Kirchenhistoriker wirbt für offenes Bild von Jesus

Im Wandel der Zeit

Wie war er denn eigentlich, dieser Jesus? Muskelbepackt oder hager, süßlich weich oder mit Bart? Was die verschiedenen Christus-Bilder eigentlich aussagen wollen, erklärt der Kirchenhistoriker Anselm Schubert.

Jesus-Statue in der Herz-Jesu-Kathedrale in Skopje / © Harald Oppitz (KNA)
Jesus-Statue in der Herz-Jesu-Kathedrale in Skopje / © Harald Oppitz ( KNA )

Kirchenhistoriker Anselm Schubert wirbt für einen offenen Umgang mit den verschiedenen Bildern und Vorstellungen von Jesus. In einem Interview der "Zeit"-Beilage "Christ und Welt" (Donnerstag) erläuterte er, Menschen hätten zu allen Zeiten ein Bedürfnis danach gehabt, sich mit Christus auf ihre eigene Weise zu identifizieren.

Fresko von Guido Reni mit dem Titel Ruhm des auferstandenen Jesus im Dom von Ravenna / © Vivida Photo PC (shutterstock)
Fresko von Guido Reni mit dem Titel Ruhm des auferstandenen Jesus im Dom von Ravenna / © Vivida Photo PC ( shutterstock )

"Jeder und jede sucht und sieht immer auch etwas Eigenes in Christus", sagte der Professor für Kirchengeschichte an der Universität Erlangen-Nürnberg. Das sehe man beim zölibatären Jesus, den die katholische Kirche brauche, damit ihr priesterliches Lebensmodell funktioniere. Das lasse sich in der feministischen Theologie beobachten, die dem männlichen Christus-Bild ein weibliches entgegensetzen wolle - oder auch am queeren Jesus, der heute in Teilen der anglikanischen Kirche hochgehalten werde, um verschiedene geschlechtliche Identitäten in Christus zu begründen.

Christusbild im Wandel

Laut Schubert gab es zu Christus in verschiedenen Epochen ganz unterschiedliche Vorstellungen von Geschlechtlichkeit, die in den Christus-Darstellungen zum Ausdruck kamen: Die Antike habe ihn als Jüngling ohne Bart gezeigt, später hätten Künstler ihn als breitschultrigen, hageren Mensch mit langem Haar interpretiert. 

Darstellungen aus dem 19. Jahrhundert hätten ihn erstmals als kämpferischen Heros mit schwellenden Muskelpaketen gezeigt, wie der Kunsthistoriker analysierte. Daneben gebe es den süßlichen, weichen Jesus der Romantik und den expressionistischen der 1920er-Jahre. "Aktuell wird der queere und Transgender-Christus entdeckt", so Schubert.

Quelle:
KNA