DOMRADIO.DE: Ziel der Ausbildung ist, dass man nach zwei Jahren so Orgel spielen kann, dass man unfallfrei einen Gottesdienst begleiten kann. Wie schwierig ist das denn?
Michael Koll (Referent für Kirchenmusik im Erzbistum Köln): Das hängt wie bei jedem Instrument natürlich von der Mitarbeit desjenigen ab, der das lernt. Ich sage immer bei der Einführungsveranstaltung, beim Essen und beim Üben kann man sich nicht vertreten lassen. Aber wir bieten es schon so an, dass Sie es auf jeden Fall schaffen können, wenn Sie mitarbeiten, da sind wir uns sicher. Voraussetzung dafür sind solide Kenntnisse im Klavierspiel, dass man mit den Händen schonmal weniger Arbeit hat, denn man will ja am Ende noch die Füße bedienen können. Und wenn man bei Null anfängt, dann ist das schwierig.
DOMRADIO.DE: Aber man kann nicht nur Orgel spielen lernen als nebenberuflicher Kirchenmusiker.
Koll: Nein, Sie lernen bei uns in der Ausbildung das ganze Spektrum der klassischen und modernen Kirchenmusik wie an der Musikhochschule. Wir haben den gleichen Fächerkanon und unterrichten dies auf einem anderen Niveau. Wenn Sie unsere Schüler fragen würden, dann sagen die: Aber auf einem ziemlich hohen Niveau. Das gebe ich gerne zu. Aber man nimmt in den zwei Jahren unglaublich viel mit.
DOMRADIO.DE: Wie aufwendig ist das neben Schule, Beruf, Studium?
Koll: Es ist sehr aufwendig. Am Ende bezahlt man nicht mit Geld, sondern mit Zeit. Und das nicht zu formulieren wäre einfach nicht richtig. Außerhalb der Schulferien von NRW trifft man sich jeden Samstag von 12:30 Uhr bis 17:00 Uhr in der Musikhochschule Köln zum Gruppenunterricht. Dazu kommt der Einzelunterricht im Fach Orgel, liturgisches Orgelspiel, Literaturspiel und praktisches Klavierspiel. Wenn man das Ganze macht, kommt dazu noch das Chorpraktikum. Wobei wir viele Leute haben, die eh aus einem Chor kommen, das heißt, für die kommt kein weiterer Termin dazu. Und natürlich die individuellen Übezeiten.
DOMRADIO.DE: Gehen Sie dann zur Belohnung auch mal an die Orgel im Kölner Dom und die Schüler können da spielen?
Koll: Auf die Orgel im Kölner Dom haben wir keinen Zugriff. Aber zum Beispiel besichtigen wir die Orgelbaufirma Kleis immer, die sind nett und lassen uns Gäste sein. Was ich immer faszinierend finde als Mensch, der diese Ausbildungen betreut, das ist, dass man Menschen unterschiedlichster Altersstufen und unterschiedlicher Herkunft, also sowohl regional auch auch was ihre Bildung angeht, zusammen hat.
Sie haben den 15-jährigen Schüler, der das Fernziel hat: Ich möchte mal Kirchenmusik studieren, das ist hier mein Propädeutikum. Sie haben die Mitte 40-jährige Apothekerin, die nach der Kinderphase sagt: Ich wollte immer mal Musik studieren, das klappt jetzt nicht mehr. Aber das möchte ich jetzt für mich tun, weil ich jetzt Zeit für mich habe. Und Sie haben vielleicht jemanden, der in den Ruhestand gegangen ist, aber völlig fit ist und sagt: Ich spiele seit Jahren Vertretung hier und ich möchte mal richtig wissen, wie es geht.
DOMRADIO.DE: Am Ende des Kurses steht das C-Examen. Was bedeutet das?
Koll: Das ist das Examen zum nebenberuflichen Kirchenmusiker, so heißt es offiziell. Sie können zum Beispiel eine Anstellung anstreben. Die Bedeutung von nebenberuflichen Kirchenmusikern wird in den nächsten Jahren deutlich mehr werden. Es gibt immer Stellen, also das sieht man auf unserer Homepage, es werden immer zehn Musiker gesucht. Natürlich nicht immer, zum Beispiel in Köln. Aber man muss da vielleicht ein Jahr warten und dann ist eine Stelle frei und dann hat die vielleicht auch den Umfang, den man leisten will, nämlich zwölf Stunden oder 15 oder vielleicht eine ganze Stelle.
DOMRADIO.DE: Muss man katholisch sein?
Koll: Für die Ausbildung, nicht für die Anstellung ja.
DOMRADIO.DE: Und gibt es genug Bewerber?
Koll: Wir haben eigentlich keine Grenze nach oben. Das letzte Mal abgelehnt wurden Leute 1994 oder 1995, also die ersten beiden Jahrgänge. Denn es ist natürlich schön, in einem großen Chor zu singen. Oder um es anders zu sagen, im neuen Oberkurs, also die, die jetzt in die zweite Ausbildung gehen, da sind derzeit nur sieben Menschen, und das ist im Arbeiten etwas mühsam.
DOMRADIO.DE: Sie sind ja selber Organist. Was ist das Schöne am Orgel spielen?
Koll: Das Schöne ist, dass man das Instrument vor sich hat, das den größten Tonumfang hat. Also ganz hohe, ganz tiefe Töne, ganz laute Töne, ganz leise Töne. Und dass es in einem Raum in der Regel steht, der als Kirche einen ganz mystische Klangerfahrung möglich macht.
Das Interview führte Heike Sicconi.