Köln-Mülheimer Willkommensinitiative offen für neue Mitstreiter

"Das bringt Farbe in den Stadtteil"

Seit Jahren sind Initiativen aktiv, die Flüchtlingen bei der Eingewöhnung in Deutschland helfen. Marianne Arndt von der "Willkommenskultur Köln-Mülheim" findet: Gerade in Zeiten politischer Stimmungsmache ist es wichtig, Flagge zu zeigen.

Beim Deutschunterricht / © Jana Banse (Erzbistum Köln)

DOMRADIO.DE: Sie haben montags immer so eine Art offene Sprechstunde, die auch hoch frequentiert wird. Was liegt da am meisten an?

Marianne Arndt (Willkommenskultur Köln-Mülheim): Oft suchen die Menschen Wohnungen. Zum Zweiten liegt natürlich aktuell an, dass sie Sorge um ihren Asylantrag haben - vor allem afghanische Flüchtlinge kommen mit großen Ängsten, aber auch andere. Dann kommen Familien, bei denen der Schulplatz noch nicht gewährt ist. Und natürlich kommen auch viele Menschen, die Arbeit suchen, weil sie dem Staat nicht auf der Tasche liegen wollen, sondern ihr Geld selbstständig verdienen möchten.

DOMRADIO.DE: Das Klima Flüchtlingen und Fremden gegenüber scheint sich gerade bei uns zu drehen. Geht es in Ihrer Sprechstunde auch mal um Anfeindungen, die die Flüchtlinge erleben?

Arndt: Hin und wieder haben wir das, aber ich darf eigentlich für Mülheim sagen: Es ist relativ selten und wir haben in Mülheim eine gute Kultur entwickelt. Aber ich glaube, das hängt damit zusammen, dass es viele Netzwerke bei uns gibt. So konnten wir mit der IG Keupstraße und der Willkommenskultur Mülheim während des Ramadans auf der Keupstraße - gerade dort wo der Nagelbombenanschlag war - mit über 1.500 Menschen gemeinsam das Fastenbrechen feiern und so miteinander Begegnung erfahren.

DOMRADIO.DE: Das heißt, von einem Rechtsruck ist in Mülheim konkret nicht so viel zu spüren?

Arndt: Ich würde sagen, es ist nicht so viel zu spüren, aber wir kriegen schon auch immer wieder Tendenzen mit. Und deswegen glaube ich, dass es gerade ganz wichtig ist, dass wir den Mut haben auch politisch gesehen Flagge zu zeigen. Und da bin ich ganz dankbar, dass wir das als Initiative auch immer wieder tun. Ich glaube, das bringt auch Farbe in den Stadtteil und verändert das Bewusstsein, weil auch viele unserer Geflüchteten selber in der Initiative aktiv sind.

DOMRADIO.DE: Sie persönlich sind auch politisch aktiv. Es ist ja tatsächlich so, dass es im Moment auch viel Stimmungsmache einzelner Politiker bezüglich der Asylpolitik gibt. Wie werten Sie das?

Arndt: Auch als Seelsorgerin sage immer: Angst ist der schlechteste Ratgeber für eine Weiterentwicklung. Und ich sehe es nicht so, dass wir eine Flüchtlingskrise haben, sondern eher eine Herausforderung durch die Völkerwanderung, in der wir uns im Moment befinden. Wir sollten uns mit Mut und Zivilcourage dieser neuen Ausrichtung unserer Gesellschaft stellen.

DOMRADIO.DE: Das versuchen Sie in der Wiku Köln-Mülheim. Können Sie eigentlich noch mehr Mithelfende brauchen?

Arndt: Ja, natürlich. Gerade im Moment brauchen wir natürlich viele Menschen in der Einzelbegleitung, weil wir jetzt dabei sind, den Weg der Integration konkret zu begleiten. Und wir versuchen, dass die Menschen in Arbeit kommen, zu Wohnungen kommen und dass die verfahrenen Asylverfahren irgendwie Klärung bekommen. Wir haben Menschen, die seit vier Jahren hier in Deutschland sind, und die müssen wöchentlich um ihre Abschiebung oder Umverteilung bangen. Das macht die Menschen fertig und natürlich auch die Ehrenamtler. Von daher brauchen wir immer wieder Leute, die mit Mut und Zivilcourage und konkreten Ideen und neuen Wegen die Menschen begleiten.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Marianne Arndt mit Flüchtlingen / © Jana Banse (Erzbistum Köln)

Ehrenamtliche unterrichten Flüchtlinge / © Jana Banse (Erzbistum Köln)
Ehrenamtliche unterrichten Flüchtlinge / © Jana Banse ( Erzbistum Köln )

Malen bedeutet auch: Verständigung ohne Sprache / © Jana Banse (Erzbistum Köln)
Malen bedeutet auch: Verständigung ohne Sprache / © Jana Banse ( Erzbistum Köln )
Quelle:
DR