Klimaforscher Mojib Latif ist enttäuscht vom Papst

"Kirche könnte ein großer Player sein"

Papst Franziskus wird beim Klimagipfel COP28 in Dubai doch nicht dabei sein. Der Klimaforscher Mojib Latif hatte von der Teilnahme auch nicht viel erwartet. Hätte der Papst einen Einfluss aufs Klima, hätte man das längst gemerkt.

Mojib Latif / © Sina Schuldt (dpa)
Mojib Latif / © Sina Schuldt ( dpa )

(Anmerkung der Redaktion: Das Interview wurde vor der Absage von Papst Franziskus an der Teilnahme der Weltklimakonferenz geführt.)  

DOMRADIO.DE: Wir stehen vor der 28. Weltklimakonferenz. Die letzten Male gab es relativ große Enttäuschung, dass man sich oft nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen konnte. Bevor es jetzt in Dubai losgeht: Was erwarten Sie? Was wird und was muss dabei rauskommen?

Prof. Dr. Mojib Latif (Seniorprofessor der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, GEOMAR): Es muss ein klares Bekenntnis der Länder geben, Abschied zu nehmen von den fossilen Brennstoffen innerhalb der nächsten Jahrzehnte. Allerspätestens bis 2060/2070, sonst werden wir die Pariser Klimaziele aus dem Jahr 2015 nicht erreichen können. Ich erwarte eher wenig. Wenn sich fast 200 Länder auf einer Konferenz treffen, die alle ihre eigenen Interessen verfolgen, die auch ökonomischer Art sind, wird doch nur eine windelweiche Erklärung zu erwarten sein. Die Erklärungen müssen einstimmig sein und deswegen kann praktisch jedes Land blockieren, wenn es sich nicht hinreichend berücksichtigt fühlt.

Papst Franziskus / © Lola Gomez/CNS photo (KNA)
Papst Franziskus / © Lola Gomez/CNS photo ( KNA )

DOMRADIO.DE: Das erste Mal wird bei der Weltklimakonferenz ein Papst dabei sein. Kann der was bewegen in seiner Funktion?

Latif: Ich hatte bereits 2015 gehofft, als der Papst seine Umweltenzyklika "Laudato si" verfasst hatte, dass es der Sache noch mal einen Ruck geben würde in die Weltgemeinschaft. Aber leider sind die weltweiten CO2-Emissionen, auch nach dem Pariser Klimaabkommen, das auch 2015 unterzeichnet wurde, weiter angestiegen. Mit einer kurzen Unterbrechung in der Corona-Zeit 2020. Auch dieses Jahr werden wir einen neuen historischen Höchststand bei den weltweiten CO2-Emissionen erleben. Deswegen glaube ich, dass die Wirkung des Papstes sehr gering sein wird. Es werden sich dort fast 80.000 Menschen treffen und alleine das ist natürlich etwas, was mich sehr verwundert, weil da natürlich sehr viele Lobbyinteressen unterwegs sein werden und versuchen alles zu verhindern, was die gegenwärtigen Geschäftsmodelle irgendwie gefährdet.

Prof. Dr. Mojib Latif

"Die Kirche könnte ein großer Player sein, wenn sie wirklich vorangehen würde beim Klimaschutz."

DOMRADIO.DE: Spielt denn das Engagement der Kirche, des Papstes und des Vatikans beim Thema Umwelt- und Klimaschutz überhaupt eine Rolle? Oder ist die Kirche ein so ein unwichtiger Player, dass ihre Position niemanden interessiert?

Latif: Ich glaube, die Kirche könnte ein großer Player sein, wenn sie wirklich vorangehen würde beim Klimaschutz. Man darf auch nicht vergessen, dass die Kirche sehr viele Ländereien und Gebäude besitzt. Wenn die Kirche zeigen würde, dass es ihr wirklich ernst ist mit dem Klimaschutz, über nachhaltige Landwirtschaft, Solardächer, etc., dann wäre die Wirkung sehr viel größer, als wenn sie immer wieder nur ermahnt, dass die Welt etwas tun solle.

DOMRADIO.DE: Der Papst spricht ja auch für 1,3 Milliarden Katholiken. Denken Sie, dass zumindest ein Signal davon ausgehen könnte, wenn Franziskus in Dubai deutliche Worte findet?

Latif: Es wäre zu wünschen. Nur habe ich schon sehr viele solcher Worte von bedeutenden Menschen gehört, unter anderem, fast jedes Jahr, vom UNO-Generalsekretär. Er sagte in Ägypten, die Welt sei auf dem Weg in die Klimahölle, mit dem Fuß auf dem Gaspedal, was anhand der Messungen der CO2-Ausstöße auch richtig ist. Barack Obama, der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten, war auf der Weltklimakonferenz und alle waren sie schon da. Und trotzdem sind die Emissionen immer weiter gestiegen. Deswegen erwarte ich ehrlich gesagt nicht zu viel von dieser Konferenz.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Bischöfe und kirchliche Verbände dringen auf mehr Klimaschutz

Prominente Kirchen-, Ordens- und Verbändevertreter fordern die Politik zu mehr Anstrengungen für den Klimaschutz auf. Zugleich betonen die Unterzeichner des Appells "Wir sind bereit", sie seien selbst bereit zu mehr Engagement gegen den Klimawandel. Sie beklagen aber auch "zu viele Unklarheiten und bürokratische Hemmnisse".

Symbolbild Klimaschutz, Umweltschutz / © rangizzz (shutterstock)
Symbolbild Klimaschutz, Umweltschutz / © rangizzz ( shutterstock )
Quelle:
DR