Kirchen plädieren für mutigere Einwanderungspolitik

Mit offenen Armen

Die großzügige Aufnahme ukrainischer Kriegsvertriebener ist laut Kirchenvertretern ein Beleg für die Möglichkeit einer anderen Asylpolitik in Europa. Der Schutz von Geflüchteten könne gelingen, wenn es politischen Willen gebe.

Flüchtlinge aus der Ukraine / © Yanosh Nemesh (shutterstock)
Flüchtlinge aus der Ukraine / © Yanosh Nemesh ( shutterstock )

Das sagte die Bevollmächtigte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bei der EU, Katrin Hatzinger, in Brüssel.

Der katholische Erzbischof und Flüchtlingsbeauftragte Stefan Heße warb für bessere Integration und Einbürgerungsmöglichkeiten. Anlass war eine Diskussionsrunde zum Papier "Migration menschenwürdig gestalten", das die EKD und die katholischen Bischöfe im Oktober 2021 gemeinsam veröffentlichten.

Werbung für eine Kultur der Einbürgerung

Heße, Vorsitzender der Migrationskommission und Sonderbeauftragter für Flüchtlingsfragen der Deutschen Bischofskonferenz, verlangte, Einwanderungsländer wie Deutschland sollten sich aktiv um eine Kultur der Einbürgerung bemühen. "Gleiche Würde muss auf Dauer eine realistische Option auf gleichberechtigte Teilhabe am politischen Gemeinwesen beinhalten", sagte der Hamburger Erzbischof. Mit Blick auf aktuelle Krisen und Konflikte wandte Heße sich dagegen, ungelöste globale Probleme auf dem Rücken von Flüchtlingen und Migranten auszutragen.

Erzbischof Stefan Heße im Gespräch / © Max von Lachner (SW)
Erzbischof Stefan Heße im Gespräch / © Max von Lachner ( SW )

Oberkirchenrätin Hatzinger betonte, angesichts einer "katastrophalen Lage" von Flüchtlingscamps an den EU-Außengrenzen setzten sich die Kirchen nachdrücklich für spürbare Verbesserungen ein. Nötig sei ein "solider und nachhaltiger Mechanismus für eine faire Verantwortungsteilung".

Der deutsche Reisepass  / © Matthias Balk (dpa)
Der deutsche Reisepass / © Matthias Balk ( dpa )

Es dürfe nicht vergessen werden, dass Solidarität eine rechtlich bindende Verpflichtung nach den EU-Verträgen sei. Die Union werde die "humanitäre Krise an ihren Außengrenzen" nicht lösen können, wenn sie sich nicht auf einen fairen Mechanismus zur Aufnahme und Wiederansiedlung von Geflüchteten verständige.

Christliche Arbeitsgruppe übt Kritik

Mit Blick auf den von den EU-Innenministern im Juni vereinbarten Solidaritätsmechanismus verwies Hatzinger auf die Kritik einer christlichen Arbeitsgruppe zur EU-Flüchtlings- und Migrationspolitik.

Diese beanstandete neben einem Übermaß an Bürokratie das "bizarre Konzept einer Rückkehrpatenschaft". Die Kirchen könnten selbstverständlich kein System befürworten, das Solidarität mit Hilfe zur Abschiebung gleichstelle.

Mehr als 915 000 ukrainische Kriegsflüchtlinge in Deutschland erfasst

Seit dem Start der russischen Invasion in der Ukraine am 24. Februar wurden in Deutschland schon mehr als 915 000 Kriegsflüchtlinge im Ausländerzentralregister erfasst. Das teilte das Bundesinnenministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Davon seien 890 605 ukrainische Staatsangehörige (Stichtag 19. Juli). Wie viele der Personen sich derzeit noch in Deutschland aufhalten, ist aber unklar. Eine erhebliche Zahl könne bereits in andere Staaten weitergereist oder in die Ukraine zurückgekehrt sein.

Eine freiwillige Helferin erwartet im Kölner Hauptbahnhof Flüchtlinge aus der Ukraine / © Adelaide Di Nunzio (KNA)
Eine freiwillige Helferin erwartet im Kölner Hauptbahnhof Flüchtlinge aus der Ukraine / © Adelaide Di Nunzio ( KNA )
Quelle:
KNA