Köln feiert die jüdische Musik

"Wir verstummen jetzt nicht"

Zehn Tage lang musizieren jüdische und nicht-jüdische Künstler an Rhein und Erft. In erster Linie geht es bei "Shalom-Musik.Koeln" um Klänge. Zugleich ist es auch die erste Ausgabe der Konzertreihe nach dem 7. Oktober.

V.l.n.r.: Claudia Hessel, Projektleiterin SHALOM-MUSIK.KOELN., Dr. Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland, Ulrike Lubek, Direktorin des LVR, Thomas Höft, Künstlerische-Leitung SHALOM-MUSIK.KOELN, Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Ulrike Neukamm, Programm-Leitung SHALOM-MUSIK.KOELN bei der Eröffnungspressekonferenz am 15. Mai 2024.  / © blickausloeser (SHALOM-MUSIK-KOELN)
V.l.n.r.: Claudia Hessel, Projektleiterin SHALOM-MUSIK.KOELN., Dr. Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland, Ulrike Lubek, Direktorin des LVR, Thomas Höft, Künstlerische-Leitung SHALOM-MUSIK.KOELN, Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Ulrike Neukamm, Programm-Leitung SHALOM-MUSIK.KOELN bei der Eröffnungspressekonferenz am 15. Mai 2024. / © blickausloeser ( SHALOM-MUSIK-KOELN )

Das, was auf der internationalen politischen Bühne derzeit kaum möglich ist, soll hier gelingen: ein iranisch-israelischer Dialog - in diesem Fall in der Musik. Denn unter den Mitwirkenden eines jüdischen Musikfestivals in Köln vom 15. bis 25. August ist auch die Berliner Band Sistanagila mit israelischen und iranischen Musikern. 

Sie werden am 17. August mit der Klarinettistin Shirley Brill für einen "einzigartigen iranisch-israelischen Musik-Dialog" auf der Bühne stehen, wie die Veranstalter ankündigen.  Es ist die erste Ausgabe des Festivals nach dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 und dem folgenden Krieg im Gazastreifen. 

Synagoge in Köln / © Julia Steinbrecht (KNA)
Synagoge in Köln / © Julia Steinbrecht ( KNA )

"Wir versuchen, so unpolitisch wie möglich zu sein, und wissen zugleich, dass wir momentan bestimmten Herausforderungen gegenüber stehen", sagt Ulrike Neukamm der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). 

Sie ist im Vorstand des Kölner Forums für Kultur im Dialog, das "Shalom-Musik.Koeln" zum dritten Mal initiierte. Im Leitungsteam ist auch Jascha Nemtsov, Musikwissenschaftler und Pianist.  

"Together now"

 Mit den Künstlerinnen und Künstlern habe man einhellig beschlossen, das Festival zu machen, betont Neukamm: "Musik bringt Menschen zusammen", sagt sie. "Wir verstummen jetzt nicht." Damit alles gutablaufe, stehe man mit den Sicherheitsbehörden im Austausch.  

Unter dem Motto "Together now" treten jüdische und nichtjüdische Künstlerinnen und Künstler auf, und das Motto schließt auch das Publikum ein. 

Innerhalb von zehn Tagen stehen in Köln und erstmals auch im benachbarten Rhein-Erft-Kreis Konzerte, wissenschaftliche Veranstaltungen, Gespräche und eine öffentliche Schabbat-Feier auf dem Programm. Laut Veranstalter sind 80 große und kleine Konzerte an 30 Stätten geplant.  

Eröffnungskonzert zur Komponistin Maria Herz

  Zum Auftakt am 15. August ist das Eröffnungskonzert der aus einer jüdischen Kölner Familie stammenden Komponistin Maria Herz gewidmet. "Sie gehörte zu den wenigen Frauen, die sich Ende des 19. Jahrhunderts als Komponistinnen profilieren konnten", erklären die Veranstalter. 

An dem Abend wird ihre letzte Komposition, ein Cembalokonzert von 1935, uraufgeführt. Auch singt die Sopranistin Hila Baggio bisher unveröffentlichte Lieder von Herz.  Die meisten Veranstaltungen kosten Eintritt, aber eben nicht alle: Zum Beispiel die 40 Kurzkonzerte beim "Langen Tag mit jüdischer Musik" am 18. August. 

Geboten wird ein Spektrum von mittelalterlicher bis hin zu neuer elektronischer Musik, Orgelmusik, Gesang der Synagoge und Klezmer. Unter den Spielstätten sind der Kölner Dom und Räume der Synagogen-Gemeinde - wer hier zugegen sein möchte, muss sich aus Sicherheitsgründen vorher anmelden. 

Blick auf den Kölner Dom / © Guenter Albers (shutterstock)
Blick auf den Kölner Dom / © Guenter Albers ( shutterstock )

Zu den Mitwirkenden des "Langen Tages" gehören etwa der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben, Felix Klein, mit seinem Trio, der Gitarrist Lucian Plessner und das Synagogal Ensemble Berlin. Wer mehr über jüdische Musik wissen möchte, kann am 16. August an einem Gespräch teilnehmen, das erkunden soll, was jüdische Musik eigentlich ist. 

Anschließend ist eine öffentliche Schabbat-Feier geplant. Am letzten Tag des Festivals geht es in den Rhein-Erft-Kreis: Dort sind rund 40 Musikerinnen und Musiker von morgens bis abends entlang der Erft an historischen Orten und Gedenkstätten angekündigt.  

Nächstes Festival wahrscheinlich 2026

Schirmherr des Festivals ist der Leiter der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei, Nathanael Liminski (CDU). Er erklärt im Vorfeld, dass sich "Shalom-Musik.Koeln" in kurzer Zeit zu einer "festen Größe in der Kulturlandschaft und im interreligiösen Dialog" etabliert habe. 

Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, betont: "Das Motto 'Together Now" steht für Zusammenhalt in unserer Gesellschaft, die mit Fassungslosigkeit auf den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland blickt."  Und Felix Klein zeigt sich überzeugt: 

"Je selbstverständlicher jüdisches Leben als Teil unserer Kultur wahrgenommen wird, desto weniger Gefahr läuft es, angegriffen zu werden". In dem Sinne ist die nächste Ausgabe des Festivals wahrscheinlich für 2026 geplant.

Starke Zunahme von Antisemitismus an Schulen

Der Terror der Hamas in Israel heizt offenbar auch Konflikte auf deutschen Schulhöfen an. Seit dem Terrorkrieg der Hamassei an Schulen eine starke Zunahme von antisemitischen, israelfeindlichen und islamistischen Parolen zu beobachten, sagte die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, der Zeitung "Tagesspiegel". "Antisemitische Einstellungen und Verschwörungsmythen sind leider auch in muslimischen Communities weit verbreitet", so Ataman.

Die Publizistin Ferda Ataman nach ihrer Wahl zur Unabhängigen Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung im Deutschen Bundestag. Ataman will Sonderregelungen für kirchliche Arbeitgeber einschränken. / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Die Publizistin Ferda Ataman nach ihrer Wahl zur Unabhängigen Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung im Deutschen Bundestag. Ataman will Sonderregelungen für kirchliche Arbeitgeber einschränken. / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )
Quelle:
KNA