmer." Papst Franziskus wisse genau, was los sei. In der Politik wie in der Kirche führe "nur ein langer Atem zum Ziel".

Schavan: Kooperation zwischen Politik und Wissenschaft vermittelt Sicherheit

Zur Rolle von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Pandemie erklärte deren langjährige Vertraute Schavan, dass die Kooperation zwischen Politik und Wissenschaft den Menschen Sicherheit vermittelt habe. "Es gibt einen neuen Respekt vor den Fakten. Und den Mut, sich zu korrigieren." Je länger die Pandemie dauere, umso mehr Kritik werde kommen.


Quelle:
KNA