"Solche Ereignisse wie in der Silvesternacht dürfen sich in Köln nie mehr wiederholen." Mit ihrem Credo fasst Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) die Absicht aller Offiziellen in der Domstadt zusammen. Damit sich Bilder, wie sie vor einem Monat um die Welt gingen, an Karneval nicht wiederholen, haben die Verantwortlichen ein am Montag vorgestelltes umfangreiches Sicherheitskonzept entwickelt. Schließlich werde die Weltöffentlichkeit sehr genau hinsehen, wie Köln diese Herausforderung managt, so Reker.
Die Devise heißt: vorbeugen und Straftaten konsequent ahnden, erklärt Kölns Polizeipräsident Jürgen Mathies. Ebenso gibt es erstmals einen Koordinierungsstab von Stadt, Polizei, Berufsfeuerwehr, Bundespolizei, Verkehrsbetrieben, Bahn und Festkomitee Kölner Karneval. Damit sei gewährleistet, dass alle Informationen zentral zusammenfließen. Auch seien an Weiberfastnacht, Karnevalssamstag und -sonntag sowie an Rosenmontag jeweils rund 2.500 Polizisten im Einsatz, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr. Diese sollen konsequent gegen Alkoholisierte, Aggressive, Diebe oder Sexualstraftäter vorgehen. Zudem wurden Betretungsverbote gegen Rocker, Taschendiebe und andere mögliche Gefährder ausgesprochen, erläutert Mathies. "Feiern und Angst passen nicht zusammen."
Menschen sollen friedlich feiern können
Er gehe zwar von einer "abstrakt hohen Gefährdungslage aus dem terroristisch-extremistischen Bereich" aus, doch ohne konkrete Verdachtsmomente, so der seit drei Wochen amtierende Polizeichef. "Wir als Kölner Polizei machen uns dafür stark, dass die Menschen - unabhängig von Herkunft und Religion - friedlich zusammen feiern können." Zudem sollen durch mobile Beleuchtung an 30 neuralgischen Punkten "Dunkel- und Angsträume" beseitigt werden, wie es Stadtdirektor Guido Kahlen ausdrückt. Und es gibt deutlich mehr Videoüberwachung in der Altstadt sowie an Hauptbahnhof und Dom.
Dieser erhält auch besonderen Schutz, so Dom- und Stadtdechant Robert Kleine. Wie jedes Jahr wird die Bischofskirche an den vier Haupttagen nach den morgendlichen Gottesdiensten geschlossen. "Damit wollen wir verhindern, dass zum Beispiel Angetrunkene hier ihr Unwesen treiben", sagt der Vize-Hausherr des Weltkulturerbes.
Zusätzliche Toiletten sollen Wildpinkler abhalten
Ein anderes Ärgernis sind die "Wildpinkler" rund um das Weltkulturerbe. Dagegen lässt das Domkapitel jetzt erstmals die Westfassade mit dem Hauptportal an Weiberfastnacht und Rosenmontag mit Gittern absperren. "Dass jemand dort seine Notdurft verrichtet, können wir nicht hinnehmen", unterstreicht der Domdechant, dem die Unsitte gewaltig stinkt. Zudem dient das Hauptportal im "Heiligen Jahr der Barmherzigkeit" als "Heilige Pforte". Die Nordseite des Domes ist bereits seit einiger Zeit entsprechend gegen "Wildpinkler" abgesperrt.
Den Unmut über sie thematisiert auch der Karnevalszug: Unter dem Motto "Du pisst Kölle!" zeigt der "Wildpinkler"-Wagen die weinende Kathedrale, behängt mit jeder Menge Stehklosetts. Als Gegenmittel werden rund um den Dom zusätzliche Toiletten aufgestellt. Wer sich dennoch im Freien erleichtert, dem droht jetzt statt einer Verwarnung ein Bußgeldverfahren, erklärt Kahlen. Damit bräuchten die Ordnungskräfte nur die Personalien aufzunehmen, anstatt selbst die 55 Euro eintreiben zu müssen. Das schaffe den gut 400 Einsatzkräften, die diesmal auch von Dolmetschern unterstützt werden, Freiraum, sich um die Sicherheit der Menschen zu kümmern.
Kardinal hofft auf friedliches Karneval
Am Dom selbst wird die Zahl der Domschweizer nicht erhöht, wie Kleine erläutert. "Wir haben natürlich wie immer eine Wache im Dom, die Tag und Nacht im Einsatz ist." In puncto Sicherheit setzt er auf Polizei, aufmerksame Bürger und Zivilcourage. Gegengewalt oder Selbstjustiz etwa in Form von Bürgerwehren erteilt er eine klare Absage. Auch der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hofft auf einen friedlichen Karneval, "ohne dass Menschen Übergriffen ausgesetzt sind, wie wir es in der Silvesternacht erlebt haben, so wie ich es mir nicht vorstellen konnte, so wie wir es in Köln nicht wollen, erst recht nicht an unserem Fest".