Kirchen von Serbien und Nordmazedonien versöhnen sich

"Liturgie der Versöhnung"

Mit einem gemeinsamen Gottesdienst in der Belgrader Sava-Kathedrale haben die orthodoxen Kirchen Serbiens und Nordmazedoniens ihr 55 Jahre langes Schisma beendet. Ihre Oberhäupter feierten die "Liturgie der Versöhnung".

Autor/in:
Oliver Hinz
Aussicht auf die Sava-Kathedrale in Belgrad / © trabantos (shutterstock)
Aussicht auf die Sava-Kathedrale in Belgrad / © trabantos ( shutterstock )

Damit stellten der serbische Patriarch Porfirije und Erzbischof Stefan von Ohrid und Nordmazedonien an diesem Donnerstag offiziell die eucharistische Gemeinschaft wieder her. Beide Länder versprechen sich von dem Schritt eine Verbesserung ihrer teils angespannten Beziehung.

Versöhnliche Töne

Bereits am Mittwochabend hatte Porfirije den Erzbischof aus dem südlichen Nachbarland in Belgrad mit Wangenkuss begrüßt und auf Instagram geschrieben: "Wie die Glocken der Kirche des heiligen Sava läuten, so schlagen unsere Herzen vor Freude über diesen gesegneten Tag." Er betonte: "Wir sind Brüder und nur Brüder!"

1967 hatte sich die mazedonische Kirche - unter aktiver Beteiligung des Regimes des jugoslawischen Staatschefs Josip Broz Tito - vom serbischen Patriarchat getrennt und für eigenständig (autokephal) erklärt. Für die Weltorthodoxie galt die neue Kirche als "schismatisch". Gemeinsame Gottesdienste und offizielle Kontakte waren tabu. Erst am Montag erkannte die serbisch-orthodoxe Kirche die von ihr abgespaltene Kirche wieder an. Das Leitungsgremium in Belgrad, der Heilige Synod, sagte der nordmazedonischen Kirche "den Status größtmöglicher Autonomie, volle interne Unabhängigkeit" zu, nicht aber volle Eigenständigkeit (Autokephalie).

Weitere Entwicklung unklar

Die weitere Entwicklung scheint damit noch unklar. Nordmazedoniens Präsident Stevo Pendarovski wünscht sich weiter eine eigene Nationalkirche, die von Belgrad losgelöst ist. "Die Vollendung der Autokephalie unserer Kirche ist für uns von höchstem nationalen Interesse, weil sie die Möglichkeit für ein neues und unbelastetes spirituelles Wachstum des Erzbistums Ohrid sowie für Fortschritt und Versöhnung in der mazedonischen Gesellschaft eröffnet", schrieb er an den Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomaios I.

Bartholomaios I. am Rednerpult / © Sascha Baumann (epd)
Bartholomaios I. am Rednerpult / © Sascha Baumann ( epd )

In seinem Brief, der am Mittwoch in der Hauptstadt Skopje veröffentliche wurde, dankte er dem Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie dafür, dass Konstantinopel die nordmazedonische Kirche am 9. Mai anerkannt hatte. Damit habe Bartholomaios I. ein "historisches Unrecht" korrigiert, unter dem die Gläubigen seines Landes gelitten hätten, so Pendarovski.

"Kirche von Ohrid"

Das Ökumenische Patriarchat räumte der serbisch-orthodoxen Kirche das Recht ein, die Verwaltungsfragen zwischen ihr und der Kirche in Nordmazedonien zu regeln. Konstantinopel schloss jedoch den Begriff "mazedonisch" und jede andere Ableitung des Wortes "Mazedonien" im Kirchennamen aus. Es gab der Kirche stattdessen den Namen "Kirche von Ohrid". Die 40.000-Einwohner-Stadt im südwesten des Landes gilt als historisches Zentrum des Christentums in dem Land. Hintergrund der Benennung: Griechenland hat eine eigene Region namens Makedonien und pocht darauf, dass sich der nördliche Nachbarstaat nicht Mazedonien nennt.

Bei der Volkszählung 2021 bekannten sich 46 Prozent der Mazedonier zum orthodoxen Christentum, 32 Prozent zum Islam und 0,4 Prozent zur katholischen Kirche. Die ehemalige jugoslawische Teilrepublik erklärte 1991 ihre Unabhängigkeit und trat 2020 dem Militärbündnis Nato bei.

Das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel hatte 1920 die ihm seit 150 Jahren unterstehenden mazedonischen Bistümer der neuen serbisch-orthodoxen Kirche unterstellt. Vom 11. bis 18. Jahrhundert war das Erzbistum Ohrid eigenständig. Der 1991 gegründete mazedonische Staat schikanierte die serbisch-orthodoxe Kirche mehrfach. Es gab Verhaftungen und sogar längere Gefängnisstrafen.

Die "Kirche von Ohrid" in der Geschichte

Die Auseinandersetzung um die mazedonische Kirche wurzelt tief in der Geschichte. Als Bischofssitz reicht Ohrid in frühchristliche Zeit zurück, ging möglicherweise in der Völkerwanderungszeit unter und blühte ab Ende des 9. Jahrhunderts im Bulgarischen Reich wieder auf - als eines der wichtigsten Zentren des altkirchenslawischen Schrifttums. 976 erhob Zar Samuel die Erzeparchie von Ohrid zum Patriarchat.

Fresko mit einer Darstellung des letzten Abendmahls in der Sophienkirche, Sveti Sofija, in Ohrid / © Harald Oppitz (KNA)
Fresko mit einer Darstellung des letzten Abendmahls in der Sophienkirche, Sveti Sofija, in Ohrid / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA