Begonnen hatte alles in einer kleinen Sakristei. Die Räume an der Pfarrkirche Sankt Albertus Magnus im Bonner Stadtteil Bad Godesberg mussten seit dem September 1969 eine Weile als Büro herhalten - für die neue Missionszentrale der Franziskaner. Von dort aus entwickelte sich ein weltweit agierendes Hilfswerk, das am Freitag mit Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) sein 50-Jahr-Jubiläum feiert.
Die katholische Ordensfamilie wollte die Arbeit seiner weltweit tätigen Mitglieder besser koordinieren und die Hilfsprojekte effizienter organisieren. Neun franziskanische Provinzen aus Europa kamen damals zusammen und überlegten, wie sie ihre Ordensmitglieder in aller Welt bei ihrer Arbeit unterstützen könnten. Herausgekommen ist das größte Hilfswerk des weit verzweigten Franziskanerordens.
Mit Missions-Klischee nichts zu tun
Heute kooperieren die europäischen Franziskanerprovinzen - von Belgien über Deutschland bis nach Rumänien - mit assoziierten Mitgliedern in aller Welt. Mittlerweile betreuen 27 Mitarbeiter in der Zentrale jährlich rund 700 Projekte in 78 Ländern: Schulunterricht in Brasilien, Familienunterstützung in Kenia oder der Bau von Sanitäranlagen in Mali. Im vergangenen Jahr wurden fast 12 Millionen Euro an Spendengeldern für Projekte eingesetzt. Mit der stereotypen Vorstellung von Mission, anderen Menschen den katholischen Glauben aufzuzwingen, hatte die Gründung der Einrichtung nichts zu tun.
Bei der Hilfe geht es immer um den Einzelnen, betont Bruder Matthias Maier, Präsident der Missionszentrale. "Nicht die Armut allgemein bewegt mich, sondern die Armut eines konkreten Kindes", so der 55-Jährige. Kürzlich erst war der gelernte Klempner im syrischen Aleppo. Auf seinem Handy hat er noch Fotos von der Reise in die zerstörte Stadt - von Kindern, die mit einem Bombensplitter im Kopf leben, weil es keine medizinische Versorgung gibt. Es ist niemand da, der den Splitter entfernen kann. Die Wunde des kleinen Ammar hat sich darüber geschlossen, nur eine Narbe am Haaransatz ist geblieben. Ihm und vielen anderen Kindern wollen die Franziskaner helfen.
Kümmern um syrische Straßenkinder
Mitglieder der franziskanischen Familie können bei der Zentrale um Unterstützung für ihre Initiativen bitten. Mittel gibt es aber nur, wenn die Aktionen von den Betroffenen selbst umgesetzt werden, sozial nachhaltig und ökologisch ausgerichtet sind sowie Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Hinter allem steht die Frage "Haben die Armen etwas davon?", erläutert Bruder Matthias. Derartige Projekte gibt es in Afrika, Asien, Mittel- und Osteuropa, Lateinamerika und eben Syrien. Inhaltlich geht es um Ausbildung, Baumaßnahmen, Gesundheit, Frauen und Kinder sowie Ökologie und Menschenrechte.
Im Fall von Ammar und den anderen Kindern aus Aleppo braucht es medizinische Versorgung, Bildung und vor allem eine Bearbeitung seines Traumas. Viele Kinder in Syrien leben auf der Straße. Manche wurden von ihren Familien verstoßen, weil sie durch Vergewaltigungen der Soldaten des sogenannten Islamischen Staates entstanden. Nicht einmal Namen tragen solche Kinder. "Man muss ihnen persönlich begegnen", sagt Bruder Matthias. Das motiviere besonders, ihnen zu helfen.
Die tragende Rolle der Franziskanerinnen
Auch in anderen Regionen sind die Franziskaner unterwegs: Sie helfen von Aids betroffenen Menschen in Afrika oder bieten Schulbildung in Lateinamerika an. In Deutschland ist der Orden ebenfalls aktiv und wirbt für Ethik und Nachhaltigkeit bei Geldanlagen.
Eine Säule der Missionszentrale ist aus Sicht von Bruder Matthias der weltweite Einsatz der Franziskanerinnen. "Ohne die engagierte Arbeit der Schwestern vor Ort wäre ein Großteil der Projekte gar nicht möglich", betont der Präsident. Auch die Zahl der engagierten Laien sei gewachsen.
Für die Zukunft wünscht sich Bruder Matthias vor allem eines: "Wir wollen einfach besser und mehr helfen." Den Wert der Missionszentrale dazu schätzt er hoch ein: "Hier in Bonn ist vor 50 Jahren etwas entstanden, dass die franziskanische Familie positiv mit aufgebaut hat."