Das Erzbistum Berlin stellt sich auf einen Rückgang seiner Katholikenzahl von derzeit rund 413.000 auf etwa 262.000 in 40 Jahren ein. Laut einer neuen Studie ist dies im Erzbistum vor allem auf die im Bundesvergleich unterdurchschnittliche Bereitschaft katholischer Eltern, ihre Kinder taufen zu lassen, und überdurchschnittliche Austrittszahlen zurückzuführen, wie Erzbischof Heiner Koch am Dienstag in Berlin sagte.
Darauf wolle das Erzbistum unter anderem mit verstärkten pastoralen Angeboten für Familien und fernstehende Mitglieder reagieren. Auf keinen Fall dürfe sich die Kirche "in eine sektenhafte Nische zurückziehen".
Rückgang wird in Berlin wohl geringer ausfallen
Koch äußerte sich anlässlich der Vorstellung der Ergebnisse einer bundesweiten Studie zur langfristigen Projektion der Kirchenmitgliederzahlen und des Kirchensteueraufkommens, die nun auch für das Erzbistum Berlin vorliegen. Nach den Berechnungen der Universität Freiburg wird sich die Zahl der Mitglieder der beiden großen Kirchen bis 2060 bundesweit halbieren.
Wegen der vergleichsweise jungen Bevölkerung und der Zuwanderung etwa aus Polen werde der Rückgang im Erzbistum Berlin geringer ausfallen, erklärte dessen Bereichsleiter für Finanzen, Bernd Jünemann. Zu Buche schlügen jedoch die Taufquote von derzeit 37 Prozent, die nur die Hälfte des bundesweiten Durchschnittswerts der Katholiken betrage, sowie die mit 1,6 Prozent doppelt so hohe jährliche Austrittsquote.
Falls dies zu einem Rückgang der Katholikenzahl im Erzbistum um 150.000 in den kommenden 40 Jahren führe, würden die Kirchensteuereinnahmen 2060 mit Blick auf die Kaufkraft ein Drittel niedriger liegen als derzeit.
Geschockt über niedrige Taufbereitschaft
Bei der Präsentation der Zahlen äußerte sich Erzbischof Koch "geschockt" über die niedrige Taufbereitschaft im Erzbistum. Die Eltern müssten mehr darin bestärkt werden, ihren Glauben an die Kinder weiterzugeben. Zudem rief er die Seelsorger auf, Hochzeiten, Kommunionfeiern und Begräbnisse sowie Einrichtungen wie katholische Schulen zu nutzen, um mit kirchenfernen Teilnehmern ins Gespräch zu kommen. Auch sei es notwendig, ehrenamtlichen Kirchenmitgliedern "mehr Verantwortung in den Gemeinden anzuvertrauen".
Der Verwaltungschef des Erzbistums, Pater Manfred Kollig, sagte, die rückläufigen Einnahmen erforderten eine noch sorgfältigere Prüfung von langfristigen Investitionen wie Baumaßnahmen. So könne das Erzbistum beim Bau von Versammlungsstätten mit anderen Trägern wie der Feuerwehr kooperieren. Auch wandte der Generalvikar sich gegen eine Verbeamtung von Lehrern in katholischen Schulen, weil dies den Aufbau großer Pensionsfonds erfordern würde.